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Ukraine-Krieg: Die Lage im Atomkraftwerk bei Saporischschja in 7 Punkten

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Ein russischer Soldat vor dem Atomkraftwerk in Saporischschja.Bild: Imago / SNA
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"Alarmierende" Vorfälle rund um Atomkraftwerk – die Lage bei Saporischschja in 7 Punkten

08.08.2022, 11:59
Dario Bulleri / watson.ch
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In der Ukraine spitzt sich die heikle Lage um das Atomkraftwerk Saporischschja weiter zu: Am Sonntag kam es auf dem Gelände im Süden des Landes erneut zu Schüssen. Bereits am Freitag war es zu einer ähnlichen Meldung gekommen.

Die UN und die Internationale Atomenergiebehörde warnen nun vor der Gefahr einer nuklearen Katastrophe.

Die Ukraine und Russland weisen beide die Vorwürfe zurück, für die Angriffe verantwortlich zu sein. Eine Übersicht:

Das vermeldet Russland

Die russische Nachrichtenagentur Interfax vermeldete am Sonntag, die ukrainische Armee habe eine Rakete auf das AKW-Gelände Saporischschja abgefeuert. Dabei berief sich die Agentur auf Angaben der Besatzungsverwaltung der Stadt Enerhodar, in welcher das Kraftwerk liegt.

Die Stadt gehört zur Südukraine, wurde aber im März von russischen Streitkräften besetzt. Auch das Gelände des AKWs steht unter russischer Kontrolle.

Das vermeldet die Ukraine

Die Ukraine wies die russischen Vorwürfe umgehend zurück. Behörden bestätigten zwar den Beschuss, berichteten aber, die Russen seien für diesen verantwortlich.

Die ukrainische Atombehörde Energoatom gab an, hunderte russische Soldaten hätten sich kurz vor der Explosion in Bunkern versteckt. Beim Angriff sei dann ein Lager abgebrannten Kernbrennstoff getroffen sowie Sensoren zur Strahlenmessung beschädigt worden.

Ukraine Russia Military Operation 8136360 08.03.2022 This aerial view shows the Zaporozhye nuclear power plant located in the steppe zone on the shore of the Kakhovsky reservoir in the city of Energod ...
Die Anlage des Atomkraftwerks in Saporischschja.Bild: Imago / SNA

Die Angaben beider Seiten konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Was sagt Selenskyj dazu?

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich zu den Vorfällen in Saporischschja. Er habe EU-Ratspräsident Charles Michel über den jüngsten Angriff informiert, berichtete er am Sonntag. Zudem habe er wegen des Angriffes neue Sanktionen gefordert. Selenskyj schrieb auf Twitter.

"Russlands nuklearer Terror erfordert eine stärkere Reaktion der internationalen Gemeinschaft: Sanktionen gegen die russische Nuklearindustrie und Kernbrennstoffe."

In seiner täglichen Videoansprache erneuerte er am Abend dann seine Vorwürfe und forderte eine "prinzipielle Antwort der Weltgemeinschaft" auf die Vorfälle.

Was sagen internationale Organisationen?

Die UN zeigten sich wegen der Berichte über die Vorfälle in Saporischschja alarmiert. Jegliche Angriffe auf ein Atomkraftwerk seien "selbstmörderisch", so Generalsekretär António Guterres.

Ebenfalls besorgt zeigte sich am Freitag die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), deren Chef Rafael Grossi die Situation um das Kraftwerk in der Südukraine als "alarmierend" bezeichnete. Die Angriffe hätten "die sehr reale Gefahr einer nuklearen Katastrophe" gezeigt, so Grossi. Diese könne die öffentliche Gesundheit und die Umwelt in der Ukraine und darüber hinaus bedrohen.

Die IAEA forderte, Zugang zur Anlage zu bekommen. Ein solcher würde helfen, unabhängige Informationen über den Zustand des AKWs zu liefern, so Grossi.

Wie steht es um das AKW?

Dies lässt sich derzeit nicht abschließend beantworten – es fehlt momentan an unabhängigen Angaben. Die IAEA berichtete, dass bei den ersten Schüssen am Freitag auf dem Gelände Schäden entstanden, die Reaktoren aber unversehrt geblieben seien. Radioaktivität sei somit keine ausgetreten.

Zu den Schäden nach den Vorfällen am Sonntag konnte sich die IAEA noch nicht äußern. Die ukrainische Atombehörde Energoatom gab an, ein "Hilfsgebäude" sowie eine Stick- und Sauerstoffstation seien schwer beschädigt worden. Zudem sei durch die Luftangriffe das "Notfallschutzsystem" ausgelöst worden, welches dazu geführt haben soll, dass einer der beiden Reaktoren abgeschaltet werden musste. Energoatom warnte, es bestünde nach wie vor die Gefahr, dass radioaktiver Strahlung austrete sowie ein erhöhtes Brandrisiko.

Six power units generate 40-42 billion kWh of electricity making the Zaporizhzhia Nuclear Power Plant the largest nuclear power plant not only in Ukraine, but also in Europe, Enerhodar, Zaporizhzhia R ...
Laut dem Betreiber Energoatom musste ein Reaktor abgeschaltet werden.Bild: www.imago-images.de / Ukrinform

Warum kommt es immer wieder zu Kämpfen beim AKW?

Seit Wochen wird berichtet, dass russische Truppen das AKW als Schutzschild benutzen würden. "Die russische Armee verwendet das Atomkraftwerk in erster Linie als Munitionslager", so Militärexperte Gustav Gressel gegenüber ZDF. "Sie weiß, dass die ukrainische Armee Hemmungen haben wird, das AKW selber anzugreifen und durch eine Explosion der Munition das AKW zu riskieren."

Für dieses Vorgehen war Russland zuletzt von der EU kritisiert worden. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte die Aktivitäten rund um Saporischschja als "ernsten und unverantwortlichen Bruch atomarer Sicherheitsregeln" bezeichnet. Die EU hatte dieses Verhalten ebenfalls verurteilt und Zugang für das IAEA zur Anlage gefordert.

Was ist am AKW Saporischschja besonders?

Das Atomkraftwerk Saporischschja wurde im Jahr 1985 rund 50 Kilometer vor der gleichnamigen Großstadt in Betrieb genommen. Es hat sechs Reaktorblöcke und eine installierte Nettoleistung von 5700 MW. Damit ist es nicht nur das leistungsstärkste AKW der Ukraine, sondern von ganz Europa. Seit dem Wegfall des Kraftwerks in Tschernobyl gilt es als essenziell für die Energieversorgung der Ukraine.

Russland besetzte die Anlage kurz nach dem Beginn des Angriffskriegs und kontrolliert das Kraftwerk seit März. Betrieben wird es aber bis heute vom ukrainischen Staatskonzern Energoatom.

Seit der russischen Besetzung kam es immer wieder zu heiklen Situationen rund um das AKW. Die russische Armee soll gemäß einem Bericht der "New York Times" das Kraftwerk als Festung verwendet, aus welcher man Geschütze abfeuert. Experten befürchten, dass ein Fehler bei Gefechten zu einer nuklearen Katastrophe führen könnte.

Täglicher Blutzoll: Warum Moskau die Werbung für Rekrutierung reduziert

An der Front sterben im Ukraine-Krieg tagtäglich zahlreiche Menschen. Laut "Meduza" und "Mediazona" verlor die russische Armee im Sommer 2024 zwischen 200 und 250 Soldaten am Tag. Einschließlich Schwerverletzter belaufen sich die unwiederbringlichen Verluste auf 600 bis 750 Menschen pro Tag.

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