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AKK: Das waren ihre 5 größten Fehler

Nach Thüringen: AKK kündigt ihren Abgang an.
Nach Thüringen: AKK kündigt ihren Abgang an.Bild: imago/Ralph Peters/Sven Simon/watson
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Nach Rückzugsankündigung: Das waren die 5 größten Fehler von AKK

10.02.2020, 21:47
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Das Beben in Thüringen hat endgültig die CDU-Spitze erreicht. Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer will nicht Kanzlerkandidatin der Union werden und den CDU-Vorsitz in absehbarer Zeit abgeben.

Damit wirft sie nur 14 Monate nach ihrer Wahl an die CDU-Spitze das Handtuch. AKK hat damit auf anhaltende Kritik aus ihrer Partei reagiert. Und die gab es schon eine ganze Weile. In der Rückschau hat sich dieser Rückzug abgezeichnet. Wahlschlappen, schlechte Umfragewerte und unglückliche Äußerungen setzten die Parteivorsitzende unter Druck. Das Debakel um die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen offenbarte dann das Ausmaß ihres Autoritätsverlusts.

AKKs 5 größte Fehler: Chronologie des Autoritätsverlustes:

Schlechte Witze und Inzestvergleich

Ein Auftritt im März 2019 sorgte für mächtig Kritik. In ihrer Rolle als "Putzfrau Gretel" machte sich AKK, die gerade erst das Amt der Parteivorsitzenden übernommen hatte, über Intersexuelle lustig.

"Wer war denn von euch vor Kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen", sagte Kramp-Karrenbauer im baden-württembergischen Stockach am Bodensee. "Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder noch sitzen müssen. Dafür, dazwischen, ist diese Toilette."

Das alles hätte man als schlechten Witz abtun können, wenn nicht ältere Aussagen AKKs bereits ein ambivalentes Verhältnis zur gleichgeschlechtlichen Ehe offenbart hätten.

2005 sprach sich die damalige Ministerpräsidentin des Saarlandes gegen die Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule und gegen ein volles Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare aus:

"Wir haben in der Bundesrepublik bisher eine klare Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau. Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen."
Kramp-Karrenbauer in der "Saarbrücker Zeitung"

Die Homoehe als Türöffner für Vielehe und Inzucht? Ja, richtig gelesen. Die Aussagen flogen AKK um die Ohren, es war ihr erster, aber nicht ihr letzter Shitstorm als CDU-Vorsitzende.

Rezo und die Meinungsfreiheit

Nachdem Youtuber Rezo im Frühjahr 2019 die "Zerstörung" der CDU vorgeführt hatte, reagierte die gesamte CDU erst vier Tage gar nicht, um dann mit einer Äußerung maximal zu irritieren.

Denn: Kramp-Karrenbauer nahm den Aufruf von über 70 Youtubern, bei der Europawahl nicht für die CDU oder die SPD zu stimmen, zum Anlass, um über Regulierungen zu sinnieren.

Die komplette Aussage von AKK:

"Lassen Sie mich an dieser Stelle einmal sagen: Als die Nachricht kam, dass sich eine ganze Reihe von Youtubern zusammengeschlossen haben, um einen Wahlaufruf gegen CDU und SPD zu starten, habe ich mich gefragt, was wäre eigentlich in diesem Land los, wenn eine Reihe von, sagen wir mal, 70 Zeitungsredaktionen erklärt hätten, wir machen einen gemeinsamen Aufruf, wählt bitte nicht CDU und SPD. Das wäre klare Meinungsmache vor der Wahl gewesen. Ich glaube, das hätte eine muntere Diskussion in diesem Land ausgelöst. Und ich glaube, die Frage stellt sich schon mit Blick auf das Thema Meinungsmache, was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich, ja oder nein. Das ist eine sehr grundlegende Frage, über die wir uns unterhalten werden, und zwar nicht nur in der CDU, sondern auch, ich bin mir ganz sicher, in der gesamten medienpolitischen und demokratietheoretischen Diskussion der nächsten Zeit wird das eine Rolle spielen."

Die Frage, die sich nicht nur AKKs Kritiker stellten: Überlegte AKK wirklich, Meinungsäußerungen im Internet vor einer Wahl einzuschränken? Die CDU-Chefin führte ihre Gedanken nicht weiter aus, ihre Aussagen zu einer medienpolitischen Diskussion aber ließen den Schluss zumindest zu.

AKK selbst sagte hinterher, es sei absurd, ihr zu unterstellen, Meinungsäußerungen regulieren zu wollen. "Meinungsfreiheit ist hohes Gut in der Demokratie. Worüber wir aber sprechen müssen, sind Regeln, die im Wahlkampf gelten."

Europa- und Landtagswahlen

Auch das schlechte Abschneiden der CDU bei den Europawahlen 2019 fiel in AKKs Amtszeit als CDU-Chefin. Die CDU fuhr unter AKKs Führung ein miserables Ergebnis ein. Interne Schuldzuweisungen aus ihrem Umfeld an konservative Kräfte in der Jungen Union (JU) sorgten in der Partei für Ärger.

Nicht viel besser lief es dann für die Union bei den Landtagswahlen im Osten Deutschlands. Nach erheblichen Verlusten in Brandenburg und Sachsen schnitt die CDU auch in Thüringen schlecht ab. In der CDU wurden zunehmend Fragen nach Kramp-Karrenbauers Eignung laut. Daraufhin ging AKK in die Offensive und forderte ihre innerparteilichen Kritiker auf, beim Bundesparteitag aus der Deckung zu kommen.

Die Kritik nahm derart zu, dass AKK auf dem CDU-Parteitag im November in Leipzig dann zum Ende ihrer Rede überraschend die Machtfrage stellte: Sollte die Partei ihr nicht folgen wollen, "dann lasst es uns heute auch beenden, hier und jetzt und heute", sagte sie. Ihre internen Kritiker waren überrumpelt, niemand forderte die Vorsitzende heraus. Auch ihr alter Rivale Merz sicherte ihr Loyalität zu.

Übernahme des Verteidigungsministeriums

Im Sommer dann wurde AKK überraschend Verteidigungsministerin und folgte auf Ursula von der Leyen, die es auf die europäische Bühne zog. Und das trotz früherer Beteuerungen der CDU-Chefin, kein Ministeramt anzustreben. In Umfragen missbilligte eine große Mehrheit der Befragten ihre Entscheidung. AKKs Umfragewerte sanken immer tiefer.

Und: Kritiker innerhalb der CDU zweifelten, ob AKK als Verteidigungsministerin dem CDU-Vorsitz überhaupt gerecht werden konnte.

Der Tabubruch von Thüringen

Der 5. Februar 2020 erfolgte dann der Anfang vom Ende: Im thüringischen Landtag wurde überraschend der FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt – mit den Stimmen von CDU und AfD. Kramp-Karrenbauer warf den thüringischen Parteikollegen vor, sich damit gegen die Beschlusslage der Partei und gegen Vorgaben der Parteispitze hinweggesetzt zu haben.

Am 6. Februar fuhr Kramp-Karrenbauer nach Erfurt, um die thüringische CDU-Fraktion dazu zu bewegen, Neuwahlen zuzustimmen. Dem Landeschef Mike Mohring legte sie den Rücktritt nahe. Die Parteichefin konnte sich in stundenlangen Verhandlungen aber nicht durchsetzen.

Vier Tage später zog die 57-Jährige schließlich die Konsequenzen: Im Präsidium erklärte sie, dass sie nicht Kanzlerkandidatin werden wolle und dass sie auch den Parteivorsitz abgeben wolle, sobald der Prozess zur Kür des Kanzlerkandidaten organisiert sei. Merkel bat Kramp-Karrenbauer in der Sitzung, als Verteidigungsministerin im Kabinett zu bleiben.

(ts/afp)

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