Trumps Anwalt Giuliani Bild: imago images / KEVIN DIETSCH
International
07.12.2020, 07:5007.12.2020, 08:09
Der nächste Corona-Fall im Umfeld des US-Präsidenten: Donald Trump hat am
Sonntag auf Twitter mitgeteilt, dass sein persönlicher Anwalt Rudy Giuliani sei
positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Sein langjähriger
Vertrauter leitet die rechtlichen Anstrengungen, das Ergebnis der
Präsidentenwahl zu Gunsten zu kippen – bislang
ohne Erfolg. Giuliani ist der jüngste Corona-Fall in einer Reihe von vielen im direkten Umfeld von Trump, der Anfang Oktober selbst
an Covid-19 erkrankt war.
Trump hatte den ehemaligen Staatsanwalt und Bürgermeister von New
York City Mitte November damit beauftragt, die Klagen gegen das
Wahlergebnis und den Sieg des Demokraten Joe Biden anzuführen. Trump
hatte sich an seinen Vertrauten gewendet, nachdem der eigentlich
damit beauftragte Wahlkampfberater David Bossie wegen einer
Coronavirus-Infektion handlungsunfähig war. Trumps Anwältin Jenna
Ellis schrieb am Sonntag auf Twitter: "Giuliani ist ein zäher
Krieger!" Die Arbeit von Trumps Anwälten werde von Giulianis
Infektion nicht beeinträchtigt und man mache weiter.
Giuliani offenbar im Krankenhaus
Es blieb unklar, warum es Trump war, der die Öffentlichkeit über
Giulianis Infektion informierte. Die "New York Times" und der Sender
Abc News berichteten jedoch, Giuliani sei in der Hauptstadt
Washington in ein Krankenhaus gekommen. Der 76-Jährige selbst
twitterte am späten Sonntagabend dann: "Ich werde sehr gut betreut
und fühle mich gut." Er erhole sich sehr schnell. Giuliani bedankte
sich für die erhaltenen Genesungswünsche.
Giulianis Sohn Andrew schrieb auf Twitter: "Mein Vater Rudy
Giuliani ruht sich aus, wird großartig versorgt und fühlt sich gut."
Ob Giuliani Symptome einer Erkrankung zeigt, wurde zunächst nicht
bekannt. Mit seinen 76 Jahren gehört Giuliani aber zu einer
Corona-Risikogruppe.
Giuliani habe "unermüdlich" gearbeitet, die "korrupteste Wahl
(bei weitem!)" in der Geschichte der USA aufzudecken, schrieb Trump
auf Twitter. Er sendete seinem Anwalt Genesungswünsche.
"Wir werden weitermachen!!!", fügte er hinzu.
Vom Helden zum Handlanger?
Giuliani behauptet, beweisen zu können, dass Trump aufgrund eines
von der Demokratischen Partei organisierten Stimmenraubs um den Sieg
über Joe Biden gebracht wurde. Mehrere Klagen der Trump-Anwälte in
verschiedenen Bundesstaaten sind vor Gericht unter anderem wegen
fehlender Beweise gescheitert.
Nach seiner Zeit als Bürgermeister von New York City galt
Giuliani als Held. Mittlerweile wird er von vielen als nicht immer
erfolgreicher Handlanger des Präsidenten belächelt. Giuliani hat
Trump bereits mehrfach in Schwierigkeiten gebracht. Er war eine
zentrale Figur in der Ukraine-Affäre, die ein Amtsenthebungsverfahren
gegen Trump ins Rollen brachte. Giuliani hatte sich aktiv darum
bemüht, die Ukraine zu Ermittlungen gegen Biden zu bewegen. Im
Endspurt des Wahlkampfs hatte der 76-Jährige vergeblich versucht,
einen Skandal rund um Bidens Sohn Hunter auszulösen. Selbst
konservative Medien ließen wegen der fragwürdigen Quellenlage die
Finger von der Geschichte.
Der Vorfall mit der Farbe
Am 19. November hatte dann eine Pressekonferenz für Aufsehen
gesorgt, bei der sich Trumps Anwälte in Verschwörungstheorien
verstrickten. Giuliani redete sich in einem rund 40-minütigen Monolog
in Rage und schwitzte im Licht der Scheinwerfer. Im Anschluss daran
sorgte für Gesprächsstoff, dass ihm dunkle Farbe über die Wangen lief – vermutlich hatte es sich dabei um Spuren eines Färbemittels oder
Wimperntusche gehandelt. Nach der Pressekonferenz war Giulianis Sohn
Andrew positiv auf das Virus getestet worden.
Spuren eines Färbemittels? Dieses Szene einer Pressekonferenz sorgte für Aufsehe.nBild: ap / Jacquelyn Martin
Seit Trump ihn auf das Wahlergebnis ansetzte, reiste Giuliani
kreuz und quer durch das Land, um seinen unbelegten Behauptungen
Gehör zu verschaffen. Am Mittwoch war er bei einer Parlamentsanhörung
in Michigan, am Donnerstag in Georgia. Jen Jordan, demokratische
Senatorin in dem Bundesstaat, zeigte sich angesichts der Nachricht
über Giulianis Infektion empört. "Ich hatte keine Ahnung, dass die
glaubwürdigste Todesdrohung, der ich letzte Woche begegnet bin,
Trumps eigener Anwalt war", schrieb sie auf Twitter. "Giuliani – ohne
Maske, in einem voll besetzten Anhörungsraum für sieben Stunden. Zu
sagen, dass ich wütend bin, wäre zu freundlich. Die Scheinanhörung im
Senat war ein Hohn auf die Gerechtigkeit. Nun könnten ihre
Auswirkungen weit darüber hinausgehen."
Giuliani war am Sonntagmorgen noch in einem Fernsehinterview bei
Fox News zu sehen gewesen, in dem er erneut behauptete, es habe
zentral organisierten Wahlbetrug gegeben, der "sehr gut geplant, sehr
gut ausgeführt" gewesen sei. US-Behörden hatten die Wahlen am 3.
November als sicherste in der Geschichte des Landes bezeichnet.
Experten rechnen Trump aber keine reellen Chancen mehr aus, seine
Niederlage gegen Biden juristisch noch abwenden zu können.
Ausfall Giulianis kommt Kampagne in die Quere
Es ist nun schon das zweite Mal, dass das Coronavirus Trump in
entscheidenden Momenten für seine politische Zukunft in die Quere
kommt: Wenige Wochen vor der Wahl hatte er wegen seiner Erkrankung
seinen Wahlkampf auf Eis legen müssen. Ohnehin läuft ihm und seinen
Verbündeten die Zeit davon, die Erzählung der "gestohlenen Wahl"
weiterzuspinnen und die Klagewelle fortzusetzen – der Ausfall
Giulianis kommt zu einer Unzeit.
Trump hat die Gefahr des Coronavirus immer wieder
heruntergespielt und die Amerikaner nach seinem Krankenhausaufenthalt
dazu aufgerufen, "keine Angst" davor zu haben. Dabei wurden
zahlreiche Menschen in seinem Umfeld positiv auf das Virus getestet,
neben Trumps Frau Melania und seinen Söhnen Barron und Donald auch
enge Mitarbeiter im Weißen Haus wie Stabschef Mark Meadows.
Seit Beginn der Pandemie sind in den USA im Zusammenhang mit
einer Infektion bereits rund 282.000 Menschen ums Leben gekommen.
Fünf Tage in Folge starben pro Tag mehr als 2200 Menschen. Die Zahl
der täglichen Neuinfektionen erreicht immer neue Spitzenwerte. In den
vergangenen Tagen lag sie binnen 24 Stunden bei mehr als 200.000.
(dpa)
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