Viele Menschen in Deutschland hatten gehofft, es würde zu einem Erdrutschsieg für die Demokraten und Joe Biden kommen. Mit einem klaren Sieg im Bundesstaat Florida für Joe Biden wäre ein Sieger früh klar gewesen. Und tatsächlich ging es schnell im "Sunshine State". Kurz nach Schließung der Wahllokale waren bereits 90 Prozent der Stimmen ausgezählt, das Ergebnis war klar. Doch der Sieger hieß nicht Biden, sondern Donald Trump.
Nun kommt es also voraussichtlich so, wie von vielen befürchtet: Die Briefwähler sind Bidens letzte Hoffnung. Genauso wie die anderen verbliebenen "Swing States": Michigan (16), Wisconsin (10), Georgia (16) und Pennsylvania (20) sind noch unentschieden.
Wahlkampf-Experte Yussi Pick analysiert die Wahlnacht für watson. Pick ist Kampagnen- und Kommunikationsberater bei Pick & Barth Digital Strategies in Washington D.C. und Wien. Er war als einziger Europäer im Digital Organizing Team im Hauptquartier der Hillary-Clinton-Kampagne und in den Midterms 2018 verhalf er der demokratischen Senatskandidatin Jackie Rosen zum Wahlsieg. Vor der Gründung seiner eigenen Agentur war er unter anderem bei Blueprint Interactive und Joe Trippi, dem Online Campaigning Pionier und Wahlkampfmanager von Howard Dean im Präsidentschaftswahlkampf 2004.
Er hat die Wahl in den USA eng verfolgt und für ihn ist noch alles offen:
Die große Frage sei laut Pick, ob Ohio, das Trump gewinnen konnte, nun Sinnbild für den Mittleren Westen ist oder ein Ausreißer.
In Wisconsin hat Biden Trump zuletzt überholt und liegt hauchdünn vor ihm. Hier wird es extrem spannend. In Michigan und Pennsylvania liegt Donald Trump laut Hochrechnungen aktuell vorne. Allerdings gehen die Demokraten davon aus, dass die Briefwahl Joe Biden begünstigen werde, da viele seiner Supporter zu den "Early Voters" gehören würden, die bereits vor dem 3. November ihre Stimme abgegeben haben.
Sollte das der Fall sein und Biden Michigan, Wisconsin und Pennsylvania gewinnen, wäre das laut Pick sein Ticket zur Präsidentschaft. Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten: Auch Georgia ist ein Sonderfall, der immer noch den Demokraten zufallen könnte. Zunächst ging man dort von einem Sieg Donald Trumps aus, dann zeigte sich, dass Atlanta die Waage zugunsten der Demokraten verschiebt. Sollte Georgia Joe Biden zufallen, wären das immerhin 16 Wahlmänner, die für die Demokraten stimmen.
Insgesamt braucht Biden noch 46 Wahlmänner. 224 hat er über die klassischen "Blue States" gewinnen können. So konnte Joe Biden alle demokratischen Hochburgen wie Kalifornien, New York und Washington D.C., verteidigen und neue Staaten hinzugewinnen. Auf der anderen Seite konnten die Demokraten die republikanische Hochburg Texas nicht erobern. Trump setzte sich dort gegen Herausforderer Biden durch. Wahlkampf-Experte Yussi Pick zu watson:
Dass das Rennen zwischen den beiden Kandidaten überhaupt so eng ausfällt, findet Pick bemerkenswert und entlarvend für die Stimmung im Land:
Für Pick ist die Wahl eine Herzenssache. Er bleibt vorsichtig optimistisch, dass Joe Biden doch noch gewinnt. Und trotz aller Prognosen gilt: Es muss auf die Auszählung der Briefwahlunterlagen gewartet werden.