"Legalize it, don't critizise it" – mit diesem Lied besang einst der Reggaekünstler Peter Tosh die Vorteile von Marihuana. Von seiner Forderung, Cannabis vor allem für medizinische Zwecke zu legalisieren, war man damals im Jahr 1976 noch weit entfernt. So wurde Toshs gleichnamiges Album "Legalize it" vier Jahre nach der Veröffentlichung von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert.
Das waren andere Zeiten für Marihuana:
Spätestens seit dem Rezo-Video, das prominent die Glaubwürdigkeit von Mortler anzweifelte, könnte sich die Frage stellen, ob auch der politische Widerstand der Regierungsparteien jetzt endgültig fällt. Aber so einfach ist es dann doch nicht, denn auch unter Experten und Suchtmedizinern gibt es durchaus Streit darüber, ob eine Legalisierung tatsächlich sinnvoll ist.
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie betont in einer Stellungnahme die gesundheitlichen Gefahren, denen insbesondere Jugendliche durch den Konsum von Cannabis ausgesetzt sind.
Der Jugendschutz ist jedoch auch ein Anliegen derjenigen, die eine Legalisierung von Cannabis fordern. Prof. Dr. Justus Haucap vom Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität ist der Überzeugung, dass ein legaler Markt mehr Sicherheit bringen könnte.
Ein legaler Markt dagegen bringe Vorteile:
Auch die sind widersprüchlich. Zahlen aus dem US-Bundesstaat Colorado, wo Cannabis seit 2012 legal auf dem Markt erhältlich ist, scheinen zu belegen, dass der Konsum unter Teenagern rückläufig ist. Auch insgesamt könne man keine drastische Steigerung des Cannabiskonsums beobachten, sagt auch Haucap.
In Kanada, wo seit vergangenem Jahr Cannabis legal erhältlich ist, ist jedoch die Zahl der Konsumenten seit der Legalisierung stark angestiegen. "Es wäre wichtig zu beobachten, ob das ein einmaliger Effekt oder ein dauerhafter Anstieg ist“, sagt Haucap. Ein Anstieg des Cannabiskonsums ist derzeit auch in Deutschland zu beobachten, trotz der fehlenden Legalisierung.
Einer der Hauptgründe des steigenden Konsums sei das Bagatellisieren von Cannabis, sagt Prof. Dr. Gunnar Duttge von der Abteilung für strafrechtliches Medizin- und Biorecht an der Georg-August-Universität Göttingen.
Justus Haucap sieht allein durch den Anstieg der Anzahl der Konsumenten allerdings keine Gefahr. Er sagt: "Wenn man sich die Statistiken anschaut, gibt es auch in Deutschland einen großen Teil von Gelegenheitskonsumenten. Gesundheitsschäden entstehen nicht bei Menschen, die das hin und wieder einmal probieren. Das Problem sind eher Dauerkonsumenten."
Duttge wiederum meint: Natürlich treffe es nicht jeden, aber es handele sich auch nicht nur um Einzelfälle. "Es gibt vergleichsweise viele Jugendliche, die den Absprung nicht schaffen", sagt er. Es handele sich um einen schleichenden Prozess und die eigentliche Sucht würde oft zu spät bemerkt. "Jeder glaubt daran, dass es ihm nicht passieren wird“, sagt er. Das Recht sei demnach ein geeignetes und unverzichtbares Mittel, Menschen rechtzeitig vorzuwarnen, so der Rechtswissenschaftler.
Eine weitere wichtige Rolle in der Legalisierungsdebatte spielen neben Jugend- und Gesundheitsschutz oft auch wirtschaftliche Argumente. Haucaps Institut hat Ende vergangenen Jahres im Auftrag des Deutschen Hanfverbandes in einer Studie den ökonomischen Nutzen einer Legalisierung von Cannabis errechnet. Natürlich spiegelt sich darin auch eine positive Grundhaltung gegenüber der Legalisierung wider.
"Einer der wesentlichen ökonomischen Vorteile, die man sich von der Legalisierung erhofft, ist das Austrocknen des Schwarzmarkts", sagt Haucap deshalb. Die Steuereinnahmen seien ein angenehmer Nebeneffekt.
Während Haucap also durchaus Vorteile für die Legalisierung sieht, warnt Gunnar Duttge vor einer falschen Prioritätensetzung.
Immerhin gebe es in der deutschen Rechtsordnung eine klare Priorisierung des Gesundheitsschutzes.
Beim Thema "Schwarzmärkte" hält Haucamp eher polizeiliches Durchsetzungsvermögen für entscheidend. "Man muss das Übel da packen, wo es sich befindet, indem man polizeiliche Maßnahmen intensiviert und die internationale Zusammenarbeit in dem Bereich verstärkt“, sagt er. Er ist überzeugt, dass sich selbst bei einer Legalisierung ein Schwarzmarkt für Cannabisprodukte nicht beseitigen lasse. "Natürlich wird es immer Schwarzmärkte geben", sagt auch Haucap. "Aber die wären ein viel kleineres Problem als jetzt. Denn der Verbraucher zieht in der Regel ein Produkt vor, welches eine Qualitätskontrolle unterlaufen hat und keine gesundheitsgefährdenden Streckmittel enthalten könnte."
In der allgemeinen Bevölkerung in Deutschland steigt die Akzeptanz von Cannabis in den vergangenen Jahren.
Das Institut stellte zudem eine Steigerung von sieben Prozent an Legalisierungsbefürwortern innerhalb eines Jahres fest. Diese Ergebnisse zeigen aber auch: Mit 52 Prozent ist mehr als die Hälfte der Deutschen nach wie vor gegen eine Legalisierung von Cannabis. Klar ist, die Meinungen sind stark zum Thema: Kaum einer enthielt sich bei dieser Umfrage.