Im Fall der isolierten Familie auf einem Bauernhof in den Niederlanden gibt es weitere Entwicklungen. Wie die "Bild" berichtet, haben sich "Brüder und Schwestern" gemeldet.
In einer Erklärung schreiben sie, dass der Vater in den 80er Jahren den Kontakt zur Familie abgebrochen habe und man nicht nach ihm suchen solle. Er lebte bis vor Kurzem in einer geschlossenen Einrichtung, sei dement und habe von dem Drama nichts mitbekommen.
Inzwischen ist er und auch der verdächtige Österreicher unter dem Verdacht der Freiheitsberaubung in Haft. Das ordnete der Untersuchungsrichter am Donnerstag in der ostniederländischen Provinz Drenthe an. Der Mann wird der "unrechtmäßigen Freiheitsberaubung" verdächtigt, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Der Wirt der Dorfkneipe hatte die Polizei am Montag alarmiert. Bei ihm war ein fremder junger Mann in der Wirtsstube aufgetaucht. Er war total verwirrt, wie der Wirt dem TV-Sender RTV Drenthe sagte. "Er sagte, dass er weggelaufen war und Hilfe brauchte." Der 25-Jährige habe auch geschildert, dass er neun Jahre lang nicht draußen gewesen sei.
Daraufhin war die Polizei zum Hof gefahren.
Zuvor war berichtet worden, dass die Familie in einem Kellerraum gelebt habe. Über die genauen Lebensumstände und den Gesundheitszustand der Gruppe wollte die Polizei vorerst keine Angaben machen.
Bisher gibt es keine Hinweise, dass die Familie dort gegen ihren Willen festgehalten wurde. Auf Fotos sind ein großer Gemüsegarten und eine Art Gewächshaus zu sehen. Außerdem liefen auf dem Hof ein paar Gänse herum und eine Ziege.
Unterdessen tauchten Berichte auf sozialen Medien auf - Facebook, Instagram und Linkedin. Dort soll er unter dem Namen Jan nach einer Sendepause von neun Jahren wieder Fotos und Einträge gepostet haben. Ob es sich tatsächlich um den gleichen Mann handelt, konnte die Polizei nicht sagen. "Wir überprüfen diese Berichte", sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur.
Die sechs Kinder waren 2010 zwischen neun und 16 Jahre alt und hätten zur Schule gehen müssen. Doch weder der Vater noch die Kinder waren bei den Behörden gemeldet. Das könnte erklären, warum niemand die Kinder vermisst hat.
Die Dorfbewohner sind geschockt. Sie sagten Reportern, dass sie bei dem Hof immer nur einen Mann gesehen hatten. Von einer Gruppe hätten sie nichts gewusst. Der Hof liegt versteckt hinter Bäumen und etwa 200 Meter vom Rande des Dorfes entfernt. Dazu gehören nach Aussagen von Reportern ein großer Gemüsegarten und eine Ziege. Möglicherweise habe sich die Gruppe jahrelang selbst versorgt.
In Österreich weckt der Fall – wenn auch eigentlich anders gelagert – Erinnerungen an den Fall Josef Fritzl, der vor elf Jahren aufflog. Der Mann hatte 24 Jahre lang seine Tochter in einen Keller im Bundesland Niederösterreich gesperrt und mit ihr sieben Kinder gezeugt. Er wurde zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Ein 58-jähriger Österreicher hatte den Hof gemietet, aber wohnte wahrscheinlich dort nicht. Er hat auch einen Schreiner-Betrieb im nahe gelegenen Meppel. Fast täglich, so erzählen Nachbarn, war er mit seinem Volvo gekommen und renovierte den Hof. Der Österreicher wohnt wohl schon seit Jahren in den Niederlanden. Er wurde vorläufig festgenommen, weil er nicht bei der polizeilichen Untersuchung helfen wollte. Er sitzt in U-Haft. Doch einen konkreten Verdacht gegen ihn hat die Polizei nicht.
Die Untersuchungen laufen auf Hochtouren. Die sechs Kinder sind vorerst in einem Ferienpark untergebracht worden. "Sie werden versorgt" sagte ein Sprecher der Polizei. "Was sie jetzt vor allem brauchen, ist Ruhe."
(hd/dpa)