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Dunja Hayali räumt Kritik beiseite – und bringt Rackete zu deutlichem Statement

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Erster Talkshow-Auftritt: Hayali bringt Rackete zu einem deutlichen Statement

08.08.2019, 08:4308.08.2019, 18:58
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Schon vor der Sendung hatte ihr Auftritt in rechten und konservativen Kreisen für Kritik gesorgt: Am Mittwochabend war die frühere "Sea Watch 3"-Kapitänin Carola Rackete in der ZDF-Talkshow von Dunja Hayali um 22.45 Uhr zu Gast. In den sozialen Medien war von "einseitiger Parteinahme", "Grünfunk" oder "Dauerwerbesendung" auf "Kosten der "GEZ-Gebühren" zu lesen.

Zuvor diskutierte die ZDF-Moderatorin mit dem Grünen-Politiker Robert Habeck, Raoul Hille, dem Chef des Flughafens Hannover, und Melanie Zirzow, einer Personalreferentin der Braunkohleindustrie die Klimapolitik.

Doch Rackete sollte der Stargast der Sendung werden. Hayalis Team stellte das Interview mit Rackete an den Schluss der Sendung. Ende Juni war die 31-jährige Rackete mit rund 40 Migranten an Bord der "Sea Watch 3" ohne Erlaubnis der italienischen Behörden in den Hafen von Lampedusa eingelaufen. Die italienische Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur illegalen Migration. Rackete drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Zu Beginnn des Gesprächs fragte Hayali Rackete, ob ihr im Moment ihrer folgenschweren Entscheidung, in den Hafen von Lampedusa einzulaufen, die Konsequezen bewusst gewesen seien. Rackete zeigte sich fest entschlossen: "Die Konsequenzen waren mir prinzipiell klar, allerdings war die Sicherheit der Menschen (an Bord, Anm. d. Red) nicht mehr gewährleistet. Die hatte deutlich Vorrang."

Hayali fragte kritisch nach – die ZDF-Moderatorin verwies darauf, dass Kapitäne im Falle einer Notsituation an Bord den Regeln nach ja eigentlich in den nächsten sicheren Hafen fahren sollten. Und sie fragte: "Lampedusa hatte Ihnen die Einfahrt verweigert. Genauso wie Spanien oder Malta. Hätte es keinen anderen Hafen gegeben?"

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Rackete erklärte dazu, dass man keinen anderen Hafen gefunden habe: "Wir haben alle angefragt, und niemand wollte einen Hafen zur Verfügung stellen." Hayali hakte weiter nach: Ob Rackete nicht verstehen könne, dass Länder wie Italien mit den Mengen von Migranten nicht zurechtkommen können und daher die Häfen schließen.

Die Seenotretterin dazu: "Teilweise. Diese Frage wird auch zu parteipolitischen Zwecken genutzt." Und weiter: "Das Dublin-III-Abkommen ist nicht fair, das ist allen bekannt." Die Dublin-Regeln der EU besagen, dass dasjenige Land für den Antrag eines Asylbewerbers zuständig ist, das dieser bei der Einreise nach Europa zuerst betreten hat.

Dann ging Rackete über Hayalis Frage hinaus und verwies auf Probleme bei der Unterbringung der "Sea Watch 3"-Migranten. Hier habe Bundesinnenminister Horst Seehofer Bemühungen der Stadt Rottenburg am Neckar blockiert, die Migranten aufzunehmen.

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In einem "Bild"-Interview hatte Rackete gefordert, alle Klimaflüchtlinge aufzunehmen. Hayali konfrontierte die Seenotretterin mit ihrer Aussage und fügte hinzu: "Haben Sie Verständnis für die Menschen, die sagen: Irgendwann reicht es auch mal?"

Rackete reagierte trocken: "Ne, eigentlich nicht." Da gab es Applaus von den Zuschauern des ZDF-Studiopublikums. Rackete mahnte: "Deutschland und die anderen europäischen Staaten haben eine historische Verantwortung für die aktuelle Situation, für die Machtstrukturen die da sind."

Dunja Hayali bringt Rackete zu einem deutlichen Statement

Hayali verwehrte sich im Gespräch auch gegen rechte Vorwürfe und Unterstellungen, inhaltlich auf Racketes Seite zu stehen. Immer wieder fragte die Moderatorin kritisch nach, mahnte die Seenotretterin dazu, diese zu beantworten. Dann kam Hayali auf den sogenannten "Pull-Effekt" zu sprechen – also die Annahme, dass die Rettung und Aufnahme von Migranten in den EU-Staaten weitere Migranten zur Flucht nach Europa motivieren kann.

Rackete meinte über ihre Fahrt mit der "Sea Watch 3": "Am Anfang hatten wir 53 Personen an Bord – und es ist wirklich so, dass alle diese 53 Personen einen Teil dieser Menschenrechtsverletzungen erlebt haben."

Auf die Frage, ob sie sich erneut an das Steuer eines Seenotrettungsschiffs stellen würde, sagte Rackete: "Wir brauchen dringend mehr Schiffe in der Such- und Rettungszone, das ist ganz klar. Je weniger Schiffe wir haben, desto mehr Menschen sterben." Hayali hakte nach, denn Rackte hatte ihre eigentliche Frage ja gar nicht beantwortet.

Dadurch brachte die Moderatorin Rackete zum deutlichsten Statement des Abends: "Wenn wieder ein Kapitän ausfällt und keiner da ist, dann auf jeden Fall."

Die Seenotrettung wird dabei immer schwieriger. Am Montag hatte die italienische Regierung Strafen von bis zu einer Million Euro für Kapitäne beschlossen, die wieder mit einem Schiff ohne Erlaubnis in die Gewässer des Landes einfahren wollen. In solchen Fällen sollen die Behörden ein Schiff künftig auch umgehend konfiszieren können.

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