Die soziale Ungleichheit in Deutschland spitzt sich zu: Das zeigt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die am Montag vorgestellt wurde.
Wie ungleich Deutschland ist, zeigt sich vor allem in der Verteilung des Einkommens, das wird mithilfe des Gini-Koeffizienten gemessen. Der kann zwischen 0 und 1 liegen, wobei ein Wert von 0 in Bezug auf Einkommen bedeuten würde, dass alle Menschen gleich viel verdienen. Eine 1 hieße maximale Ungleichheit, bei der eine Person alles verdient.
Der neu berechnete Gini-Koeffizient von Ende 2016 liegt laut der Forscher nun bei knappt 0,3 – und damit etwa zwei Prozent höher als im Jahr 2005. Das zeigt laut der Studie, dass eine immer kleinere Gruppe von Menschen immer mehr verdient.
Weiterhin führt die Studie auf, dass die soziale Ungleichheit in Deutschland, gemessen am Einkommen, zwischen 2005 und 2010 stetig gesunken sei – seit 2010 allerdings wieder gestiegen.
Was sind nun die Gründe für die wachsende Ungleichheit? Dazu hat watson den Politikwissenschaftler und Armutsforscher Christoph Butterwegge befragt.
Dass die Ungleichheit ausgerechnet seit 2010 gestiegen ist, hängt laut Butterwegge unter anderem mit der Finanzkrise von 2009 zusammen, wie er im Telefongespräch zu watson sagt:
Seit 2010 allerdings erlebe Deutschland wieder einen wirtschaftlichen Aufschwung: Die Konjunktur hat wieder angezogen, die Zahl der Arbeitslosen ist stark zurückgegangen. "Dass die soziale Ungleichheit in Deutschland trotzdem gestiegen ist, erscheint paradox und sollte der Öffentlichkeit, vor allem jedoch den politisch Verantwortlichen daher sehr zu denken geben."
Die Gründe für die wachsende Ungleichheit sieht Butterwegge allerdings vor allem in steuerpolitischen Entscheidungen, die seit der Finanzkrise wirksam geworden sind:
Durch die Senkung der Kapitalertragsteuer auf 25 Prozent haben Menschen laut Butterwegge ihr Einkommen vermehrt, die von Zinsen oder Dividenden leben. "Und von der Erbschaftssteuerreform haben ab 2009 vor allem Unternehmen profitiert, die nun steuerfrei vererbt werden konnten."
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch die Leiter der am Montag veröffentlichten WSI-Studie – und sprechen in Anbetracht der wachsenden Ungleichheit hierzulande von einem "Armutszeugnis für Deutschland". Damit sich das ändert, empfehlen die Forscher folgende Gegenmaßnahmen: