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Facebook-Skandal - das Problem ist größer aber Hilfe auf dem Weg

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Du willst Facebook löschen? Was ist mit Tinder, Skype oder OKCupid?!

22.03.2018, 12:4223.03.2018, 18:13
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Alle sind jetzt sauer auf Facebook.  Jetzt endlich sollten wir unsere Facebook-App löschen und uns für immer abmelden. Kein WhatsApp mehr, kein Instagram. Husch husch zurück zu StudiVZ!

Ja, Facebook hat Mist gebaut. 50 Millionen größtenteils heimlich abgezapfte Nutzerdaten, mit denen wir angeblich manipuliert werden können. Das hat nicht mehr viel "Social" in sich.

Facebook alleine ist aber nicht das Problem. Experten beschreiben schon seit Jahren, wie man uns im Internet beobachtet. Wie Tracker auf jeder Website ausspionieren, von welcher Seite wir gerade herkommen und auf welche Seite wir als nächstes surfen. Was wir uns ansehen, was uns gefällt, was wir schnell überspringen. Nichts ist geheim im Internet von heute.

Nicht nur die Facebook-App oder Google sammeln unsere intimsten Informationen. Auch andere Apps, die wir täglich benutzen.

Diese Apps haben überwacht

  • OKcupid
  • LED Flashlight
  • Skype
  • Tinder
  • Spotify
  • Uber

Ende vergangenes Jahr haben Aktivisten des Privacy Labs der Universität Yale rund 300 Android-Apps entdeckt, die ihre Nutzer mit Trackern überwachen. (Für iOS-Apps gilt das selbe) 

Und das funktioniert so:
Man nennt das den digitalen Fußabdruck. Er wird
gespeichert, gehortet
und in Paketen verkauft. Wenn wir aus Sorge eine Krankheit googlen, wenn
wir auf peinlichen Websites surfen oder doch mal wieder eine
Dating-Plattform ansurfen. Immer ist ein Auge auf uns gerichtet. Kunden
sind Personaler, Datenhändler, Werbetreibende. Im Grunde arbeiten fast
alle kostenlose Dienstleister der modernen Internet-Wirtschaft mit
solchen Daten-Trackern und den daraus enstehenden
Persönlichkeitsprofilen.

Der Facebook-Skandal ist ohne Frage eine Katastrophe, aber im Grunde wirft er nur ein Schlaglicht auf diese Aushorch-Praktiken einer ganzen Industrie, der wir munter in die Hände spielen.

Ein Vorwurf, der von Datenschützern übrigens öfter kommt: Funktionalität, sagen sie, schlägt bei Usern eben alles: "Ich will das interessante Browser-Game spielen, deshalb ist das mit dem Aushorchen schon ok."

Das muss uns erst einmal klar sein, bevor wir darüber streiten, wie Facebook jetzt bestraft werden muss. Zum Glück ist die Europäische Union schneller als viele Regierungen, und schneller als wir.

Hilfe ist auf dem Weg

Einige Politiker in der Europäischen Union haben die Überwachung schon lange auf dem Schirm. Allen voran die Piratin Julia Reda und der Grüne Jan Philipp Albrecht.

Im Mai kommt der neue Datenschutz in Europa

Ein erster Schritt, um unsere Rechte im Netz besser zu schützen. Die Bundesregierung sollte sie möglichst genau und schnell umsetzen. Ohne Wenn und Aber. Wenn man uns beobachtet, muss man fragen. Wer das nicht tut, muss Strafe bezahlen. Im Falle Facebooks wären das bis zu drei Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens.

Im Herbst kommt die neue Privatsphäre nach Europa

Fast noch wichtiger für den konkreten Fall ist die gerade entstehende e-privay-Verordnung. Das EU-Parlament hat sie bereits verabschiedet, gerade wird sie unter anderem mit Deutschland verhandelt.

Die Verordnung enthält eine Do-Not-Track-Regel – Unternehmen dürfen Internet-Nutzer nicht mehr beim Surfen beobachten oder verfolgen. Keine Profile mehr erstellen. Uns beim Daten, beim Einkaufen schrulliger Klamotten und auch beim Schauen eines Sex-Videos in Ruhe lassen. 

Das wird viele in der Industrie vor kaum lösbare Aufgaben stellen, weil sich heutzutage im Grunde alle kostenlose Angebote im Internet über unsere Daten finanzieren. Die neuen Regeln in Europa schränken das ein. Ihr wollt Facebook bestrafen? The EU is on it.

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