Mitten in der Washingtoner Nacht trat der US-Präsident vor die Presse. Er erzählte, es gebe viele, viele Menschen, die für ihn gestimmt hätten – und erklärte sich kurzerhand zum Sieger der Präsidentschaftswahl. Die weitere Auszählung der Stimmen möchte Donald Trump nun mithilfe der Gerichte stoppen und damit verhindern, dass sich die Verhältnisse doch noch zugunsten seines Herausforderers Joe Biden verändern.
Denn: Eine große Anzahl von Stimmen ist noch nicht ausgezählt worden, über 100 Wahlmänner sind noch nicht verteilt. Die Wahl ist noch lange nicht gelaufen, Joe Biden hat nach wie vor eine gute Chance, Präsident zu werden. Denn viele Demokraten sind laut Einschätzung der Experten in diesem Jahr "Early Voters". Das heißt, sie haben vor dem eigentlichen Wahltermin per Briefwahl oder in einem der Wahllokale abgestimmt. Und die Stimmen der "Early Voters" werden in entscheidenden Staaten erst später ausgezählt.
Auch sind die Stimmzettel in vielen Wahlbezirken noch nicht fertig ausgezählt. In den USA ist es nun mitten in der Nacht, einige Bezirke haben die Auswertung unterbrochen – darunter viele, in denen die Demokraten Favoriten sind. Es ist also zu erwarten, dass eine ausführliche Auszählung der Stimmen Joe Biden begünstigt.
Für Historikerin Annika Brockschmidt sind die Entwicklungen in den USA und insbesondere Donald Trumps Erklärungen äußerst bedenklich, sagt sie gegenüber watson.
Für sie ist es keine Überraschung, dass es ein enges Rennen zwischen Trump und Biden wird und sich die Auswertung der Stimmen weiter hinzieht:
Brockschmidt zufolge gibt es keinen Grund für einen Stopp der Auszählung – ebenso wenig wie für Trumps Erklärung, er habe die Wahl gewonnen. Sie fürchtet, dass Donald Trump sich nun in der Lage sieht, autoritäre Maßnahmen zu ergreifen:
Auch in den USA ist die Bestürzung über Trumps Äußerungen groß. Selbst der ehemalige Gouverneur von New Jersey und Parteikollege von Donald Trump, Chris Christie, widerspricht und kritisiert den US-Präsidenten. Es gebe "keine Grundlage" dafür, dass sich Donald Trump zum Präsidenten erkläre. Dasselbe gelte für Trumps Vorhaben, die Auswertung der Briefwahl zu unterbinden, sagte Christie bei ABC News.
Tom Wolf, der Gouverneur von Pennsylvania, einem der Staaten, der nach wie vor noch Stimmen auszählt und mit 20 Wahlmännern das Zünglein an der Waage sein könnte, machte auf Twitter klar, dass er sich von Donald Trump nicht unter Druck setzen lasse:
Wolf bezeichnete Donald Trumps Erklärung als "parteitaktischen Angriff auf die Demokratie" und erklärte, dass die verschiedenen Wahlbezirke unablässig daran seien, die Wahlzettel auszuwerten und dies tun werden, bis jede Stimme gezählt ist.