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Coronavirus: Virologe Drosten über persönliche Angst – "Ich habe Familie"

02.03.2020, Berlin, Deutschland - Pressekonferenz: Unterrichtung des Bundesministeriums fuer Gesundheit zum Umgang mit dem Coronavirus. Foto: Prof. Dr. Christian Drosten, Direktor Institut fuer Virolo ...
Virologe Christan Drosten warnt vor allem junge Menschen davor, den Coronavirus nicht ernst genug zu nehmen.Bild: imago images / Reiner Zensen
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"Ich habe Familie": Virologe Drosten über eigene Corona-Gefühle

20.03.2020, 19:45
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Jan Böhmermann und Olli Schulz moderieren den Podcast "Fest und Flauschig", der eigentlich zweimal die Woche erscheint, Mittwochs und Sonntags. Aufgrund des Coronavirus haben die beiden sich nun entschlossen, vier Mal die Woche zu senden. In der ersten Folge am Mittwoch war Christian Drosten von der Berliner Charité zu Gast.

Der Virologe hat seinen eigenen Podcast im NDR, in dem er täglich über die neuesten Entwicklungen zum Coronavirus informiert. Dort bleibt er meistens zurückhaltend und sachlich. Nun findet Drosten bei Schulz und Böhmermann ungewohnt drastische Worte, vor allem für junge Zuhörer:

"Jetzt mal für die jungen Leute, die denken: 'Mich trifft das nicht, die Fallsterblichkeit ist so gering.' Es ist so, dass die Leute, die in einem Monat sterben, jetzt frisch infiziert sind. Auch Jüngere sterben an dieser Krankheit."
Christian Drosten bei "Fest und Flauschig"

Was Drosten zu sagen hat, ist schwer verdaulich. Es ist überhaupt eine ungewöhnlich ernste Folge. Böhmermann und Schulz warnen bereits einleitend zum Interview mit Drosten: "Es ist ein hartes Stück."

"Man verdrängt das"

Olli Schulz erzählt zu Beginn des Podcasts davon, die letzten Tage noch sehr viele Menschen auf den Straßen gesehen zu haben. Er wird emotional und richtet noch einmal einen Appell an die jüngeren Zuhörer, zuhause zu bleiben. Drosten pflichtet ihm bei:

"Ich glaube, dass bei vielen jetzt erst der Groschen fällt. Das passiert mir immer wieder und zwar auf allen Ebenen, vom Studenten bis zum Politiker. Man verdrängt das und macht sich nicht klar, wie ernst das ist, was da auf uns zukommt."
Christian Drosten

Drosten über seine eigenen Corona-Gefühle

Dabei könne er gut verstehen, dass viele sich nicht mit der Gefahr, die vom Coronavirus ausgeht, auseinandersetzen wollten, so Drosten weiter. Auch er selbst könne sich nicht immer vor Augen führen, wie ernst die Gefahr geworden sei:

"Ich bin auch nur ein Mensch. Ich habe Familie, ein Kind und Eltern. Ich muss das auch verdrängen."
Christan Drosten

Drosten appelliert an junge Generationen

Deshalb appelliert der Virologe noch einmal an die Verantwortung, insbesondere der jungen Generationen, zu Hause zu bleiben und nicht in Bars oder Clubs zu gehen. Gerade in Berlin wären immer noch erstaunlich viele abends unterwegs und ein Club nachweislich verantwortlich für die Ansteckung einiger Menschen (er meint die Trompete in Mitte).

"Man tut heute etwas, was erst in einem Monat Konsequenzen hat."
Christian Drosten

Drosten über Intensivstationen

Nicht nur vor dem schlimmsten Fall, dem Tod durch das Coronavirus, warnt Drosten. Auch der Aufenthalt auf der Intensivstation sei absolut kein Zuckerschlecken, macht er deutlich. Unterschätzen dürfe man das nicht. Die Statistik der Infizierten berücksichtige nicht, wer davon stationär oder sogar intensivmedizinisch behandelt werden müsse:

"Man möchte nicht beatmet werden auf der Intensivstation. Das ist ein Alptraum."
Christan Drosten

Andere Kontinente auch bedroht

Besonderes Kopfzerbrechen bereitet Christian Drosten außerdem die medizinische Lage in Afrika. Der Kontinent habe in großen Teilen überhaupt nicht die Mittel, Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus zu treffen:

"Zwischen Juli und August werden wir Bilder sehen, die wir sonst nur aus Kinofilmen kennen. Da wird es Szenen geben, die wir uns heute noch nicht vorstellen können."
Christian Drosten

Deutschland laut Drosten gut im Zeitplan

Insgesamt ist Drostens Prognose über das Coronavirus ernüchternd bis schonungslos. Aber er hat auch einige Worte parat, die Mut machen:

"Wir sind in Deutschland relativ früh dran mit den Maßnahmen. Wir haben gute Chancen die Infektionskurve abzuflachen, damit die Krankenhauskapazitäten ausreichen, während wir die Intensivkapazitäten hochfahren."
Christian Drosten

Das alles natürlich nur, wenn die Gesellschaft auch ihren Teil beiträgt und weitgehend zuhause bleibt, um die Infektionsrate zu verlangsamen.