Die monatelangen Leistungskürzungen, mit denen Jobcenter unkooperative Hartz-IV-Bezieher sanktionieren, sind teilweise verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erklärte am Dienstag eine Reihe von weitreichenden Regelungen, mit denen Hartz-IV-Empfängern Leistungen bei Pflichtverletzungen gekürzt werden können, für unvereinbar mit dem Grundgesetz.
Nach dem Prinzip "Fördern und Fordern" drehen die Jobcenter Hartz-IV-Empfängern den Geldhahn zu, wenn diese ihren Pflichten nicht nachkommen. Grundsätzlich sind Sanktionen demnach aber möglich. Kürzungen sind bei Verstößen gegen die Auflagen um maximal 30 Prozent möglich. Die bisher möglichen Abzüge bei Verletzung der Mitwirkungspflicht um 60 oder sogar 100 Prozent sind demnach verfassungswidrig, wie der Vizepräsident des Gerichts, Stephan Harbarth, verkündete.
Als unvereinbar mit dem Grundgesetz stuften die Richter auch ein, dass die Leistung selbst bei Härtefällen zwingend verringert werden muss. Die starre Dauer von drei Monaten bei jeder Kürzung ist demnach ebenfalls nicht haltbar.
Der Erste Senat hatte nur über Regelungen zu entscheiden, die für über 25-jährige Langzeitarbeitslose gelten. Für unter 25-Jährige sind die Sanktionen härter. Sie waren aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Nicht überprüft wurde zudem der Abzug von zehn Prozent, der erfolgt, wenn ein Leistungsempfänger nicht zum Termin im Jobcenter erscheint.
Das Urteil geht zurück auf eine Vorlage des Sozialgerichts im thüringischen Gotha. Die Richter dort hatten eines ihrer Verfahren ausgesetzt, um die Vorschriften vom Bundesverfassungsgericht unter die Lupe nehmen zu lassen. In dem Fall musste ein Arbeitsloser mit 234,60 Euro weniger im Monat auskommen, weil er beim Jobcenter Erfurt ein Stellenangebot abgelehnt und Probearbeit verweigert hatte.
(hd/dpa)