Ein Arzt nimmt bei der von der Bundeswehr organisierten Drive-In Teststation in einer Halle der ehemaligen Saarbrücker Messe einen Abstriche.Bild: dpa / Oliver Dietze
Deutschland
27.03.2020, 06:1527.03.2020, 10:00
konstantin kuhle
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg löste in dieser Woche eine Debatte darüber aus, ob die geltenden Regeln zum Einsatz der Bundeswehr im Innern vor dem Hintergrund der Corona-Krise verändert werden müssen. Dieser Vorstoß ist nicht neu.
Schon 2001 versuchte der damalige bayerische CSU-Innenminister Günther Beckstein durch eine Bundesratsinitiative, das Grundgesetz zu ändern, um den Einsatz der Bundeswehr im Inland auszuweiten. In Krisenzeiten wachsen gerade in konservativen Kreisen die Begehrlichkeiten, auf die Streitkräfte zuzugreifen. Doch dieser Reflex geht in die falsche Richtung.
Über unseren Gastautoren
Konstantin Kuhle ist Bundestagsabgeordneter für die FDP. Der 31-Jährige fungiert dort als innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Kuhle ist außerdem Generalsekretär der FDP Niedersachsen.
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Es bedarf keiner Grundgesetz-Änderung für einen Bundeswehr-Einsatz
Schon heute besteht gemäß Artikel 35 des Grundgesetzes die Möglichkeit, die Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe im Inneren einzubinden. Das Stapeln von Sandsäcken bei einem Hochwasser, die Suche nach einer vermissten Person durch ein Bundeswehr-Flugzeug oder die Bergung in Not geratener Personen sind schon heute erlaubt. Auch im Zusammenhang mit der Corona-Krise wurden bereits zahlreiche Amtshilfe-Ersuchen durch die Bundeswehr erfüllt. Das Land Berlin möchte auf seinem Messegelände gar ein ganzes Krankenhaus zusammen mit der Bundeswehr errichten.
Darüber hinaus nennt Artikel 35 des Grundgesetzes auch Naturkatastrophen und Unglücksfälle als Einsatzgründe für die Bundeswehr im Innern. Zwar kennt der Artikel als Einsatzgrund keine Pandemie, wie wir sie derzeit durch das Corona-Virus erleben. Jedoch kann eine solche Pandemie durchaus als "Naturkatastrophe in Zeitlupe" gesehen werden. Da auch das Bundesverfassungsgericht die Anwendbarkeit des Artikels 35 sehr weit fasst, steht der Unterstützung durch die Bundeswehr auch während einer Pandemie rechtlich nichts entgegen.
Diese Unterstützung muss sich allerdings auf Tätigkeiten beschränken, die nicht klassischerweise anderen Behörden wie der Polizei obliegen. Bei hoheitlichen Aufgaben – etwa bei Personenkontrollen oder Straßensperren – muss die Polizei die Maßnahme "in den Händen halten". Die Anforderungen für ein Handeln der Bundeswehr sind zu Recht sehr hoch. Denn die Trennung zwischen Polizei und Bundeswehr ist in Deutschland krisenerprobt. Die Polizei ist für den Einsatz im Inland ausgestattet und ausgebildet – die Bundeswehr hingegen für den Einsatz im Ausland.
Will man die Reaktionsfähigkeit der Bundesrepublik auf Pandemien und andere Katastrophen erhöhen, sollte man für solche Fälle die Ausstattung der Polizei, aber auch der Akteure im Bereich Zivil- und Katastrophenschutz verbessern.
Es gibt bereits umfassende Eingriffe in die Grundrechte
Die allermeisten Schritte, mit denen die öffentliche Hand gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vorgeht, waren oder sind auf der Grundlage des geltenden Rechts möglich. Dass die Regierungen von Bund und Ländern in einer solchen Krise entschlossen und pragmatisch handeln können, zeigt also, dass unsere Regeln überwiegend gut funktionieren. Die oberste Leitlinie staatlichen Handeln in Deutschland, das Grundgesetz, sollte man ohnehin nur ausnahmsweise verändern.
In einer solchen Krise eine Verfassungsänderung zu diskutieren, obwohl wesentliche Hilfsmaßnahmen der Bundeswehr schon jetzt möglich sind, ist unnötig und respektlos gegenüber unserer Verfassung, die sich offensichtlich gerade in Krisenzeiten bewährt.
Mit Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverboten und Grenzkontrollen sowie einer Einschränkung der Versammlungsfreiheit und der Funktionsfähigkeit der Gerichte hat unser Land bereits sehr umfassende Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen. Diese Eingriffe in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger werden von der Bevölkerung derzeit akzeptiert.
Eine zusätzliche Präsenz des Militärs im öffentlichen Raum dürfe bei vielen Menschen ein Gefühl des Unbehagens auslösen. Dieser Vorstoß spielt mit der Akzeptanz des aktuellen Krisenmanagements. Wir brauchen aber nicht noch mehr Verunsicherung, sondern die Gewissheit, dass unser Land diese Krise meistern wird – mit den Grundwerten und Grundregeln, die wir an ihm so sehr schätzen.
Unter Donald Trump als US-Präsident werden es mit seinem Amtsantritt gleich mehrere Personengruppen schwer haben. Die größte sind wohl Frauen. Denn der designierte Präsident ist nicht gerade dafür bekannt, ein Verfechter von Frauenrechten zu sein. Im Gegenteil.