Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) will es langsam angehen: Statt einer Besteuerung oder eines Mengenverbots von Zucker und Salz in Lebensmitteln will die Ministerin auf freiwillige Zusagen der Lebensmittelindustrie setzen.
Frisches Futter bekamen diese Zweifler im Sommer dieses Jahres, als die Ministerin in einem Twitter-Video den Chef des umstrittenen Lebensmittel-Giganten Nestlé lobte. Dessen Konzern habe "zehn Prozent der Inhalte reduziert; weitere 5 Prozent sollen folgen" hieß es damals.
Kritiker, darunter auch mehrere ranghohe Oppositionspolitiker warfen Klöckner vor, ein "Werbevideo" mit dem umstrittenen Lebensmittelkonzern gedreht zu haben.
Auch der Chef der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker zeigte sich im Sommer kritisch: "Nestlé hat gerade im Bereich Kinderlebensmittel ein völlig unausgewogenes überzuckertes Sortiment." Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg stellte später fest, dass es sich bei dem Video nicht um Schleichwerbung gehandelt habe.
Klöckners Nestlé-Video bleibt unvergessen: Am Dienstagabend holte ZDF-Talker Markus Lanz das umstrittene Video aus dem Archiv hervor – Klöckner rechtfertigte sich. Auch mit anderen Industrie-Funktionären habe sie ähnliche Beiträge gedreht.
Klöckner erklärte, sie sei durch das Video nicht zur "PR-Frau von Nestlé" geworden – ihr sei es bei dem Treffen gelungen, den Konzern-Boss zu einer Reduzierung von Zucker und Salzen in Höhe von fünf Prozent bis 2023 zu bringen.
Lanz stellte in der Folge die Gretchenfrage: "Warum sagen Sie ihm das nicht einfach an?" Ein verbindliches Zuckerreduktionsgesetz sei doch zwingender als eine freiwillige Vereinbarung, so der ZDF-Moderator. Klöckner zog sich auf ihre übliche Argumentationslinie zurück, wonach sie "keine Rezepte" mache – ihre Strategie sei schneller als jedes Gesetz.
Ende des Jahres würde man das Vorgehen prüfen – Klöckner weiß aber schon jetzt: "Wir sind führend in Europa." Eine gesetzliche Regelung sei "viel zu kurz gesprungen". Lanz konterte: "Sie können doch das eine tun, ohne das andere zu lassen."
Darauf ging Klöckner nicht ein: Ihr "komplettes Ernährungskonzept" werde die Deutschen gesünder machen, da ist Klöckner sicher. Ganz ohne zwingende Gesetze für die Lebensmittelindustrie.
(pb)