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Ein Feiertag mit vielen Gesichtern – Darum geht es beim "Tag der Arbeit" am 1. Mai

Zahlreiche Teilnehmer ziehen auf einer Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) unter dem Motto «Solidarität ist Zukunft» zum Königsplatz.
Seit Jahrhunderten rufen Parteien und Gewerkschaften am 1. Mai zu politischen Kundgebungen auf. Bild: dpa / Matthias Balk
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Ein Feiertag mit vielen Gesichtern – Darum geht es beim "Tag der Arbeit" am 1. Mai

30.04.2022, 09:4630.04.2022, 09:48
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Der "Tag der Arbeit" ist heutzutage für die meisten in erster Linie ein Tag ohne Arbeit. Denn seit 1946 ist der 1. Mai in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag. Vor allem im Süden geht es dann mit Bollerwagen und Bier raus in die Natur auf "Maiwanderung". Andere kurieren derweil den Kater von den "Tanz in den Mai"-Partys aus, die überall in Deutschland traditionell am Vorabend stattfinden.

Doch ursprünglich war der 1. Mai mal mehr Kampf- als Feiertag. Schon seit Jahrhunderten rufen Parteien und Gewerkschaften an diesem Tag zu politischen Kundgebungen auf. Häufig kam es dabei auch zu Ausschreitungen mit Verletzten oder gar Toten.

Vermutlich kein anderer deutscher Feiertag hat so viele Gesichter wie der 1. Mai. Was ist das für ein seltsamer Tag, an dem in Berlin-Kreuzberg Steine fliegen und Autos in Flammen stehen, während Menschen in Bayern und Baden-Württemberg mit Bier und Musik friedlich durch Wald und Wiesen ziehen?

Der Ursprung des Feiertages

Der "Tag der Arbeit" hat seine Wurzeln in den USA. Der 1. Mai war dort bis zum Ende des 19. Jahrhunderts der Stichtag, an dem viele Arbeitsverträge endeten oder neu abgeschlossen wurden. Weil viele Menschen deshalb ihren Job oder ihren Wohnort wechseln mussten, ist hier auch vom "Moving Day" die Rede.

Seinen Protestcharakter erhielt der 1. Mai aber erst 1886. Denn in diesem Jahr gingen landesweit rund 400.000 Arbeiterinnen und Arbeiter auf die Straße, um die Einführung des "Achtstundentages" zu fordern. In den Jahren darauf etablierte sich der 1. Mai nach und nach als zentraler Aktionstag der Arbeiterschaft.

SPD-Vorgängerpartei legt den Grundstein in Deutschland

Diese Entwicklung griff man dann auch in Deutschland auf. Im Oktober 1889 beschloss die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP, später SPD) den 1. Mai als Tag der Arbeiterbewegung zu feiern. Ein Jahr später, am 1. Mai 1890, legten in Deutschland erstmals etwa 100.000 Menschen aus Protest ihre Arbeit nieder.

Seitdem stehen die Menschen an diesem Tag traditionell für bessere Arbeitsbedingungen ein. Seien es Forderungen nach geregelten Arbeitszeiten, nach Krankenversicherung, Lohnfortzahlung oder Urlaub – sie alle finden hier eine geeignete Bühne.

Heute hat der Kampftag aber längst nicht mehr die Anziehungskraft von einst. Die Teilnehmerzahlen der Maikundgebungen sind im Laufe der Jahrzehnte stark gesunken. Nahmen 1960 noch 750.000 Menschen an der zentralen Demonstration in Berlin teil, waren 2019 bei der offiziellen Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) vor dem Brandenburger Tor nur 13.000 Menschen.

Teilnehmer gehen beim Demonstrationszug linker und linksradikaler Gruppen unter dem Motto «Demonstration zum revolutionären 1. Mai» durch die Stadt.
2020 fielen fast alle Maikundgebungen coronabedingt aus, doch 2021 war der Andrang am Berliner Herrmannplatz wieder verhältnismäßig groß.Bild: dpa / Kay Nietfeld

Krawalle am 1. Mai

Die Teilnehmerzahlen mögen im Laufe der Zeit gesunken sein, die Gewaltbereitschaft mancher Demonstranten ist allerdings gestiegen. Vor allem in Berlin und Hamburg etablierten sich in den achtziger Jahren gewaltsame Maidemonstrationen, organisiert von einer radikalisierten autonomen Szene.

Diese Entwicklung geht zurück auf den Maifeiertag 1987, als sich in Berlin-Kreuzberg Autonome und Polizei erstmals schwere Straßenschlachten lieferten. Der Grund für die aufgeheizte Stimmung: Die Polizei hatte zuvor ein Büro von Gegnern der geplanten Volkszählung geräumt, die in der linken Szene stark umstritten war.

Auch nach 1987 fanden in Berlin regelmäßig "Revolutionäre 1.-Mai-Demonstrationen" statt. In Hamburg kam es ebenso immer wieder zu Krawallen, vor allem bei Demos im Schanzenviertel. Viele der Randalierer äußern sich system- und kapitalismuskritisch.

Teilnehmer zünden Pyrotechnik beim Demonstrationszug linker und linksradikaler Gruppen unter dem Motto «Demonstration zum revolutionären 1. Mai».
Bei einem Demonstrationszug linker und linksradikaler Gruppen in Berlin 2021 wird Pyrotechnik gezündet.Bild: dpa / Michael Kappeler

Feierlichkeiten in diesem Jahr

Nach zwei Jahren coronabedingter Pause plant der DGB für den 1. Mai 2022 wieder Kundgebungen in unter anderem Berlin, Leipzig, Kassel und Frankfurt am Main. Bei den Veranstaltungen wird der russische Angriffskrieg in der Ukraine im Mittelpunkt stehen. Die Gewerkschaften wollen sich aber auch mit dem digitalen und ökologischen Wandel der Arbeitswelt auseinandersetzen.

Unter denjenigen, die kein politisches oder berufliches Interesse am "Tag der Arbeit" haben, ärgern sich aktuell viele darüber, dass der 1. Mai dieses Jahr auf einen Sonntag fällt, an dem die meisten ohnehin freihaben.

Linken-Chef fordert, Wochenend-Feiertage nachzuholen

Deshalb wurde kürzlich vor allem von Grünen und Linken gefordert, Feiertage, die auf ein Wochenende fallen, in Zukunft nachzuholen. "Jeder verlorene Feiertag bedeutet mehr Stress und weniger dringend benötigte Erholung von den Belastungen durch die Arbeit und die Pandemie", sagte der Parlamentsgeschäftsführer der Linken, Jan Korte, der "Rheinischen Post".

Vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern spricht er damit sicher aus der Seele. Was sie auch freuen wird: Klammert man Ostersonntag und Pfingstsonntag aus, werden nach Neujahr 2023 bis 2027 – ganze vier Jahre lang also – keine Feiertage auf einen Sonntag fallen.

Kann das Versprechen vom straffreien Kiffen im Vermittlungsausschuss kippen?

Wann Bubatz legal? Eine Frage, die viele Menschen seit 2021 regelmäßig an die Ampelregierung adressieren. Wann, wie und ob – all das waren Fragen, deren Antworten sich andauernd änderten. Die Realisierung der geplanten Modellregionen mit lizenzierten Fachgeschäften wurde verschoben. Stattdessen soll es nun erstmal die Möglichkeit des Eigenanbaus und der Mitgliedschaft in sogenannten Cannabis-Social-Clubs geben.

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