
Bereits nach wenigen Stunden wurde deutlich, dass Joe Biden im Weißen Haus einen gänzlich anderen Stil als Trump prägen will.dpa
USA
21.01.2021, 06:3121.01.2021, 12:11
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt hat
der neue US-Präsident Joe Biden mit der Demontage von besonders
umstrittenen Entscheidungen seines Vorgängers Donald Trump begonnen.
Biden leitete am Mittwoch die Rückkehr zum Klimaabkommen von Paris
ein, stoppte den US-Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) und hob ein Einreiseverbot für Menschen aus muslimisch
geprägten Ländern auf. Auch abseits konkreter Maßnahmen wurde bereits
nach wenigen Stunden deutlich, dass Biden im Weißen Haus einen
gänzlich anderen Stil als Trump prägen will.
Internationale Zusammenarbeit
Biden versprach in seiner Antrittsrede am Mittwoch vor dem
US-Kapitol: "Wir werden unsere Bündnisse reparieren und mit der Welt
zusammenarbeiten." Kurz danach unternahm er die ersten Schritte
dafür: Er leitete die Rückkehr in das Klimaabkommen von Paris ein.
Die USA waren Anfang November offiziell ausgeschieden - ein Jahr
nachdem Trumps Regierung den Austritt aus dem historischen Abkommen
erklärt hatte. Nun sollen die USA nach Angaben der UN ab dem 19.
Februar wieder Teil des Vertrags werden. Biden will Amerika eigenen
Aussagen zufolge zu einer führenden Nation beim Kampf gegen die
Erderwärmung machen.
Auf internationale Zusammenarbeit setzt Biden auch bei der
Bewältigung der Corona-Pandemie. Am Mittwoch stoppte er den von Trump
mitten in der globalen Krise eingeleiteten Austritt aus der
Weltgesundheitsorganisation. Mit dem angesehenen US-Immunologen
Anthony Fauci als Delegationsleiter will die neue Regierung schon am
Donnerstag wieder an einer WHO-Sitzung teilnehmen.
Corona-Pandemie
Im Kampf gegen die Corona-Pandemie setzt Biden auch auf striktere
Regeln - er ordnete für die nächsten 100 Tage eine Maskenpflicht an.
Sie greift allerdings nur an Orten im Zuständigkeitsbereich des
Bundes, beispielsweise in Gebäude von Bundesbehörden, Flugzeugen und
Zügen sowie Bussen im Verkehr zwischen Bundesstaaten.
Biden erklärte den Kampf gegen die Pandemie zu einer seiner
wichtigsten Aufgaben. Das Virus breitet sich in den USA noch immer
unkontrolliert aus. Mehr als 400.000 Menschen sind bereits seit
Beginn der Pandemie in den USA gestorben. In den kommenden Tagen
wollte Biden weitere Maßnahmen zur Bewältigung der Krise ergreifen.
Migration
Biden bewies am Mittwoch auch, dass er vom rigorosen
Anti-Migrations-Kurs Trumps abrücken will. Er hob das von Trump
verfügte Einreiseverbot für Menschen aus mehreren überwiegend
muslimisch geprägten Ländern auf, das Trump eine Woche nach seinem
Amtsantritt 2017 erlassen hatte. Wenige Stunden nach seiner
Vereidigung schickte Biden zudem einen Gesetzesentwurf an den
US-Kongress. Nach Angaben der neuen Sprecherin des Weißen Hauses, Jen
Psaki, ist darin unter anderem vorgesehen, dass Menschen ohne
Aufenthaltserlaubnis in den USA die Chance auf einen Aufenthaltstitel
bekommen sollen - und auf lange Sicht auch die US-Bürgerschaft.
Biden wies das Heimatschutzministerium zudem an, Schritte in die
Wege zu leiten, die auf die dauerhafte Sicherung eines Programms zum
Schutz von rund 700.000 jungen Migranten vor einer Abschiebung
abzielen. Biden entzog darüber hinaus einem Herzensprojekt Trumps die
Finanzierungsgrundlage: dem Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko.
Der neue Ton
Biden trat sein Amt mit einem Aufruf zu Einheit und Versöhnung an
- was ebenfalls im Kontrast zu seinem Vorgänger stand. "Ich werde ein
Präsident für alle Amerikaner sein", versprach Biden bei seiner
Antrittsrede vor dem hochgesicherten US-Kapitol, das zwei Wochen
zuvor von gewalttätigen Anhängern Trumps erstürmt worden war. Biden
sagte, er werde genauso für diejenigen kämpfen, die ihn bei der Wahl
nicht unterstützt hätten, wie für jene, die dies getan hätten.
Gefeiert werde nicht der Sieg eines Kandidaten, sondern der Sieg der
Demokratie. "Die Demokratie hat sich durchgesetzt."
Von seinen Mitarbeitern verlangte Biden, dass sie sich ihrer
Verpflichtung gegenüber dem Volk bewusst sein müssten, und mahnte
einen respektvollen Umgang miteinander an. "Wenn Sie jemals mit mir
arbeiten und ich höre, dass Sie einen anderen Kollegen respektlos
behandeln, jemanden runtermachen. Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie
auf der Stelle feuern werde", sagte Biden. Seinerseits sagte er zu,
dass er eigene Fehler eingestehen und offen mit ihnen umgehen werde.
Das neue Weiße Haus sagte zudem Transparenz und einen ehrlichen
Umgang mit Journalisten zu. Sprecherin Psaki kündigte an, die
täglichen Presse-Briefings im Weißen Haus wieder aufleben lassen zu
wollen. Traditionell fanden Pressekonferenzen im Weißen Hauses früher
in der Regel an Werktagen statt. Unter Biden-Vorgänger Donald Trump
gab es sie nur noch sporadisch - wenn überhaupt. Trumps Sprecher
hatten ein angespanntes Verhältnis zum Pressekorps des Weißen Hauses,
waren dafür aber umso loyaler zu Trump.
Trumps Botschaft
Die Wege von Biden und Trump kreuzten sich am Mittwoch nicht im
Weißen Haus - Trump war am Morgen vor Bidens Vereidigung schon in
Richtung Florida abgereist. Er war der erste Präsident seit Andrew
Johnson im Jahr 1869, der der Zeremonie zur Amtseinführung seines
Nachfolgers fernblieb. Mit einer Tradition brach Trump nicht: Er
hinterließ Biden vor seinem Auszug aus dem Weißen Haus eine Notiz im
Büro des Präsidenten.
"Der Präsident hat einen sehr wohlwollenden Brief geschrieben",
sagte Biden. Weil es sich bei dem Brief um eine persönliche
Angelegenheit handele, wolle er nicht darüber sprechen, solange er
nicht mit Trump geredet habe. US-Präsident Ronald Reagan hatte 1989
die Tradition begründet, dem Amtsnachfolger ein Schreiben im Oval
Office zu hinterlassen.
(mse/dpa)
Triggerwarnung: In diesem Artikel werden detailliert brutale Arbeitsunfälle von Minderjährigen beschrieben. Dieser Text kann deshalb negative Gefühle oder Erlebnisse triggern.