Alexej Nawalny war lange Zeit Wladimir Putins bekanntester Widersacher. Der russische Oppositionspolitiker hat trotz politischer Widerstände nicht aufgehört, sich öffentlich gegen Russlands Präsidenten zu stellen. Dies bezahlte er im Februar 2024 mit seinem Leben. Nawalnys Tod in einer russischen Strafkolonie hat weltweit Bestürzung und Proteste – auch in Russland – ausgelöst.
Jetzt rückt der größte vergleichbare Gefangenenaustausch seit dem Ende des Kalten Krieges Alexej Nawalny noch einmal in den Fokus. Der Grund: Ein enger Vertrauter des Putin-Gegners ist als Teil des Deals mit Russland am Donnerstag freigekommen. In Freiheit bestätigt er Vermutungen, die es schon seit längerer Zeit gab – und macht dem russischen Präsidenten scharfe Vorwürfe.
Der Austausch ging in der Türkei über die Bühne. Wie der türkische Geheimdienst mitteilte, wurden im Rahmen des Gefangenenaustauschs insgesamt 26 Personen aus sieben Ländern ausgetauscht. Darunter befanden sich zehn Personen, die nach Russland überstellt wurden. 13 wurden nach Deutschland gebracht und drei in die USA überführt.
Zu den ausgetauschten Personen gehörten prominente Namen wie die US-Bürger Evan Gershkovich und Paul Whelan, der deutsche Staatsbürger Rico Krieger sowie der russische Politiker Ilja Jaschin. Und der enge Vertraute Nawalnys, Leonid Wolkow.
Dafür wurde unter anderem der russische FSB-Agent und "Tiergartenmörder" Vadim Krasikov nach Russland überstellt.
Ein Austausch, der Bestürzung auslöst.
Kaum in der Freiheit äußert sich der enge Nawalny-Verbündete Leonid Wolkow über seinen Telegram-Channel. Dort bestätigt er die Information, dass Nawalny ursprünglich Teil dieses Deals sein sollte: "Ja, das ist derselbe Austausch, in dessen Rahmen Alexej Nawalny im Februar dieses Jahres freigelassen werden sollte", schreibt er.
Auch zu den fragwürdigen Machenschaften des russischen Präsidenten äußert sich Wolkow: "Putin beschloss, 'das Blatt umzudrehen' und entschied, dass er Nawalny um nichts aufgeben würde. Und er tötete ihn buchstäblich ein paar Tage bevor der Austausch stattfinden konnte."
Dann verlinkt er ein Youtube-Video, in dem bereits im Februar Maria Pevchikh, die Vorsitzende der Anti-Korruptions-Stiftung Nawalnys, ähnliche Vorwürfe verbreitet hatte.
Sie erklärt in dem Video, dass Putin letztlich entschied, Nawalny nicht freizulassen und stattdessen seine Ermordung anordnete. Ausgerechnet dann, als die Verhandlungen über den Austausch in die Endphase gingen. "Putin wollte Nawalny unter keinen Umständen in Freiheit sehen", so Pevchikh.
Wolkow erklärt außerdem, dass Nawalny gegen Vadim Krasikow, den "Tiergartenmörder" und mutmaßlichen FSB-Offizier, ausgetauscht werden sollte.
Krasikow, der in Deutschland eine lebenslange Haftstrafe verbüßen sollte, ist am Donnerstag von Putin mit einer Umarmung in Russland begrüßt worden, wie Fotos und Videos zeigen.
Für die Anhänger:innen Nawalnys ist die Tatsache, dass der Austausch ohne ihn stattfand, ein bitterer Schlag. Leonid Wolkow schreibt dazu: "Heute freuen wir uns über die Freilassung politischer Gefangener, Putins Geiseln, die in Putins Gulag gelitten haben. Aber es wird trotzdem Freude mit Tränen in den Augen sein. Schließlich kam es zum 'Nawalny-Austausch‘'. Aber ohne Nawalny. Das ist sehr schmerzhaft.“
Putin fürchtete Nawalny. So sehr, dass er seinen Namen lange nicht öffentlich aussprach. Putin nannte ihn lediglich den "Blogger". Erst als der Oppositionspolitiker tot war, nahm der russische Präsident seinen Namen in den Mund.
Offenbar zurecht.
Nawalny machte Putin etwa für die massive Korruption im Land verantwortlich; er gab Wahlempfehlungen an Putin-Gegner:innen und organisierte massive Straßenproteste.
Es war ein ungleicher Kampf, doch Nawalny erreichte mehr als alle anderen – bis er sich in Deutschland von einem Giftanschlag erholt hatte und dann dennoch nach Russland zurückkehrte. Dieser Mut machte ihn zwar zum unangefochtenen Oppositionsführer, bedeutete aber auch seinen Tod.
Nawalny starb am 16. Februar in einem Straflager im hohen Norden Sibiriens. Noch heute gilt er als Hoffnungsträger für all jene, die sich der politischen Repression Andersdenkender entegensetzen wollen.