Wie soll Deutschland mit China umgehen? Der Handschlag zwischen dem deutschen Außenminister Heiko Maas und dem Hongkonger Studentenaktivisten Joshua Wong hat zu einer diplomatischen Krise geführt – und gezeigt, wie schwierig die Beziehungen zwischen Deutschland und China sind.
Einerseits sind die Länder wirtschaftlich eng miteinander verbunden, andererseits maximal weit voneinander entfernt, was ihre (politischen) Werte anbelangt. Kritik an der Unterdrückung von Minderheiten verbitten sich die chinesischen Machthaber sowieso, sprechen dann von "Einmischung in innere Angelegenheiten".
Sandra Maischberger stellte ihren Gästen am Mittwochabend allerlei Fragen zum schwierigen Thema China: Sind wir zu freundlich gegenüber Peking, um Milliardengeschäfte nicht zu gefährden? Ist es für unsere Wirtschaft riskant, wenn chinesische Konzerne deutsche Unternehmen kaufen? Und erleben wir zwischen den USA und China einen neuen Kalten Krieg?
China-Experte Kai Strittmatter hat mehrere Bücher über das Land geschrieben. Er berichtet vom Sozialkreditsystem, das in China bereits eingeführt wurde und 2020 ausgeweitet werden soll. Je nachdem, ob sich ein Bürger dann durch "gutes" oder "schlechtes" Verhalten auszeichnet, bekommt er Plus- oder Minus-Punkte. Und je höher der Punktestand, umso mehr Rechte und Privilegien genießt derjenige.
Und wenn man aus Sicht der chinesischen Regierung kein guter Bürger sei, dann könne es schon mal vorkommen, so Strittmatter, dass folgende Ansage jedem Anrufer eingespielt werde, der einen gerade zu kontaktieren versucht: "Die Person, die Sie gerade anrufen, ist ein Vertrauensbrecher, er hat seine Schulden nicht bezahlt." So geschehen bei einem Pilotprojekt in China, schildert der Asien-Experte.
Strittmatter warnt deshalb, dass Deutschland zu naiv und blind auf China schaue. Und so verwunderte es kaum, dass es zwischen dem Journalisten und dem ebenfalls anwesenden "Höhle der Löwen"-Investor Frank Thelen zu dem heftigsten Schlagabtausch des Abends kam.
Thelen sagte zwar, dass Deutschland nicht in einem System leben wolle, wie es das in China gibt. Aber eins befand der Investor, der zuletzt im watson-Interview Deutschlands Verschlafenheit bei technologischen Entwicklungen kritisierte, in China für gut: "Dass es der Gemeinschaft gut geht, ist wichtiger, als dass es dem Individuum gut geht", so Thelen. Zwar hält er die Allmacht des Staates für ein Problem, doch es sei eindrucksvoll, wie schnell das Land vorankomme, während Deutschland "etwas gelähmt dadurch" sei, "dass wir uns nicht mehr trauen, wirklich große Pläne zu machen", so Thelen. "China sagt wirklich, es gibt einen 300-Jahres-Plan, einen 100-Jahres-Plan, der wird alle fünf Jahre vorgestellt. Das finde ich einfach großartig."
Thelen schüttelte den Kopf, wehrte sich:
Thelen weiter: "Ich habe auch gesagt, das Punktesystem ist nicht in Ordnung. Aber es ist einfach so, dass die Chinesen sich mehr der Gemeinheit verpflichtet fühlen – auch übrigens der Familie im Kleinen, was bei uns auch nicht mehr so sind."
Wie Deutschland nun mit China umgehen soll? Dafür fand der teils etwas wilde Talk wenig überraschend keine finale Lösung. Aber immerhin warf Sandra Maischberger an diesem Mittwoch den Scheinwerfer auf ein Thema, das sonst in Deutschland nur selten kontrovers diskutiert wird.
(hau)