Die Deutsche Bank plant umfangreiche Veränderungen, um die Profitabilität zu steigern. Zu dem Programm gehört auch der Abbau von Tausenden Stellen. Jeder Fünfte verliert seinen Job, die Verunsicherung bei den Mitarbeitern ist groß. Auch Deutschland dürfte nicht ungeschoren davonkommen.
So sollen bis zum Ende des Jahres 2022 weltweit rund 18.000 Vollzeitstellen gestrichen werden. Bis dahin will der Dax-Konzern seine Belegschaft auf etwa 74.000 Vollzeitkräfte verringern. Ende März 2019 hatte die Bank weltweit knapp 91.500 Vollzeitbeschäftigte, davon gut 41.500 in Deutschland.
"Das ist schmerzhaft, aber unvermeidbar, um den langfristigen Erfolg der Deutschen Bank sicherzustellen", verteidigte Konzernchef Christian Sewing die Pläne.
In Asien begann die Kündigungswelle am Montagmorgen, in Hongkong und Singapur wurden ganze Teams vor die Tür gesetzt. "Die halbe Etage ist weg und die anderen warten nur darauf, dass sie einbestellt werden", sagte ein Aktienhändler in Hongkong. Er sei zusammen mit anderen gekündigten Kollegen direkt aus dem Gebäude geführt worden. Auch in London und den USA begann der Kahlschlag.
Die Verunsicherung bei den Mitarbeitern ist groß. "Meine Zugangskarte funktioniert noch. Aber wer weiß, was morgen passiert", sagte ein Banker in Singapur.
Auch in London, dem Herz des Investmentbanking der Deutschen Bank in Europa, wurden Mitarbeiter am Montag informiert. "Ich wurde heute morgen entlassen. Ein kurzes Meeting und das war es dann", sagte ein IT-Mitarbeiter, der seit zweieinhalb Jahren an einem Projekt in der Bank arbeitete.
Wie die Nachrichtenagentur "Bloomberg" berichtet, seien viele Mitarbeiter in London unter Tränen aus dem Gebäude gekommen und hätten dabei noch ihre Kündigungsunterlagen in der Hand gehalten.
Während die Deutsche Bank begann in der britischen Finanzmetropole, wo das Geldhaus rund 8000 Menschen beschäftigt, Tausende von Mitarbeitern zu entlassen, wurden einige Führungskräfte mit Maßanzügen ausgestattet, die über 1000 Euro kosten. Das berichtet unter anderem die britische Zeitung "The Guardian". Ian Fielding-Calcutt, der Gründer des Edel-Schneiders "Fielding & Nicholson", bedauerte "ungünstiges Timing".
Der Betriebsrat der Deutschen Bank erwartet bald Klarheit über die Größenordnung des zusätzlichen Stellenabbaus im Heimatmarkt. "Wir erwarten, dass der Vorstand bald mit konkreten Abbauplänen für Deutschland auf uns zukommen wird", sagte Konzernbetriebsratschef Frank Schulze der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt. "Wir sind zuversichtlich, dass wir den Stellenabbau ohne Kündigungen und sozialverträglich hinbekommen werden."
"Jeder Arbeitsplatz, der verloren geht, tut weh", sagte Schulze. "Aber auch wir Arbeitnehmervertreter sind uns im Klaren darüber, dass es ohne harte Einschnitte nicht gehen wird."
Für Deutschland war bei der Deutschen Bank erst kürzlich ein weiterer Abbau von gut 2000 Stellen im Privatkundengeschäft vereinbart worden, zu dem die Postbank gehört. "Natürlich sind auch in der Investmentbank in Deutschland Einschnitte zu erwarten", sagte Schulze. Denn diesen Bereich will die Deutsche Bank drastisch verkleinern. "Auf der Filialseite im Privatkundengeschäft fehlt mir dagegen die Fantasie, was man da noch machen könnte – zumal der Vorstand die Bank näher an die Kunden heranrücken will", sagte der Betriebsratsvorsitzende.
Wie das "Handelsblatt" schreibt, würden viele Deutschbanker nach Headhunter-Einschätzungen bei anderen Banken unterkommen. Doch nicht alle. Besonders ältere Mitarbeiter könnte es treffen, da sie mehr verdienten als Nachwuchskräfte – das passt nicht in die Pläne der Bank, Kosten zu senken. Im Londoner Finanzsektor seien nur knapp ein Fünftel der Angestellten über 50 Jahre alt. Wer nicht mit herausragender Expertise überzeuge, oder nicht gut vernetzt sei, werde schnell aussortiert.
Christian Sewing erklärte, es handle sich um die "umfassendste Transformation der Bank seit Jahrzehnten". Es sei "ein echter Neustart", die Bank kehre zu ihren Wurzeln zurück und besinne sich voll auf das Kundengeschäft.
Mit dem Umbau will der 49-Jährige die jahrelange Talfahrt der Deutschen Bank stoppen. Seine Vorgänger – Josef Ackermann, Anshu Jain, Jürgen Fitschen, John Cryan und auch Aufsichtsratschef Paul Achleitner – scheuten tiefe Einschnitte im Investmentbanking.
Sewing, seit 15 Monaten im Amt, hat sich nun, für viele Beobachter durchaus überraschend, unerwartet schnell emanzipiert und fährt eine harte Linie. Sein Ziel: "2022 wird die Deutsche Bank eine wachsende, effiziente und profitable Bank mit einem Vorsteuergewinn von mindestens sechs Milliarden Euro sein." Die Kosten will Sewing um sechs Milliarden auf 17 Milliarden drücken.
(as/afp/reuters/dpa)