Was bei ihrem Amtsantritt noch die größte Gefahr darstellte, ist bei Nancy Faeser (SPD) mittlerweile wohl in den Hintergrund gerückt. Denn statt, wie angekündigt, vor allem Rechtsextremismus zu bekämpfen, widmet sich die Bundesinnenministerin einer ganz anderen Sparte in Deutschland: der Bekämpfung von Migration.
Erst kürzlich sah sich Faeser heftiger Kritik ausgesetzt, weil sie das umstrittene Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) der Europäischen Union als "historischen Erfolg" verkaufte – während die meisten Migrationsforscher:innen dieses europäische Abkommen jedoch stark verurteilen.
Jetzt kommt Faeser mit einem neuen Vorschlag um die Ecke, der starke Gefühle in der Online-Welt auslöst.
Denn: Faeser will laut einem Medienbericht Angehörige von kriminellen Clans auch ohne Begehung einer Straftat abschieben. "Angehörige von Gemeinschaften der Organisierten Kriminalität" sollen einem Diskussionspapier zufolge "unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung" ihr Aufenthaltsrecht verlieren, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Sonntag.
Ziel der vorgeschlagenen Änderung sei es, "Angehörige sogenannter Clan-Strukturen künftig leichter abschieben zu können", erklärte eine Ministeriumssprecherin nach Angaben der Zeitung.
Bislang existiert eine ähnlich pauschalisierende Regelung im Ausländerrecht dem Bericht zufolge nur für den Bereich der Terrorismusbekämpfung.
Die umstrittene Regelung soll dem "Diskussionsentwurf" aus Faesers Haus nun ausgeweitet werden, wie die "Süddeutsche Zeitung" weiter berichtete. Dieselbe Härte solle dann auch für Menschen gelten, die einer sogenannten Clan-Struktur angehören.
Dieser Vorschlag trifft auf übelste Kritik – und zwar von linker wie rechter Seite.
Auf dem Onlinedienst X (ehemals Twitter) schreiben viele Anhänger:innen von AfD und anderen rechten bis rechtsextremen Parteien, Faeser nutze eine solche Formulierung, um für sich für die Landtagswahl in Hessen zu werben. Auch AfD-Co-Chefin Alice Weidel schrieb, Faeser missbrauche ihr Amt für Hessen-Wahlkampf.
Sie führte aus: "Kollektive Abschiebung von Clan-Mitgliedern wird 'geprüft'. Das Ergebnis lässt sich schon jetzt vorhersagen: Es wird keine Clan-Angehörigen geben, die tatsächlich abgeschoben werden."
Von anderer Seite wird Faeser Populismus vorgeworfen. Linken-Politiker Luigi Pantisano schrieb etwa: "Gute Idee? Nicht! Das machen wir ab jetzt auch immer mit Deutschen Rechtsextremisten und Neonazis so, einverstanden? Wir führen die Kollektivstrafe für Demokratiefeinde ein. Nur, dann wird es schnell in manchen Landstrichen ziemlich leer im Land."
Der Historiker Jürgen Zimmerer bezeichnete Faesers Vorschlag als Sippenhaft. Auf X schrieb er: "Es gibt ein Wort dafür, und eine ungute Tradition: Sippenhaft. Dass sich eine demokratische Innenministerin in die Nähe dieser begibt, zeigt, wie dünn die Dämme geworden sind ..."
Faeser ist in den vergangenen Monaten immer wieder in die Kritik, vor allem der links-liberalen Wähler:innenschaft, geraten. Faesers Politik habe sich innerhalb ihres Amtes gewandelt, behaupten einige.
Die Kritik geht so weit, dass Faser mit ihrem Vorgänger, CSU-Politiker und Hardliner Horst Seehofer, verglichen wird. In einem früheren Gespräch mit watson sagte etwa der Politikberater und Kommunikationsexperte Johannes Hillje: "Nancy Faeser scheint die derzeitige Themenagenda zu nutzen, um sich in Hessen gegen ihren Konkurrenten von der CDU als Law-and-Order-Politikerin zu profilieren."
Eine Profilierung im Bereich innere Sicherheit könne der SPD-Spitzenkandidatin zwar ermöglichen, Stimmen von der CDU zu holen. Allerdings sei diese Strategie nicht ohne Risiko.
(Mit Material der afp)