Bei den Schüssen in einem Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg sind nach aktuellem Stand acht Menschen tödlich verletzt worden. Unter den Toten ist auch der Täter Philipp F., teilten Vertreter der Polizei und Staatsanwaltschaft bei einer Pressekonferenz mit Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) am Freitagmittag mit.
In dem Gemeindehaus der Zeugen Jehovas im Hamburger Stadtteil Groß Borstel ist es bei einem öffentlichen Gottesdienst am Donnerstagabend zu einer Schießerei gekommen. Die ersten Schüsse fielen um 21 Uhr. Wenige Minuten später seien Einsatzkräfte, die sich zufällig in der Nähe befanden, am Tatort gewesen.
Dort trennten sie laut dem Innensenator den um sich schießenden Täter von den Opfern und verhinderten so weitere Tote. Philipp F., der ein ehemaliges Mitglied der Gemeinde war, sei dann ins erste Obergeschoss geflüchtet, wo er sich selbst erschossen habe.
Bei der Attacke war auch eine im siebten Monat schwangere Frau im Raum. Sie überlebte – ihr ungeborenes Kind nicht. Außerdem sind vier Männer und zwei Frauen erschossen worden. Vier weitere Menschen wurden lebensgefährlich verletzt.
Transparenzhinweis: In einer früheren Version des Artikels hatten wir vermeldet, dass die schwangere Frau und ihr ungeborenes Kind ihr Leben lassen mussten. Wir haben die Passage korrigiert und bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.
Bei dem Täter handelt es sich um den deutschen Staatsbürger Philipp F., bestätigten die Ermittler am Freitagmittag. Er war 35 Jahre alt und ein ehemaliges Mitglied der Gemeinde. Er soll die Zeugen Jehovas "freiwillig, aber nicht im Guten verlassen" haben. Er stammt aus dem bayerischen Memmingen. Studiert habe er in München, wie der Leiter des Staatsschutzes Hamburg, Thomas Radszuweit, mitteilte. Seit dem Jahr 2015 war der Mann in Hamburg gemeldet, arbeitete dort laut "Bild" als Unternehmensberater und Controller.
Als Extremist war der Sportschütze nicht bekannt. Er besaß einen Waffenschein für eine halbautomatische Pistole, die auch die Tatwaffe ist. Laut Staatsanwaltschaft seien in der Wohnung des Täters auch eine größere Menge Munition gefunden worden. Außerdem wurden Laptops und Smartphones sichergestellt, die noch ausgewertet werden.
Im Januar hatten die Beamten einen anonymen Hinweis erhalten, dass Philipp F. psychische Probleme habe und seine Waffentauglichkeit überprüft werden solle. Der Polizei sei dabei mitgeteilt worden, dass der 35-Jährige eine große "Wut auf religiöse Gruppen und seinen Arbeitgeber" habe.
Im Februar sei die Waffenbehörde dem Nachweis dann nachgegangen, konnte bei einem unangekündigten Hausbesuch aber keine Auffälligkeiten feststellen.
Die Ermittlungen werden in den nächsten Tagen fortgesetzt. Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sagte auf einer Pressekonferenz am Mittag, dass Hamburg in der jüngeren Geschichte keine schwerere Straftat erlebt habe.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) nannte den Angriff "erschütternd" und sprach den Angehörigen der Opfer sein "tiefes Mitgefühl" aus. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich auf Twitter "erschüttert über die furchtbare Gewalttat".
(ast/nik/fas/mit Material von dpa/AFP)