Die Ergebnisse bei den Großen sind längst bekannt und breit diskutiert: Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind die Landeschefs Winfried Kretschmann und Malu Dreyer gestärkt worden, die CDU hat empfindlich verloren, die Grünen haben zugelegt, die AfD ist geschrumpft. Aber was war unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde los – außer der (erwartbaren) Tatsache, dass die Linken in beiden Ländern weiterhin außerhalb des Parlaments bleiben?
In Baden-Württemberg wie in Rheinland-Pfalz waren zwei bemerkenswerte junge Parteien angetreten: die Klimaliste, die für eine radikale Klimaschutzpolitik eintritt, um das 1,5-Grad-Ziel des Abkommens von Paris einzuhalten – und die proeuropäische Partei Volt, die für eine deutlich stärkere Integration Europas eintritt.
Ein wirklich überraschendes Ergebnis hat keine der beiden Parteien erreicht.
Die Klimaliste hat in Baden-Württemberg – wo die Grünen um Ministerpräsident Kretschmann eine gewisse Furcht vor der jungen Partei geäußert hatten – 0,9 Prozent der Stimmen erreicht, gut 42.000 Menschen haben ihr Kreuz bei ihr gemacht. Damit ist die Partei unter der Schwelle von 1 Prozent gelandet, ab der man Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung bekommt.
In sozialen Netzwerken wurde dennoch vereinzelt Kritik an der Klimaliste laut: Ihr Stimmenanteil habe eine mögliche Landtagsmehrheit für eine Koalition aus Grünen und SPD (und ohne Beteiligung der FDP) verhindert. In dieser Konstellation, so die Kritiker, hätten die beiden Parteien im Land deutlich mehr für den Klimaschutz erreichen können.
Diesen Effekt hat unter anderem "taz"-Journalist Malte Kreutzfeldt behauptet – ohne daraus allerdings eine explizite Kritik abzuleiten.
Die @KlimalisteBW hat in Baden-Württemberg 0,9 % der Stimmen bekommen - und damit wohl dafür gesorgt, dass es für Grün-Rot nicht reicht, sondern CDU oder FDP an der Regierung beteiligt sein werden.
— Malte Kreutzfeldt (@MKreutzfeldt) March 14, 2021
Wirklich belegen lässt sich dieser Effekt nicht: Die Statistiken zur Wählerwanderung von infratest-dimap ergeben lediglich, dass von den Grünen 105.000 Wähler zu kleineren Parteien abgewandert sind. Gleichzeitig haben die Grünen demnach 220.000 Wähler von anderen Parteien außer der SPD dazugewonnen.
Klimalisten-Kandidat Alexander Grevel weist den Vorwurf zurück. Gegenüber watson erklärt er:
In Rheinland-Pfalz ist die Klimaliste bei 0,7 Prozent gelandet, 13.694 Menschen haben dort für sie gestimmt.
Die Europapartei Volt hat in einem der beiden Bundesländer das Minimalziel erreicht, das mehrere Kandidaten dort ausgegeben hatten: In Rheinland-Pfalz erhielt sie 1 Prozent der Stimmen, 19.227 Menschen stimmten für Volt. Damit ist die Partei berechtigt, Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu erhalten. In einem Tweet verwies der Volt-Landesverband darauf, dass die Partei in einigen Stimmbezirken (der kleinsten lokalen Einheit, von der die Ergebnisse veröffentlicht werden) stärker als AfD, FDP oder Freie Wähler war.
Fast 20.000 Menschen haben uns bei der #ltwrlp2021 ihr Vertrauen geschenkt - DANKE!💜 Damit konnten wir unser Ergebnis im Vergleich zur Europawahl bei der #Landtagswahl2021 (trotz 5%-Hürde) verdoppeln. In einigen Stimmbezirken sind wir stärker als AfD, FDP oder FW.😍
— Volt Rheinland-Pfalz (@VoltRlp) March 14, 2021
In Baden-Württemberg schnitt Volt nur halb so gut ab. 0,5 Prozent der Wähler dort stimmten für die Partei, in absoluten Zahlen waren das 22.270 Stimmen. Einen Achtungserfolg erreichte Volt-Kandidatin Chantal Graßelt, mit der watson vor der Landtagswahl gesprochen hatte: Sie holte in Heidelberg 2,2 Prozent der Stimmen, das stärkste Ergebnis der Partei landesweit.