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Coronavirus: Wucher-Preise für Atemmasken – das sagt Amazon

Tuebingen 26.02.2020 Schmuckbild: Ein Mann mit einer Schutzmaske vor einer Apotheke, Schutzmasken sind fast ausverkauft *** Tuebingen 26 02 2020 Jewellery picture A man with a protective mask in front ...
Junger Mann mit Atemschutzmaske.Bild: imago images/ULMER Pressebildagentur
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Coronavirus: Wucher-Preise für Atemmasken – so reagiert Amazon

Wegen der Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus werden in Deutschland die Atemschutzmasken knapp. Doch auf den Plattformen Ebay und Amazon finden sich diese Masken weiterhin – zu horrenden Preisen. Hier wird Geschäft mit der Angst gemacht.
28.02.2020, 17:0728.02.2020, 18:43
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Das Coronavirus löste in den vergangenen Wochen etwas aus, was uns in Deutschland äußerst ungewohnt erscheint: den massiven Ansturm auf Atemschutzmasken. Wer derzeit etwa eine Maske vom Typ FFP3 kaufen will, steht oft vor leeren Regalen. Die Drogeriekette dm teilte watson am Donnerstag mit, dass "der Mundschutz von Mivolis derzeit nahezu nicht mehr verfügbar" sei.

Im Online-Store der Baumärkte Hornbach und Obi sind FFP3-Masken ebenfalls ausverkauft. "Derzeit nicht vorrätig" heißt es da, oder "nicht online bestellbar". Auch bei Bauhaus sind die Schutzmasken zumindest online nicht mehr erhältlich.

Wer dennoch solche Masken kaufen möchte, wird an anderer Stelle fündig. Bei Ebay etwa bietet ein Händler eine FFP3- Atemschutzmaske am Freitagmittag zum Sofort-Kauf an – zu einem Preis von 52,90 Euro das Stück.

Zum Vergleich: Für eine ähnliche FFP3-Maske verlangt Hornbach 65,70 Euro. Allerdings würde der Baumarkt die derzeit begehrte Staubschutzmaske im 10er-Pack verkaufen, wenn sie denn da wäre. Der Ebay-Händler will also nicht weniger als das Achtfache des Hornbach-Preises. Seine Kunden scheint das nicht zu stören, mehr als 80 Menschen haben in den letzten 24 Stunden mindestens eine FFP3-Maske bei ihm gekauft. Versandkosten nicht inklusive. Die Angst vor Ansteckung lässt auch solche Wahnsinns-Preise bezahlen.

Was sind FFP3-Masken?
FFP3-Masken (filtering falt piece, FFP) sollen eigentlich vor Feinstaub, Rauch und tatsächlich Krankheitserregern wie Viren und Bakterien schützen. Manche Experten bezweifeln allerdings, dass die FFP3-Masken überhaupt vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus schützen. Das Robert Koch-Institut etwa sieht in seinen Pandemieplänen keine Atemschutzmasken für die allgemeine Bevölkerung vor. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt nur Patienten und Menschen, die sich vielleicht angesteckt haben, das Tragen solcher Masken – damit sie das Virus nicht selbst verbreiten.

Auch bei Amazon lassen sich die Masken durchaus noch kaufen, zu ähnlichen Horror-Preisen. Ein 5er-Pack FFP2-Masken (dessen Virenschutz nicht bestätigt ist) schlägt hier mit mindestens 135,99 Euro zu Buche, Versand ebenfalls nicht inklusive. Teilweise wird Prime-Versand angeboten, als Lieferdatum nennen die Händler dort etwa Dienstag, 3. März. Bei anderen Anbietern müssen sich Käufer etwas länger gedulden.

In Italien, wo das Coronavirus sich am vergangenen Wochenende stark verbreitete, haben die Behörden sogar Lagerhäuser von Amazon und Ebay gestürmt, weil Masken zu Fantasiepreisen verkauft wurden.

Zum Verständnis: Es handelt sich hier um private oder gewerbliche Verkäufe, die lediglich die Online-Plattformen von Ebay und Amazon nutzen, um ihre Waren anzubieten. Die Angebote, die watson hier nennt, stammen nicht von den Plattformen selbst.

Gehen Ebay und Amazon dagegen vor?

Nichtsdestotrotz verdienen sowohl Amazon als auch Ebay an den Angeboten mit. Das Online-Auktionshaus etwa nimmt bei privaten Verkäufen laut eigenen Angaben einheitlich zehn Prozent des Verkaufspreises ohne Verpackung und Versand, bis zu einem Maximum von 199 Euro.

Bei gewerblichen Verkäufen beträgt die netto Verkaufsprovision neun Prozent, maximal nimmt Ebay hier 99 Euro des Gesamtpreises. Beim oben angeführten Angebot handelt es sich zumindest augenscheinlich um einen gewerblichen Verkauf, womit die Provision rund fünf Euro betragen würde. In Summe kommen so fast 400 Euro zusammen, die Ebay über diesen Wucher-Verkauf eingenommen hat.

Bei Amazon berechnet sich die Provision etwas anders, im hier angeführten Fall liegt die Verkaufsgebühr bei rund 20 Euro. Zugrunde liegt auch hier die Annahme, dass es sich um einen gewerblichen Verkauf handelt, immerhin hat der Verkäufer eine Handelsregisternummer.

Nicht zuletzt deshalb hat watson bei Ebay und Amazon um Stellungnahme gebeten und wollte wissen, ob und gegebenenfalls wie die Plattformen gegen solche Geschäfte mit der Angst der Menschen vorgehen.

Amazon: "Kürzlich Zehntausende von Angeboten gesperrt"

Ein Amazon-Sprecher teilte mit, das Unternehmen biete "keinen Raum für Preistreibereien". "Wir sind enttäuscht über unlautere Versuche, in einer globalen Gesundheitskrise die Preise für Produkte des Grundbedarfs künstlich zu erhöhen", macht das Unternehmen deutlich.

Weiter versicherte der Versandhändler: "Wir haben im Einklang mit unseren langjährigen Verkaufsrichtlinien kürzlich Zehntausende von Angeboten gesperrt oder entfernt." Man entferne proaktiv Angebote, die gegen die Richtlinien verstoßen.

Ob das hier von uns angeführte Angebot gegen diese Richtlinien verstößt? Offensichtlich. Amazon zählt zu Preisgestaltungspraktiken, die das Kundenvertrauen schädigen, laut eigenen Angaben unter anderem: "Festlegung eines Preises für ein Produkt oder eine Serviceleistung, der deutlich über den Preisen liegt, zu denen das Produkt kürzlich bei Amazon oder anderswo angeboten wurde."

Und tatsächlich war das Angebot, das wir hier zitieren, am Freitagnachmittag nicht mehr verfügbar. Einige andere allerdings waren weiterhin online – was den Schluss nahelegt, dass Amazon trotz seiner Bemühungen hier mit der Entfernung der Wucher-Angebote nicht hinterherkommt.

Und was sagt Ebay? Das Auktionshaus weist gewerbliche Verkäufer auf seiner Website darauf hin: "Die EU-Richtlinie und die entsprechenden örtlichen Vorschriften gelten auch für Verkäufe von gewerblichen Verkäufern an Verbraucher über das Internet." Wer weitere Fragen zu gesetzlichen Pflichten gemäß dieser Richtlinien habe, solle sich von einem Anwalt beraten lassen.

Ein Statement von Ebay stand bis Freitagnachmittag noch aus.