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Laschet, Baerbock und Scholz im TV-Dreikampf: von aggressiv bis betont entspannt

Zugeschaltet und manchmal griesgrämig: Armin Laschet (Mitte) im WDR-Kanzlerkandidaten-Triell zwischen Annalena Baerbock und Olaf Scholz.
Zugeschaltet und manchmal griesgrämig: Armin Laschet (Mitte) im WDR-Kanzlerkandidaten-Triell zwischen Annalena Baerbock und Olaf Scholz. bild: screenshot wdr
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Sticheln, kontern, zustimmen: Wie die drei Kanzlerkandidaten sich im ersten TV-Dreikampf präsentiert haben

20.05.2021, 19:5502.09.2021, 14:17
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Man fragt sich ja, warum niemand Armin Laschet (CDU) davon abgeraten hat. Es ist der erste öffentliche Dreikampf zwischen den Kanzlerkandidaten der momentan aussichtsreichsten Parteien. Und er sitzt in der Ferne.

Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) sitzen zum Streitgespräch beim "WDR Europaforum" im ARD-Hauptstadtstudio in Berlin, Laschet ist per Video zugeschaltet aus der nordrhein-westfälischen Hauptstadt Düsseldorf. Die Themen der gut einstündigen Diskussion: Europapolitik, Sicherheits- und Außenpolitik, am Ende Klimaschutz. Das "WDR Europaforum" findet Jahr für Jahr seit 1997 regelmäßig statt, jeweils mit mehreren Veranstaltungen. Deswegen wird der rhetorische Wettstreit um 14 Uhr gesendet, alles andere als beste Fernsehzeit.

Laschet blickt immer wieder recht griesgrämig drein während des Gesprächs, manchmal blickt er nach unten, es sieht so aus, als mache er Notizen. Aber immerhin: Ein paar Angriffe kann er doch setzen, vor allem gegen Baerbock. Dass die Union die Grünen als wichtigste Gegner sehen und die SPD für deren miserable Umfragewerte eher bedauern, das haben prominente Politiker von CDU und CSU mehrfach gesagt. Es zeigt sich auch bei diesem ersten Triell.

Noch etwas lässt sich bei diesem gemeinsamen Auftritt der drei Kandidaten erahnen: Welche Rolle Laschet, Baerbock und Scholz jeweils spielen wollen in diesem spannendsten Bundestagswahlkampf seit 16 Jahren.

Armin Laschet: Reingrätschen aus der Ferne

Nach zehn Minuten will Armin Laschet noch einmal was sagen. "Darf ich?", fragt er in Richtung der WDR-Moderatorin Ellen Ehni. Es geht um das Zwei-Prozent-Ziel der Nato und die Frage, ob Deutschland es erfüllen soll: Ob also jährlich zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben sind, wie es das Verteidigungsbündnis vorgesehen hat und die USA immer wieder vehement fordern.

Laschet meint, nachdem Baerbock und Scholz gesprochen haben:

"Ich glaub', hier wird 'ne Menge drumrum geredet. Die Staaten haben zusammengesessen, unter (US-)Präsident Obama und haben gesagt, wir müssen mehr für unsere Sicherheit tun und haben sich selbst dieses Ziel gegeben."​

Dann schleudert er Baerbock diesen Satz entgegen: "Ich verstehe nicht, warum man, wenn man Bundeskanzler werden will, so offen sagt, ich halte mich nicht mehr daran, was die Vorgängerregierung im Bündnis zugesagt hat." Baerbock geht darauf nicht mehr ein.

Eine Viertelstunde später – es geht um die Frage, ob im Rat der Europäischen Union (in dem die Fachminister aller 27 EU-Staaten Entscheidungen treffen) mehr Mehrheitsbeschlüsse fallen sollen statt einstimmiger, damit die EU einfacher entscheiden kann – meint Laschet zu Baerbock:

"Ich sage allerdings auch, Frau Baerbock, wenn man sich auf eine europäische Drohne einigt als Schutzmittel, muss man auch in Deutschland dazu ja sagen."

Die grüne Bundestagsfraktion hatte im April gegen die Beschaffung einer europäischen Kampfdrohne gestimmt. Laschet will damit offenbar sagen: Wenn die Grünen eine stärkere Europäische Union haben wollen, dann müssen sie auch für sie schmerzhafte Entscheidungen treffen.

Laschet macht das während des Gesprächs noch einmal, als es um europäische Flüchtlingspolitik geht ("Ich habe nicht erkannt, was Frau Baerbock da anders machen will"): kleine Attacken per Videoschalte gegen die grüne Kandidatin. Der CDU-Chef, so scheint es, will in diesem Streitgespräch wegkommen von seinem Image des netten Landesvaters, dem die Wettkampfhärte fehlt.

Annalena Baerbock: Detailwissen und ein Aufruf an die "Herren Kollegen"

"Es geht hier im Zweifel um Krieg und Frieden", sagt Annalena Baerbock nach einer knappen Dreiviertelstunde Triell, "darum bitte ich meine Herren Kollegen, hier wirklich genau zu sein." Und dann: "Gucken sie sich den Vertrag mal an, den Sie hier so preisen." Thema ist die Erdgas-Pipeline Nordstream 2 zwischen Russland und Deutschland, für deren Fertigstellung Laschet und Scholz sich gerade ausgesprochen haben.

Bei der Außen- und Sicherheitspolitik will die studierte Völkerrechtlerin Baerbock möglichst konkret werden. Sie meint, dass russische Regierungsvertreter gesagt hätten, sich nur für kurze Zeit an ihre Verpflichtungen gebunden zu fühlen. Sie deutet an, dass die Sicherheit der Ukraine gefährdet sei, weil Russland Truppen an die Grenze zum Nachbarland verlegt habe. Die Ukrainer, Polen und die baltischen Staaten hätten "große Sorgen" wegen Nordstream 2.

Passagenweise wirken Baerbocks Satzketten wie ein Uni-Seminar über transatlantische Beziehungen: Baerbock spricht über das schon in den 1990ern diskutierte Konzept "Partnership in Leadership", also gemeinsames Führen auf Augenhöhe, mit den US-Amerikanern, für dessen Umsetzung es jetzt Zeit sei. Sie fordert deutsche Vorschläge für nukleare Abrüstung.

Als es um die Frage geht, ob auch sie als Bundeskanzlerin für Waffenexporte nach Israel wäre, obwohl im Grünen-Wahlprogramm ein Nein zu Rüstungslieferungen in Kriegsgebiete steht, kommt Baerbock auf einen wunden Punkt zu sprechen: einen Videoschnipsel aus dem Jahr 2018, über den die Politikblase in Berlin in den vergangenen Tagen ausdauernd diskutiert hat. Der Clip stammt aus einem Interview von ihr mit dem Youtuber Tilo Jung, darin spricht sie sich gegen die Lieferung von Atom-U-Booten nach Israel aus. Baerbock betont jetzt, im Kandidaten-Triell, dass es damals um ein konkretes Rüstungsgeschäft gegangen sei, zu dem die Staatsanwaltschaft wegen eines Korruptionsverdachts ermittelte.

Baerbock holt sich für ihre Ausführungen viel Redezeit, Moderatorin Ehni wehrt sich kaum dagegen. Ein "Spiegel"-Journalist meint auf Twitter nur halb im Scherz: "Redeanteil von Baerbock ggü. Laschet und Scholz gegen 50 Prozent beim WDR-Triell, oder?"

Beim Thema Klimaschutz nutzt Baerbock dann eine einfache Vorlage zum Sticheln gegen Laschet und Scholz.

"Man fragt sich, wenn es schon so viele Klimaschützer in der Bundesregierung in der letzten Legislatur gegeben hat, warum stehen wir dann da, wo wir stehen? Dass andere mit Elektroautos schneller sind?"

Sie spricht dann noch über den Rückstand beim Ausbau erneuerbarer Energien, über aus Deutschland abgewanderte Arbeitsplätze in der Fotovoltaik- und der Windenergie-Branche. Laschet und Scholz hatten zuvor auf die angeblichen Verdienste von Union und SPD beim Klimaschutz verwiesen.

Baerbock, so der Eindruck nach dem ersten Aufeinandertreffen, will zum einen mit Detailwissen glänzen. Und zum anderen will sie Union und SPD nach acht Jahren ununterbrochener gemeinsamer Regierungszeit immer wieder an deren Versäumnisse erinnern.

Olaf Scholz: Gelassenheit als Markenzeichen

SPD-Politiker, von der besonders linken Jugendorganisation Jusos bis zum konservativen Seeheimer Kreis, wollen ihren Kanzlerkandidaten Olaf Scholz seit Monaten als Mister Zuverlässig präsentieren. Der heutige Parteivize und damalige Juso-Chef Kevin Kühnert hat das schon im Sommer 2020 im watson-Interview gemacht, als er sagte: "Wir hatten eben den Eindruck, Olaf Scholz passt besonders gut in diese Situation." Scholz selbst will dieses Image festigen, er tut das auch im WDR-Gespräch mit Baerbock und Laschet.

Scholz wird nicht laut, er attackiert seine Kontrahenten nicht. Wenn Baerbock spricht, nickt er teilweise zustimmend. Es gebe da "keinen Gegensatz", sagt er in Richtung der grünen Kanzlerkandidatin, als es um mehr Mehrheitsentscheidungen im Rat der EU geht.

Scholz, so scheint es, möchte bei diesem Dreikampf um Europa-Themen gar nicht in den aggressiven Wahlkampfmodus schalten. Er will sich als verbindlicher, verlässlicher Regierungsprofi präsentieren. Einer, der für ein Deutschland steht, das die EU weiterentwickeln und mit Joe Bidens USA eng zusammenarbeiten will und an der Seite Israels im Nahostkonflikt steht. Jemand, der für eine gut ausgerüstete Bundeswehr und eine sozial verträgliche ökologische Wende sein will. Das ist alles wenig überraschend – aber dieses langweilig-zuverlässige Image war es ja auch, was bis heute so viele Menschen an Angela Merkel als Kanzlerin schätzen.

Scholz setzt auf Gelassenheit als Markenzeichen, zumindest bei diesem ersten Fernsehgespräch. Klar ist aber auch: Das wird ihm in den nächsten Monaten nicht reichen, wenn er die sensationelle Aufholjagd schaffen will, die die SPD bis September bräuchte, damit er der nächste Bundeskanzler werden kann.

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