Strähnen wehen ihr ins Gesicht, im Hintergrund liegt eine weite, mit Büschen bewachsene Ebene. Dahinter, am Horizont, sind Berge, mit Schnee bedeckt.
Das ist die Szenerie für Greta Thunbergs letzten Instagram-Post. Die Klimaaktivistin ist derzeit im Norden der USA unterwegs. Sie werde sich nun einige Tage erholen und an der Natur in Wyoming, Idaho und Montana erfreuen, schreibt Greta auf Instagram.
Der Rummel um die 16-Jährige geht dennoch weiter. Rast hin oder her. "Zeit Campus" hat am Mittwoch ein Interview mit Greta veröffentlicht, das die schwedische Reporterin Alexandra Urisman Ott führte. Sie begleitet Greta auf ihrer USA-Reise und sprach bereits mit ihr, als die Schülerin noch auf dem Asphalt vor dem schwedischen Reichstag saß.
In dem – seltenen – Interview stecken einige spannende Aussagen über Gretas USA-Reise, über den Hass, den sie erlebt – und auch über die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Die 5 spannendsten Aussagen des Interviews mit Greta Thunberg:
Die Bundeskanzlerin hat sich in den Vergangenheit positiv über die Klima-streikenden Schüler in Deutschland und der Welt geäußert. In New York kam es nun Ende September zur Begegnung zwischen der einstigen Klima-Kanzlerin und der Klima-Demonstrantin, mit der Fridays for Future begann.
Greta sagt im Interview, sie sei vor ihrer Rede vor der UN nicht nervös gewesen. "Dann bin ich dort angekommen, und ich habe einige der führenden Politiker der Welt getroffen, die Selfies mit mir machen wollten."
Eine dieser Selfie-jagenden Politikerinnen? "Merkel", sagt Greta. "Sie hat ein wenig geredet und natürlich gefragt, ob es in Ordnung wäre, wenn sie das Bild in den sozialen Medien verwendet."
Ein richtiges Selfie gab es für die Bundeskanzlerin allerdings nicht.
Ein Selfie wäre dann vielleicht für einige Unionswähler doch des Guten zu viel gewesen ...
Die Sätze von Greta über die kurze Begegnung am Rande des UN-Gipfels aber zeigen, wie sehr die Kanzlerin oder ihr Social-Media-Team um den Status der 16-Jährigen wissen. Ein gemeinsames Foto von Merkel und der jungen Klima-Ikone hat eine hohe Symbolwirkung, gerade auch bei der jungen Wählerschaft in Deutschland, die zunehmend zu den Grünen tendiert.
Die Rede von Greta vor der UN hat richtig Wirbel erzeugt. Konservative Politiker und Kommentatoren stießen sich an ihrem Vorwurf: "How dare you!" Wie könnt ihr es wagen! Einige zweifelten aufgrun ihres emotionalen Auftrittes gar an ihrer Zurechnungsfähigkeit.
Die Klima-Aktivistin warf den versammelten Politikern beim Klima-Gipfel in New York vor, nicht schnell genug gegen den Klimawandel zu handeln. "Ihr lasst uns im Stich! Aber die jungen Leute beginnen, euren Verrat zu durchschauen."
Es war eine wütende Anklage. Wie kam die Rede zustande, die bereits tief ins popkulturelle Gedächtnis gekrochen ist?
"Ich habe etwa seit Mittsommer über den Inhalt nachgedacht. Eine Botschaft sollte lauten: 'How dare you' – eine Schuldzuweisung und Beschämung der Machthaber", berichtet Greta. Und die nächsten Sätze klingen so herrlich nach einer 16-Jährigen, so herrlich nahbar, wir fetten sie für euch: "Danach habe ich das gemacht, was ich immer mache. Ich habe es vor mir hergeschoben. Und einige Tage vorher habe ich angefangen, die Rede zu schreiben."
Jetzt wissen wir: Auch Greta Thunberg, die berühmteste und wohl einflussreichste 16-Jährige der Welt, prokrastiniert.
Ihre Reden schreibt sie übrigens selbst. Auch ihre UN-Rede habe sie aber an Wissenschaftler geschickt, um sie überprüfen zu lassen. "Wenn es sich um falsche Fakten handelt oder Dinge, die missverständlich sind, ändere ich das."
Die Vertreterinnen der Fridays-for-Future-Bewegung erleben immer wieder die hässlichste Seite des Netzes: üble Beleidigungen und Drohungen.
Auch Greta Thunberg ist zum Hassobjekt geworden. Im Interview erklärt sie allerdings, dass der Hass nicht ihr selbst, sondern ihre Familie wohl am meisten zusetze.
"Diejenige, die leidet, ist meine Schwester. Sie ist 13 Jahre alt und muss systematisches Mobbing, Hass und Schikanen ertragen", erklärt Greta. Sie selbst sei oft nicht zuhause, ihre Familie aber sehr wohl. Daher bekomme sie den Hass und die Drohungen ab.
"Es ist schrecklich", sagt Greta. "Die Menschen fragen sich, wie sie mir helfen können, aber diejenigen, die wirklich Hilfe benötigen, bekommen sie nicht. Sie werden nur verhöhnt und bekommen Hassbotschaften. Meine Schwester ist dem am stärksten ausgesetzt, aber für sie gibt es keine Hilfe. Stattdessen bekommt sie überall Gegenwind."
Im Interview spricht die 16-Jährige über zwei Kritikpunkte an ihr.
Ein Treffen mit dem polternden, populistischen US-Präsidenten hatte die Klima-Aktivistin schon vor ihrem Aufbruch in die USA ausgeschlossen. Trump reagierte, indem er Greta nach ihrer UN-Rede verhöhnte.
Aber im Interview findet Greta auch einen positiven Aspekt an der Wahl des klimawandelleugnenden Mann im Weißen Haus:
Viele "gesellschaftliche tipping points" führten zu einem langsamen Aufwachen, erklärt Greta. Und betont: "Es kann falsch sein, doch ich glaube, dass man Trumps Wahl in Zukunft als Wendepunkt ansehen wird."
(ll)