Triggerwarnung: In diesem Text geht es um grausame Kriegsverbrechen und sexuelle Gewalt.
Eigentlich dachte sie, man könne sie nicht mehr schockieren, doch dann kamen zwei kastrierte Ukrainer.
Die beiden ukrainischen Soldaten sind 25 und 28 Jahre alt und befanden sich in russischer Gefangenschaft. Einer von ihnen einen Monat lang, der andere drei. Dann gab es einen Gefangenenaustausch.
Sie durften gehen.
Und wurden an die Psychologin Anzhelika Yatsenko in Poltawa überwiesen, einer Stadt in der Zentralukraine – etwa 140 Kilometer von Charkiw entfernt.
Der "New York Times" erzählte die 41-Jährige von brutalsten Kriegsverbrechen, die offenbar an den beiden Männern verübt worden waren.
Die Soldaten waren suizidal, sagt die Psychologin. Der 25-Jährige hatte demnach bereits versucht, sich umzubringen. Yatsenko erzählte, dass die beiden Männer einen Monat gebraucht haben, bis sie der Psychologin erzählen konnten, was ihnen widerfahren war.
Einer sagte:
Yatsenko vermutete Folter. "Als jemand, der die schwierigsten Fälle überwiesen bekommt, meist Männer unter 35, kann ich kaum überrascht werden", sagte sie.
Doch als sich die Soldaten ihr öffneten, erzählte sie, war es "das erste Mal, dass ich mich nicht wie eine professionelle Psychologin verhalten habe". Und weiter:
Die beiden Männer erzählten ihr, dass sie brutal geschlagen worden waren. Anschließend sei ein betrunkener Russe gekommen und habe sie mit einem Messer kastriert.
Einer der ukrainischen Soldaten habe Yatsenko erzählt: "Ich weiß nicht, wie ich noch am Leben bin, da war so viel Blut, ich dachte, ich würde an einer Blutvergiftung sterben."
Man habe den Männern gesagt: "Wir machen das, damit ihr keine Kinder bekommen könnt." "Für mich ist das Völkermord", bewertete die Psychologin.
Darüber hinaus sei es nicht nur der psychische Schaden, den die Männer davontrügen: "Stellen Sie sich vor, es sind junge Männer, die gerade erst mit dem Sexualleben beginnen, und dann ist in einer Sekunde alles vorbei. Sie spüren immer noch etwas, all diese Hormone, aber sie können nichts tun. Sie können niemals sexuell aktiv sein. Für einen jungen Mann ist das das Schlimmste, was passieren kann."
Viele der Soldat:innen, die verwundet wurden, kehren anschließend zurück an die Front. So auch der 28-jährige ukrainische Soldat, den Yatsenko behandelte.
"Er sagt, er wird gebraucht und es ist einfacher, an einem Ort zu sein, an dem es keine Frauen gibt. Ich schätze, wenn man bedenkt, was passiert ist, will er Russen töten", sagte die Psychologin. Sie hat jedoch noch eine andere Vermutung: "Vielleicht hat er das Gefühl, dass sein Leben nichts wert ist und möchte einfach nur sterben."
Kastration zählt zu den brutalsten Kriegsverbrechen. Gleichzeitig ist es auch eines, über das am wenigsten gesprochen wird. Vor rund einem Jahr geriet ein Video an die Öffentlichkeit, das zeigte, wie ein russischer Soldat einen ukrainischen Gefangenen kastrierte.
Der Soldat trug blaue OP-Handschuhe und ein russisches Z-Abzeichen. In der Hand hatte er ein grünes Teppichmesser, während er sich an einem Gefangenen vergriff, der ukrainische Tarnkleidung trug. Der Mann lag mit dem Gesicht nach unten, die Hände gefesselt und den Mund geknebelt und hatte die Rückseite seiner Hose aufgeschnitten.
Ein zweites Video zeigte mutmaßlich denselben Gefangenen, dem seine Hoden in den Mund gestopft wurden.
Die Erzählungen der Psychologin Yatsenko lassen vermuten, dass dies keine Einzelfälle sind:
Während es international einen großen Aufschrei und Hilfe für von Russen vergewaltigten Frauen und Mädchen gab, wurde der sexuellen Gewalt gegen Männer weniger Beachtung geschenkt.