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3G in Bus und Bahn kommt: Doch Verdi warnt bereits jetzt vor gefährlichen Situationen

FOTOMONTAGE: Oeffentlicher Personenverkehr in Bussen und Bahnen nur noch nach der 3G Regel-Geimpft,Genesen,Getestet Einfuehrung FFP2 Maskenpflicht im oeffentlichen Personennahverkehr. Junge Frau steig ...
Die 3G-Regel gilt voraussichtlich schon ab Mittwoch bundesweit: Eine Frau steigt in eine U-Bahn der MVG in München – Zutritt nur geimpft, genesen oder mit gültigem Corona-Schnelltest.Bild: www.imago-images.de / Frank Hoermann/SVEN SIMON
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3G in Bus und Bahn kommt: "Kontrollen müssen geschultes Sicherheitspersonal oder Ordnungsbehörden durchführen" – Verdi warnt bereits jetzt vor Eskalationen

23.11.2021, 14:4424.11.2021, 12:11
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"Beförderung nur mit gültigem Fahrausweis" – so steht es an Bahnhöfen und Türen von Bussen und Bahnen. Doch ein gültiges Ticket reicht für die Fahrt in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr aus. Schon längst haben sich Fahrgäste in den letzten Monaten an die Fahrt mit einer medizinischen Maske oder einer FFP2-Maske gewöhnt.

Jetzt kommt noch eine weitere Bedingung hinzu – wird diese nicht erfüllt, droht ein Beförderungsausschluss: Ab dieser Woche MIttwoch soll 3G im öffentlichen Nah- und Fernverkehr gelten, also in allen Bussen, Bahnen und auf Inlandsflügen.

Einführung von 3G im Nah- und Fernverkehr ab Mittwoch

Fahrgäste müssen also neben einem gültigen Fahrschein und – je nach Bundesland – einer FFP2- oder medizinischen Maske künftig auch einen 3G-Nachweis vorweisen können. 3G bedeutet: Fahrgäste sind entweder geimpft, genesen oder getestet. Dabei reicht ein Corona-Schnelltest, der nicht älter als 24 Stunden ist.

Wie die Deutsche Bahn, die Fluggesellschaften Lufthansa und Ryanair und die regionalen Verkehrsgesellschaften die neue Regel umsetzen wollen und wie der Fahrgastverband Pro Bahn und Epidemiologe Timo Ulrichs die geplanten Maßnahmen einschätzen, hat watson für euch hier zusammengefasst.

Kontrollen im Nahverkehr: Verdi warnt vor gefährlichen Situationen für Beschäftigte

Im Vorfeld hatte sich die Deutsche Bahn bereits offen gezeigt für die 3G-Regel in ihren öffentlichen Verkehrsmitteln. Doch die Frage nach den Kontrollen blieb: Wer ist dafür zuständig?

Die Gewerkschaft Verdi und die Verkehrsbetriebe sehen die Aufgabe nicht bei den Mitarbeitenden der Bahnen. Verdi fordert gegenüber watson geschultes Sicherheitspersonal und eine Beteiligung der Ordnungsbehörden. Verdi-Sprecher Volker Nüsse erklärt die Forderung so: "Die Maskenkontrollen haben bereits zu gefährlichen Situationen und Übergriffen auf Busfahrer geführt."

In Ländern wie Italien funktionieren die Kontrollen anscheinend reibungslos. Auf die Frage, ob Reisende in Deutschland so viel aggressiver eingestellt seien, antwortet Nüsse: "Ich weiß nicht, ob sie aggressiver eingestellt sind, aber ein erhöhtes Aggressionspotenzial gibt es auf jeden Fall."

Laut dem vorläufigen Beschluss der Änderung am Infektionsschutzgesetz sind Verkehrsunternehmen angehalten, die Kontrollen der 3G-Maßnahmen durchzuführen. Nüsse fordert dazu klar: "Diese Kontrollen müssen geschultes Sicherheitspersonal oder Ordnungsbehörden durchführen." Verdi gehe davon aus, sagt Nüsse, dass sich die Kontrollen nicht ohne dieses Sicherheitspersonal durchführen lassen. Nüsse betont:

"Die Kontrollen können den Mitarbeitenden, beispielsweise am Steuer von Bussen, nicht zusätzlich zu ihrer Arbeit übertragen werden."
Verdi-Sprecher Volker Nüsse zur Diskussion, wer die 3G-Kontrollen übernehmen soll.

Die Polizeigewerkschaften sehen sich jedoch ebenfalls nicht in der Verantwortung. "Wir sind keine Gesundheitspolizei", sagte Andreas Roßkopf, Vorsitzender des Bezirks Bundespolizei der Gewerkschaft der Polizei, dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland".

Deutsche Bahn hält Einsatz der Polizei für möglich

Die Bahn zeigte sich offen für 3G, doch wie steht es um die konkrete Umsetzung der Maßnahmen? Seitens der Deutschen Bahn hieß es am Freitag gegenüber watson:

"Die DB bereitet sich auf die Umsetzung der jüngsten Beschlüsse von Bund und Ländern zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vor."
Sprecher der Deutschen Bahn

Am Dienstag heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Bahn dann:

"In den Zügen und Bussen der Deutschen Bahn (DB) gilt ab dem 24. November die 3G-Regel. Sofern Fahrgäste nicht geimpft oder genesen sind, müssen sie einen Nachweis über einen negativen Corona-Test mit sich führen."

Die DB setze damit die jüngsten Beschlüsse von Bund und Ländern zur Bekämpfung der Corona-Pandemie um. Auch zu den Kontrollen gibt es mittlerweile ein Konzept: "Die Kontrolle in den Zügen erfolgt stichprobenartig durch DB Sicherheits- und Kontrollpersonal." In der Erklärung heißt es dazu: "Allein im Fernverkehr sind in den ersten Tagen nach Inkrafttreten der neuen Regeln Kontrollen auf 400 Verbindungen geplant." Und auch von einem Einsatz der Polizei ist die Rede: Sollte die DB einen Beförderungsausschluss aussprechen müssen, könne sie die Bundespolizei bei Problemen um Unterstützung bitten.

MVG wird stichprobenartige Kontrollen durchführen

In Bayern gelten ab Dienstag flächendeckende 2G-Regeln. Auch auf die anstehenden 3G-Regeln bereitet sich die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bereits vor. Gegenüber watson erklärt Johannes Boos, ein Sprecher der Stadtwerke München (SWM), zu denen die MVG zählt, die MVG werde der Pflicht der Kontrollen nachkommen:

"Laut Infektionsschutzgesetz sind die Beförderer verpflichtet, stichprobenartige Kontrollen durchzuführen. Dieser Pflicht werden wir natürlich nachkommen."
Johannes Boos, Sprecher der Stadtwerke München, zu denen die Münchner Verkehrsgesellschaft zählt.

Kölner Verkehrsbetriebe: "Können keine lückenlosen Kontrollen gewährleisten"

Die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) hingegen sehen die anstehenden Kontrollen der 3G-Maßnahmen kritisch. Sie teilten auf watson-Anfrage mit, dass sie eine lückenlose Kontrolle von 3G in Zügen und Bahnen nicht gewährleisten können:

"Die Kontrolle von 3G-Regeln im ÖPNV wird für alle Unternehmen eine Herausforderung. In einem offenen System mit täglich mehreren Hunderttausend Fahrgästen, mit kurzen Abständen zwischen den Haltestellen und häufigem Fahrgastwechsel, können wir keine lückenlosen Kontrollen gewährleisten."

Außerdem bestehe im ÖPNV eine Beförderungspflicht der Fahrgäste, erklärt KVB-Sprecher Matthias Pesch gegenüber watson, "die nur unter ganz bestimmten Kriterien ausgesetzt werden darf." Wie das im Detail umgesetzt werden solle, sei noch zu klären, sagt Pesch.

BVG spekuliert auf "enge Partnerschaft mit den Behörden"

In einer ähnlichen Situation befinden sich derzeit auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die Hessische Landesbahn (HLB). Die beiden regionalen Verkehrsbetriebe befinden sich ebenfalls in der internen Abstimmung, wie die 3G-Regeln umgesetzt werden können, teilen die BVG und die HLB auf Anfrage von watson mit.

Dabei setze die BVG laut Sprecher Jannes Schwentu vor allem auf die Behörden:

"Wir bereiten aktuell die vom Gesetzgeber vorgesehenen Stichproben vor und setzen dabei natürlich auch auf unsere enge Partnerschaft mit den Behörden."
BVG-Sprecher Jannes Schwentu

Die HLB hingegen steht aktuell vor einem weiteren Problem, wie Unternehmenssprecherin Sabrina Walter gegenüber watson sagt: "Zunächst stehen wir jedoch vor der internen Herausforderung, 3G in unserer Belegschaft umzusetzen, ohne, dass der reibungslose Betrieb durch die Testverfahren für ungeimpfte Mitarbeitende im Fahrdienst gefährdet ist."

HVV diskutiert "Einführung einer Vertragsstrafe bei Nicht-Einhaltung der 3G-Regelung"

Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) hat am Dienstag ein 3G-Konzept vorgelegt, das umfassende Kontrollen der Maßnahmen beinhaltet. Demnach will der HVV "stichprobenhaft durch die mehr als 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Prüf- und Sicherheitsdienste der Verkehrsunternehmen im Rahmen der regelhaften Fahrkarten- und Maskenkontrollen" der Kontrolle der 3G-Pflicht nachkommen.

Auch auf einen Verstoß der 3G-Regeln kommt der HVV in seiner Mitteilung zu sprechen. Dort heißt es: Ein Verstoß stelle eine Ordnungswidrigkeit dar und könne gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) mit einem Bußgeld geahndet werden. Die Höhe dessen ist bisher nicht bekannt. Ebenso würde der HVV "die Einführung einer Vertragsstrafe bei Nicht-Einhaltung der 3G-Regelung" prüfen.

Stichprobenkontrollen im Flugzeug

Doch die 3G-Regeln werden nicht nur im öffentlichen Schienenverkehr gelten: Reisende müssen sich auch bei Flugreisen auf eine Kontrolle der 3G-Regeln einstellen. Dazu teilt Claudia Nehring, eine Sprecherin des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, auf watson-Anfrage mit: "Bei Stichprobenkontrollen müssen Reisende die entsprechenden Nachweise über Impf-, Genesungs- bzw. Teststatus vorweisen können." Weiter betont Nehring im Hinblick auf die geplanten Maßnahmen: "Die Luftverkehrsbranche wird das entsprechend umsetzen."

Auf Anfrage von watson teilt auch die Fluggesellschaft Eurowings mit, dass sie die Maßnahmen umsetzen, sobald diese offiziell in Kraft getreten sind. Florian Gränzdörffer, ein Sprecher von Eurowings, erklärt gegenüber watson:

"Sobald die Vorgaben in Kraft treten, werden wir die neuen Regeln umsetzen und unsere Kunden informieren. Die Gäste müssen den Nachweis dann bei Aufforderung vorweisen können."
Eurowings-Sprecher Florian Gränzdörffer

Zudem gibt Eurowings Entwarnung im Hinblick auf ein mögliches Chaos bei der Umsetzung der Maßnahmen:

"Da die 3G-Regel für viele Reisen ins Ausland bereits gilt, führen die meisten Fluggäste heute schon einen der nötigen Nachweise mit sich. Unsere etablierten und mit Politik und Behörden abgestimmten Schutzkonzepte haben sich bewährt und ermöglichen sicheres Fliegen in der Pandemie. Umfangreiche Hygienemaßnahmen sowie Maskenpflicht und HEPA-Filter an Bord, die die Kabinenluft stetig reinigen, gewährleisten einen hohen Infektionsschutz für die Reisenden."

Ausnahmen gelten für Schüler

Grundsätzlich gelten die 3G-Maßnahmen für jeden, der einen Zug des öffentlichen Nahverkehrs, einen ICE, einen Bus, eine Tram, S- oder U-Bahn oder ein Flugzeug nutzen möchte. Fahrgäste müssen entweder geimpft, genesen oder innerhalb der letzten 24 Stunden negativ auf Corona getestet worden sein. Allerdings gibt es eine Ausnahme für Schüler, da sich diese in der Schule ohnehin regelmäßig testen müssen. Sie müssen bei einer Kontrolle, wie auch für eine normale Fahrscheinkontrolle, ihren Schüler-Ausweis vorzeigen. Auch unter sechs Jahren sind Kinder von der Regel befreit. Außerdem bleiben Taxifahrten von der 3G-Regel unberührt.