Nach der Tötung des iranischen Top-Generals Kassem Soleimani hatte der Iran in der Nacht auf Mittwoch seinen angekündigten Vergeltungsschlag vollzogen. Nachdem bei dem Raketenangriff auf US-Stützpunkte im Irak jedoch keine US-Soldaten ums Leben kamen, kündigte Trump am Mittwoch keine weiteren Militärschläge gegen Teheran an. Stattdessen will er den Iran mit neuen Wirtschaftssanktionen zum Einlenken bewegen.
Ob sich der Iran davon beeindrucken lässt, ist jedoch ungewiss. Denn die Macht des Irans im Nahen Osten ist in den vergangenen Jahren gewachsen – und soll das auch weiter tun, so der eiserne Wille Teherans.
Außenpolitik-Experte Thomas Jäger sagte im Interview mit watson, warum dabei speziell der Irak für den Iran so wichtig ist: "Der Iran will den Irak beherrschen. Er will einen schiitischen Block zusammen mit dem Irak und Syrien bilden". Aber was bedeutet das konkret? Gibt es einen Masterplan des Iran für den Nahen Osten?
Der Iran ist das größte schiitisch dominierte Land in der Region. Lange Zeit war der damals sunnitisch regierte Irak der große Konkurrent um die Vorherrschaft im Nahen Osten. Seitdem die USA den Irak 2003 erobert und den damaligen irakischen Diktator Saddam Hussein gestürzt hatten, hat sich das geändert. Der Einfluss des Iran in der gesamten Region nimmt zu, insbesondere im Irak.
Hintergrund
Der Iran: Seit der Revolution 1979 ist im Iran ein autoritäres Regime an der Macht. Das Ziel dieser Regierung ist es, seinen Einfluss in der Region auszuweiten und den schiitischen Glauben zu verbreiten. Sunniten und Schiiten: Die Sunniten sind die größte muslimische Glaubensgruppe, etwa 90 Prozent der Muslime weltweit gehören ihr an. In Ländern wie Iran und Irak stellen hingegen Schiiten die Bevölkerungsmehrheit dar. Sunniten und Schiiten stehen sich oft feindlich gegenüber und bekämpfen sich wie zum Beispiel im Iran-Irak-Krieg von 1980 bis 1988.
"Ein so großes Land hat ein natürliches Interesse daran, Einfluss auf seine Umgebung auszuüben. Was andere als Gefahr interpretieren, würde der Iran als Selbstschutz auslegen", sagt Nahost-Experte Eckart Woertz, Direktor des GIGA Instituts für Nahost-Studien in Hamburg, zu watson.
Dokumente offenbaren das versteckte Vorgehen des Irans im Irak
Interne Dokumente, die unter anderem die "New York Times" Ende letzten Jahres veröffentlicht hat, belegen, dass der Iran nach 2003 im Irak eine schiitische Miliz aufgebaut und irakische Beamten bestochen hat, um seinen Einfluss dort auszuweiten. Sogar der irakische Premierminister Mahdi soll demnach unter Einfluss des Irans stehen. Der Verantwortliche hinter diesem Plan soll der am Freitag getötete General Kassem Soleimani sein. "Suleimani war verantwortlich für den Aufbau und die Versorgung der Milizen und schiitischen Gruppen in der Region. Er war der Koordinator vor Ort", so Nahost-Experte Eckart Woertz.
Das sind die Feinde und Verbündeten des Irans im Überblick:
Bild: watson.ch
Der Iran ist längst nicht nur im Irak aktiv:
In Syrien und im Irak unterstützt der Iran schiitische Milizen. Diese verübten immer wieder Anschläge auf US-Soldaten. An der Seite von Soleimanis Einheiten waren diese Gruppen im Irak auch im Einsatz gegen den radikal-islamischen IS, einige von ihnen kämpften zudem im syrischen Bürgerkrieg aufseiten von Präsident Baschar al-Assad.
Die schiitische Hisbollah im Libanon, die immer wieder in Auseinandersetzungen mit Israel verwickelt ist, kann sogar als Staat im Staate bezeichnet werden.
Im Jemen kämpfen die mit dem Iran verbündeten Huthi seit knapp fünf Jahren gegen eine von Saudi-Arabien angeführte Militärallianz.
Masterplan für mehr Macht im Nahen Osten?
"Der Iran möchte seinen Einfluss im Libanon beibehalten, in Syrien stabilisieren und den Irak als schiitischen Staat unter den eigenen Einfluss bringen", sagt Außenpolitik-Experte Thomas Jäger im Interview mit watson. Bisher nutzte der Iran ein Netzwerk im Irak und Syrien, um eine Achse von Teheran bis zum Mittelmeer zu bilden.
Wenn der Iran seinen Einfluss im Irak ausbauen könnte, wäre der Irak laut Experteneinschätzungen ein möglicher Logistik-Stützpunkt für die iranischen Operationen in der Region. Das war bisher so nicht möglich, schließlich hatten die USA ihre Truppen ebenfalls im Irak
"Das strategische Ziel des Iran ist es, die Amerikaner aus der Region zu vertreiben", so Außenpolitik-Experte Thomas Jäger. Sollten die USA, wie von der irakischen Regierung gefordert, ihre Truppen aus dem Irak abziehen, wäre der Iran seinem Ziel ein gutes Stück näher – schärfere Wirtschaftssanktionen hin oder her.
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