Nachdem die EU-Kommission Deutschland in puncto Aussetzen der Mehrwertsteuer für Gas eine Absage erteilt hat, kristallisieren sich erste Vorschläge heraus, wie die Bürger:innen trotzdem entlastet werden könnten.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte die EU-Kommission gebeten, eine Ausnahme machen zu dürfen: Seine Idee war, dass Bürger:innen auf die Gasumlage keine Mehrwertsteuer zahlen müssen. Das verstößt allerdings gegen eine EU-Richtlinie.
Durch die Umlage wird das Gas ab Herbst deutlich teurer. Die darauf erhobene Mehrwertsteuer dürfte die Bürger:innen zusätzlich belasten.
Was die finanz- und wirtschaftspolitischen Sprecher:innen der demokratischen Parteien vorschlagen, um die Bürger:innen zu entlasten, hat watson für euch nachgefragt.
Innerhalb der Ampel-Koalition, meint Michael Schrodi, werden verschiedene Vorschläge zur finanziellen Entlastung der Bürger:innen diskutiert. Vorschläge sollten zügig mit der Kommission besprochen werden – schnell genug, damit das umgesetzt werden könnte, sobald die Umlage erhoben wird.
Schrodi sagt auf watson-Nachfrage:
Für Schrodi stellen Direktzahlungen ein besonders sinnvolles Instrument dar. Sie seien zielgerichtet und sozial gerecht.
Der Grund für seine Einschätzung:
Eine Umsatzsteuerabsenkung aufgrund der steigenden Preise könnte hingegen nur wenig wahrgenommen werden. Außerdem sei zu befürchten, dass die Steuererleichterungen nicht bis an die Verbraucher:innen weitergetragen würden. Mit Blick auf die Idee der Absenkung der Mehrwertsteuer auf die Gasumlage sagt Schrodi:
Das wäre aber mit hohem administrativem Aufwand verbunden, weshalb unklar sei, wie schnell das umsetzbar wäre. Auch hier wäre nicht garantiert, dass die Unternehmen die Einsparungen durch einen solchen Sondersteuersatz an die Verbraucher:innen weitergeben würden.
Andreas Audretsch findet, die Gasumlage ist nötig und richtig. Doch darauf Mehrwertsteuer zu erheben, sei falsch. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag meint gegenüber watson, es gehe darum, die Gasversorgung zu stabilisieren, nicht Steuern einzunehmen.
Zur möglichen Entlastung meint Audretsch:
Das 9-Euro-Ticket führt Audretsch als wichtige Maßnahme an, die es weiterzuführen gelte.
Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen, fordert die Fortführung des 9-Euro-Tickets, um unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden.
Janecek regt außerdem an:
Die Bundesregierung, meint FDP-Politiker Reinhard Houben gegenüber watson, hat alles versucht, um eine Erhebung der Mehrwertsteuer auf die Gasumlage in Brüssel zu verhindern. Nun gelte es, gemeinsam mit der Kommission die beste Möglichkeit zu finden, noch höhere Kosten für private Haushalte zu verhindern.
Houben sagt:
Dass die EU-Kommission den Mehrwertsteuerverzicht abgelehnt hat, sei nicht überraschend, meint Antje Tillmann gegenüber watson. Sie ist finanzpolitische Sprecherin ihrer Fraktion im Bundestag. Das EU-Recht sehe ausdrücklich vor, die Mehrwertsteuer auch auf im Preis enthaltene Steuern, Zölle und Abgaben zu erheben.
Tillmann möchte die Bürger:innen über einen gesenkten Mehrwertsteuersatz entlasten. Sie sagt:
Unter den neuen Voraussetzungen der steuerpflichtigen Gasumlage forderten Tillmann und ihre Fraktion die Regierung auf, diesen Vorschlag aus dem Winter zu überdenken.
Tillmann sagt:
Ihre Fraktion sei bereit, die Reduktion der Mehrwertsteuer auf Gas auf die Erhebungsdauer der Umlage zu befristen, sollte das eine Einigung mit der Koalition ermöglichen. Der Vorschlag der Union ist, meint Tillmann, sozial ausgewogen – weil er sich am Verbrauch ausrichte.
Sie führt aus:
Tillmann fordert die Regierung zum schnellen Handeln auf, denn nur so könne das Gesetzgebungsverfahren bis zur erstmaligen Erhebung der Gasumlage im Oktober abgeschlossen sein.
Die Gas-Umlage sei von Anfang an eine schlechte Idee gewesen, meint Christian Görke gegenüber watson. Seine Fraktion habe schon im Februar gefordert, die Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf 7 Prozent zu senken.
Die Ampel schaffe durch die Gas-Umlage ein Wirrwarr und durch die Vorschläge zu Entlastungsmaßnahmen ein Bürokratiemonster. Die Ampel solle die Notbremse ziehen. Das heißt, sagt Görke:
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Christian Leye, holt zum Rundumschlag aus:
Leye nennt Gas-Umlage und Maßnahmen-Ideen gegen damit verbundene Belastungen ein "unwürdiges Schauspiel" – das "Verarmungsprogramm" müsse beendet werden, bevor es in Kraft trete. Stattdessen müssten die extrem Reichen und ihre Konzerne zur Kasse gebeten werden.
Leye sagt:
Entsprechende Vorschläge habe seine Fraktion immer wieder vorgelegt.