Haseloff entschied damit nach wochenlangen existenziellen Streitigkeiten der Koalition doch selbst und lässt nun erst gar nicht über den Entwurf abstimmen.Bild: dpa / Uli Deck
Deutschland
08.12.2020, 11:4008.12.2020, 18:13
Nach der Entscheidung Sachsen-Anhalts im Streit um den Rundfunkbeitrag, mit der die geplante bundesweite Beitragsanhebung zunächst blockiert wird, wollen ARD und ZDF vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Das kündigten die Sender am Dienstag an. "Eine Verfassungsbeschwerde ist leider unausweichlich", erklärte der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow. ZDF-Intendant Thomas Bellut erklärte, es bleibe "leider keine andere Möglichkeit, als das Bundesverfassungsgericht anzurufen".
Ohne die ausreichende, unabhängig ermittelte Finanzierung werde das Programmangebot leiden, kritisierte Buhrow. Er bedauere das Ergebnis des Streits in Sachsen-Anhalt. ZDF-Intendant Bellut monierte, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei "ganz offenbar zum Spielball der Politik in einem Bundesland" geworden.
Sachsen-Anhalt: Haseloff nimmt Gesetzentwurf
Sachsen-Anhalt blockiert die Erhöhung des
Rundfunkbeitrags in Deutschland. Ministerpräsident Reiner Haseloff
(CDU) habe den Gesetzentwurf zum entsprechenden Staatsvertrag vor der
entscheidenden Abstimmung im Landtag zurückgenommen, teilte die
Staatskanzlei am Dienstag mit. Damit erübrige sich die weitere
Befassung mit dem Entwurf im Parlament. Faktisch bedeutet das eine
Blockade der geplanten Beitragsanpassung. Stimmen nicht alle
Landesparlamente dem Vorhaben bis Jahresende zu, ist es gekippt.
Haseloff entschied damit nach wochenlangen existenziellen
Streitigkeiten der Koalition doch selbst. Die Fraktionen von CDU, SPD
und Grünen hätten mitgeteilt, dass es unterschiedliche Auffassungen
zum Staatsvertrag gebe, hieß es aus der Staatskanzlei. Daraus folge,
dass es im Landtag keine Mehrheit für das Vorhaben gebe.
CDU im Dilemma: Ablehnung des Antrags wäre nur mit AfD gegangen
Die CDU betonte trotz zahlreicher Krisentreffen mit den
Bündnispartnern ununterbrochen, dass sie auf keinen Fall einer
Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent auf 18.36 Euro zum 1. Januar
2021 zustimmen werde. SPD und Grüne wollten das Vorhaben aller Länder
hingegen mittragen.
Die CDU hätte ihr Veto auch gegen den Willen der
Koalitionspartner mit den Stimmen der oppositionellen AfD durchsetzen
können. Diese lehnt die Erhöhung und das System des Rundfunkbeitrags
an sich ab. Eine gemeinsame Abstimmung seiner CDU mit der AfD wollte
Haseloff aber auf jeden Fall vermeiden.
Aus der Kenia-Koalition vorerst abgewandt
SPD und Grüne hatten zudem angekündigt, im Fall eines gemeinsamen
CDU-AfD-Vetos keine Zukunft mehr für die seit 2016 regierende
bundesweit erste Kenia-Koalition zu sehen. Diesem Szenario geht
Haseloff jetzt mit seinem Schritt zunächst aus dem Weg. "Mit dieser
Lösung geht die Koalition gefestigt aus der Krise hervor und wird
ihre Arbeit zum Wohle des Landes bis zum Ende der Legislaturperiode
fortsetzen." In Sachsen-Anhalt wird am 6. Juni 2021 gewählt.
Was jetzt mit dem höheren Rundfunkbeitrag passiert, ist offen. Es
gilt als ausgemacht, dass öffentlich-rechtliche Sender vor dem
Bundesverfassungsgericht die von einer unabhängigen Kommission
ermittelte Erhöhung einzuklagen versuchen. Zahlreiche
Ministerpräsidenten hatten in den vergangenen Tagen um Zustimmung zum
Staatsvertrag aus Sachsen-Anhalt gebeten und Nachverhandlungen
abgelehnt.
(hau/dpa)
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