Vor dem Corona-Gipfel von Bund und Ländern fordern Spitzenverbände Öffnungskonzepte für die deutsche Wirtschaft. "Wir erwarten von der Politik, die im Januar versprochene Mittelfriststrategie für ein Öffnungsszenario vorzulegen", erklärten BDA und BDI am Mittwoch in einem gemeinsamen Appell.
"Uns ist bewusst, dass die Mutation des Virus eine striktere Herangehensweise erfordert", betonten die Verbandspräsidenten Rainer Dulger und Siegfried Russwurm. Statt Verlängerungen im Mehr-Wochen-Rhythmus müsse es aber eine mittelfristige Perspektive mit einem klaren Szenario geben.
Das wirtschaftliche Leben müsse "schrittweise und regional differenziert, gleichzeitig entlang eines bundesweit einheitlichen und evidenzbasierten gesundheitspolitischen Rahmens" wieder anlaufen. Die Verbände betonten, vielen Unternehmen fehle das Licht am Ende des Tunnels. Es gehe darum, verantwortungsvoll und nachhaltig Absatzmöglichkeiten zu eröffnen und Lieferketten zu sichern.
Ifo-Präsident Clemens Fuest warnte vor voreiligen Lockerungen der Corona-Maßnahmen. "Wenn wir also jetzt öffnen, und die Menschen haben Angst sich anzustecken, dann gehen sie eben trotzdem nicht ins Restaurant", sagte Fuest im RBB-Inforadio. Es sei eine Illusion zu glauben, dass sich die Wirtschaft erhole, solange die Infektionszahlen hoch seien.
Ein zu frühes Ende des Corona-Lockdowns würde der deutschen Wirtschaft nach Einschätzung von Fuest eher schaden als nutzen. Der Ökonom verwies auf Studien, nach denen gut achtzig Prozent der wirtschaftlichen Einbußen durch das Virus selbst verursacht würden, und nur zwanzig Prozent durch Beschränkungen des Wirtschaftslebens. "Wenn wir diese 20 Prozent jetzt heben würden und dafür hinnehmen, dass die Infektionen massiv zunehmen, dann haben wir hinterher großen Schaden", sagte Fuest.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Mittwoch mit den Ministerpräsidenten der Länder die nächsten Schritte beraten. Erwartet wird derzeit, dass der Lockdown verlängert wird. Nach einem am Mittwochmorgen aus dem Kanzleramt versandten Entwurf sollen die Länder freie Hand für die Öffnung von Schulen und Kitas bekommen – der Lockdown könnte aber bis zum 14. März verlängert werden. Eine Ausnahme soll es demnach für Friseure geben, die unter strikten Hygiene-Auflagen bereits Anfang März wieder öffnen könnten.
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer mahnte einen an klaren Kriterien orientierten und vertretbaren Öffnungsplan an. "Wenn verhindert werden soll, dass tausendfach Betriebsinhaber die Scherben ihres Lebenswerkes aufkehren und tausende Beschäftigte ihre Arbeit verlieren, müssen unsere Handwerksbetriebe schnellstmöglich, und sobald es epidemiologisch zu vertreten ist, wieder öffnen können", sagte er der "Rheinischen Post". Viele Friseure und Kosmetiker stehen demnach kurz vor dem Kollaps - auch weil versprochene Hilfsgelder teils noch nicht angekommen seien.
Offen bleibt in dem Entwurf, wie es für den Großteil der corona-bedingt geschlossenen Bereiche wie weite Teile des Einzelhandels, Restaurants, Hotels, Museen, Theater und Konzerthäuser sowie den Amateursport weitergeht.
(lfr/dpa)