Schleswig-Holstein hat gewählt: Klare Sieger sind die CDU (43,4 Prozent) und ihr Spitzenkandidat Daniel Günther. Er bleibt also Ministerpräsident, wenn auch mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer anderen Koalition. Das passt, denn in Schleswig-Holstein ist seit über zwei Jahrzehnten der politische Wechsel die Regel.
Doch was bleibt sonst von der Landtagswahl in Schleswig-Holstein übrig? Und was könnte das Ergebnis für die Nordrhein-Westfalen-Wahl am kommenden Wochenende bedeuten? watson hat für euch die fünf wichtigsten Erkenntnisse aus dem nördlichsten Bundesland zusammengefasst.
Das hohe Votum für die Christdemokraten verdankt die Partei nicht zuletzt dem Spitzenkandidaten Daniel Günther. Schon vor der Wahl hat ein Großteil der schleswig-holsteinischen Bevölkerung angegeben, Günther direkt zum Ministerpräsidenten wählen zu wollen, wäre dies möglich. Die Norddeutschen waren mit der Arbeit der Jamaika-Koalition mehr als zufrieden.
Die Wählerwanderung von infratest dimap, die die Tagesschau veröffentlicht hat, zeigt: Wähler von Sozialdemokraten, Grünen und FDP haben ihre Stimme am Sonntag der CDU gegeben. Damit sorgten die CDU-Schleswig-Holstein und nicht zuletzt Spitzenkandidat Günther für einen dringend benötigten Erfolg der Christdemokraten.
Die klare Wiederwahl Günthers dürfte seine Position nicht nur in Schleswig-Holstein und der Nord-CDU weiter stärken, sondern vor allem auch in der Bundespartei. Schließlich ist er nun einer der beliebtesten Ministerpräsidenten. Unsicher ist, ob das für den CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz eine ausschließlich gute Nachricht ist. Günther gehörte vor der Bundesvorsitzenden-Wahl nicht dem Merz-Lager an. Eine starke Position innerhalb der Union könnte ein Gegenlager zu Merz bedeuten.
Nach der Bundestagswahl und dem desaströsen Ergebnis bei der Landtagswahl im Saarland ist der Sieg der CDU-Schleswig-Holstein ein dringend benötigter Erfolg für die Partei. Und für ihren Vorsitzenden Friedrich Merz. Es ist die erste gewonnene Landtagswahl, seit er an der Spitze der Partei steht.
Klar ist aber: Landtagswahlen sind Landtagswahlen und nicht zwingend ein Indikator für eine politische Stimmung im ganzen Land. Schon vor der Wahl war klar, dass ein Großteil der Schleswig-Holsteiner zufrieden ist mit Günther und der Arbeit seiner Regierung. Eine Wechselstimmung gab es dort also nicht.
Die Sozialdemokraten hingegen wurden abgestraft. Sie erhielten 16 Prozent der abgegebenen Stimmen. Das sind elf Prozentpunkte weniger als noch 2017. "Es ist ein sehr bitteres Ergebnis für uns", sagt SPD-Ko-Chefin Saskia Esken. Sie erklärte bei der Tagesschau, dass dieses Ergebnis auch den Beliebtheitswerten Daniel Günthers zuzuschreiben war.
Das stimmt sicherlich, gleichzeitig dürfte aber auch der Spitzenkandidat der SPD, Thomas Losse-Müller ein Grund gewesen sein. Der Neu-Sozialdemokrat, der bis vor kurzem noch bei den Grünen war, ging nämlich erst spät und als Underdog ins Rennen. Aber auch im Bundestrend ist die Union an der SPD vorbeigezogen. Wie eine Insa-Umfrage vom 7. Mai ergibt, würden 27 Prozent der Befragten die Union wählen, wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl. 23 Prozent gaben an, für die Sozialdemokraten zu votieren.
Mit 43,3 Prozent der abgegebenen Stimmen können sich die Christdemokraten ihren Koalitionspartner quasi frei auswählen. Sowohl die FDP (6,4 Prozent) als auch die Grünen (18,2 Prozent) haben sich bereits in Stellung gebracht. Noch vor der Wahl hatte Günther erklärt, nichts am Koalitionsbündnis verändern zu wollen – doch es ist kaum zu erwarten, dass Grüne oder FDP gerne ein Koalitionspartner sein wollen, den es rechnerisch nicht braucht.
Ob Schleswig-Holstein in Zukunft Schwarz-Grün – wie zum Beispiel in Hessen – oder Schwarz-Gelb – wie in Nordrhein-Westfalen – regiert werden wird, wird sich zeigen. Die Grünen hatten mit Monika Heinold eine eigene Spitzenkandidatin. Nach dem Wahlergebnis hat diese direkt eine Ansage an Günther: "Ich gehe davon aus, dass wir entweder wieder Regierungsverantwortung tragen können – oder hammerharte Oppositionspolitik machen."
Zu den wichtigsten Wahlkampfthemen gehörte der Ausbau der Erneuerbaren Energien. Schon heute sind in Schleswig-Holstein zwei Prozent der Landmasse mit Windräder bebaut. Die Grünen würden in der Opposition aber sicherlich ungemütlich bleiben.
FDP-Spitzenkandidat Bernd Buchholz betonte nach der Wahl die großen inhaltlichen Überschneidungen von FDP und CDU.
Günther ließ eine Koalitionspräferenz bisher offen. Welche Regierung am Ende gebildet werden wird, bleibt abzuwarten. Klar ist aber schon jetzt, dass weder die FDP noch die Grünen ihre Regierungsverantwortung abgeben möchten.
Die AfD ist bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein erstmals in Deutschland wieder aus einem Landesparlament geflogen. Die Partei um ihren Spitzenkandidaten Jörg Nobis erhielt am Sonntag laut vorläufigem Ergebnis nur 4,4 Prozent und scheiterte damit an der Fünf-Prozent-Hürde. Erst 2017 hatte die AfD im nördlichsten Bundesland überhaupt den Einzug in den Landtag geschafft. Umfragen hatten die Partei vor der Wahl noch bei fünf bis sechs Prozent gesehen.
"Wir hätten uns mehr gewünscht", sagte der Bundesvorsitzende Tino Chrupalla bei Tagesschau24.
Sicherlich wird jetzt bereits analysiert werden, was sich die CDU-Nordrhein-Westfalen und deren Spitzenkandidat Hendrik Wüst abschauen können. Und auch die anderen Parteien werden sich ihre Gedanken machen. Schließlich wird bereits am kommenden Woche im größten deutschen Bundesland, Nordrhein-Westfalen gewählt.
Eins zu eins übertragen wird sich der Wahlerfolg allerdings nicht lassen: Landtagswahlen sind etwas Spezielles und Individuelles. Es wird sich zeigen, ob die CDU auch im Westen ihr Amt verteidigen kann, oder ob es einen Machtwechsel geben wird. Klar ist, dass auch der Sozialdemokrat Thomas Kutschaty schon in den Startlöchern steht. Entschieden werden wird an der Urne.
(Mit Material von dpa)