Die drei Kandidaten für den Vorsitz der CDU Deutschlands, Friedrich Merz (v.l.n.r.), Norbert Röttgen und Armin Laschet, sitzen zusammen mit Moderatorin Tanja Samrotzki in einem Online-Video-Talkformat, in dem live aus dem Konrad-Adenauer-Haus Fragen der CDU-Mitglieder beantwortet werden.Bild: dpa / Bernd von Jutrczenka
Deutschland
Die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz haben
ihre Partei auf einen eigenständigen Wahlkampf ohne
Koalitionspräferenzen bei der Bundestagswahl im Herbst 2021
eingestellt. In einer ersten offiziellen gemeinsamen Kandidatenrunde
im Adenauerhaus, der Parteizentrale in Berlin, wurden am Montagabend
viele inhaltliche Parallelen zwischen Ex-Unionsfraktionschef
Friedrich Merz, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und dem
Außenpolitiker Norbert Röttgen deutlich. Auf persönliche Attacken
verzichteten alle Seiten. Etwas Stimmung kam lediglich beim Thema
Bildungsföderalismus und bei der Frage der Vereinbarkeit von Familie
und Beruf auf.
Die in Fernsehen und Internet übertragene Runde war Auftakt des
offiziellen parteiinternen Wahlkampfs um den Parteivorsitz. Mehr als
700 Mitglieder hatten per Video, als Mail oder Audiobotschaft Fragen
gestellt. Es war der erste gemeinsame Auftritt von Merz, Laschet und
Röttgen seit einer Veranstaltung des Nachwuchses von der Jungen Union
Mitte Oktober.
"Koalitionswahlkampf führen wäre das Falscheste, was wir tun können"
Laschet warnte die CDU davor, im Wahlkampf nur auf die Grünen als
möglichen Koalitionspartner zu schauen. Er wies auf seine Regierung
mit der FDP in NRW hin. "Das ist eigentlich ein Partner, der uns
besonders nahe steht." Zwar sei eine Koalition unter Beteiligung der
FDP im Moment nach den Umfragen nicht wahrscheinlich. "Aber es gleich
auf die Grünen zu fokussieren, halte ich für falsch."
Auch Röttgen verlangte einen eigenständigen Wahlkampf. "Ein
Koalitionswahlkampf führen wäre das Falscheste, was wir tun können",
sagte er. Die CDU brauche Glaubwürdigkeit in der Klimapolitik. Diese
müsse die CDU mit der ihr zugeschriebenen marktwirtschaftlichen
Kompetenz verbinden. Auch Merz betonte das eigene Profil der Partei.
"Wir müssen dafür sorgen, dass sich in allen politischen Themen die
anderen politischen Parteien an uns messen und wir uns nicht an
denen." In der Umweltpolitik seien Ideen und nicht Verbote nötig.
Angesprochen auf den niedrigen Frauenanteil in der CDU sagte
Laschet, die nächste Bundesregierung müsse paritätisch aus Männern
und Frauen besetzt sein. Laut Röttgen braucht die Partei eine
Kulturveränderung, "in der Frauen gern in der CDU mitmachen". Merz
betonte, eine Frauenquote sei die zweitbeste Lösung. Besser wäre es,
wenn die CDU mehr Frauen als Mitglieder bekäme.
Nachdem Laschet, Merz und Röttgen über weite Strecken bekannte
und teils nur in Nuancen abweichende politische Rezepte präsentiert
hatten, entwickelte sich bei den Themen Vereinbarkeit von Familie und
Beruf sowie beim Bildungsföderalismus ein wenig Stimmung.
Abweichende Meinungen beim Thema Bildungsföderalismus
Nachdem Merz und Röttgen darauf pochten, dass mehr für die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf getan werden müsse, sagte
Laschet, diese Frage sei "vor 10, 15 Jahren bei uns in Deutschland
völlig unterentwickelt" gewesen. Inzwischen habe die CDU hier aber
einen Riesenschritt gemacht – etwa mit dem 2013 eingeführten
Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung für Kinder zwischen einem und drei
Jahren. "Wenn ich manchmal höre, in den letzten Jahren ist die Achse
der Partei in irgendeine Richtung verschoben worden: Nein, sie hat
eine Antwort gegeben auf eine gesellschaftliche Anforderung". Das
dürfte in Richtung Merz gemünzt gewesen sein.
Beim Thema Bildungsföderalismus – die Länder sind hier zuständig – sagte Merz, der Bund habe etwa mit dem Digitalpakt Schule versucht,
den Ländern zu helfen. Dabei stelle der Bund den Ländern mehr als 5
Milliarden Euro zur Verfügung, bislang seien nur etwa 10 bis 15
Prozent ausgegeben worden. Die Schulen seien offensichtlich nicht in
der Lage, eine solche Kraftanstrengung hinzubekommen. Die Länder
sollten hier mehr Organisationsverantwortung übernehmen.
"Das habe ich nicht gesagt"
Laschet meldete sich daraufhin mit der Bemerkung zu Wort, er
wolle direkt widersprechen. Die Äußerungen von Merz erweckten den
Eindruck, als seien die Schulträger vor Ort "zu blöd". Merz rief
daraufhin dazwischen: "Das habe ich nicht gesagt" – man lasse die
Schulen allein. Worauf wiederum Laschet konterte, die Regeln seien
schlecht und zu bürokratisch. Dies geschehe immer dann, wenn der Bund
glaube, sich um etwas kümmern zu müssen, bei dem er keine Kompetenz
habe. Der Disput war hier schon wieder beendet: Merz stimmte Laschet
zu.
Die CDU-Spitze hatte am Montag nach beinahe einjähriger
Hängepartie wegen der Corona-Pandemie entschieden, dass der neue
Vorsitzende Mitte Januar auf einem fast vollständig digitalen
Parteitag gewählt werden soll. Vorgesehen ist, dass die 1001
Delegierten beim virtuellen Parteitag am 15. und 16. Januar zunächst
eine "digitale Vorauswahl" treffen, die sie dann durch eine Briefwahl
bestätigen. Die Briefwahlzettel, auf denen nur noch der Sieger der
digitalen Abstimmung stehen soll, sollen laut Generalsekretär Paul
Ziemiak am 22. Januar ausgezählt und das Ergebnis dann verkündet
werden.
(mse/dpa)