
Nicht jeder Tisch im Restaurant darf besetzt sein. Bild: dpa
Deutschland
Nun scheint der Fall eingetreten zu sein, vor dem so manche Experten gewarnt und den so manche Gastronomen gefürchtet haben: Nur kurz nach Wiedereröffnung der Restaurants und Cafés scheinen sich mehrere Menschen in einem Lokal angesteckt zu haben.
Nur wenige Tage nach der Wiedereröffnung vieler
Restaurants in Deutschland scheinen sich in Niedersachsen mindestens
sieben Menschen in einem Lokal mit dem Coronavirus infiziert zu
haben. "Die Infektionen stehen vermutlich in Zusammenhang mit einem
Besuch in einem Lokal", teilte der Landkreis Leer am Freitag mit.
Falls sich das bestätigt, wäre dies der erste bekannt gewordene Fall
von in Restaurants verbreiteten Corona-Infektionen seit
Wiedereröffnung der Gaststätten und Cafés. Der Hotel- und
Gaststättenverband Dehoga reagierte bestürzt auf den Fall. NDR 1
Niedersachsen hatte zunächst über den Corona-Ausbruch im Landkreis
Leer berichtet.
Niedersachsen zählte zu den ersten Bundesländern, in denen
Restaurants wieder geöffnet werden durften - seit dem 11. Mai. In den
Tagen darauf folgten nach und nach auch fast alle anderen
Bundesländer. Ausnahmen gelten für Bayern, wo vorerst nur Biergärten
und Außenbereiche aufmachen dürfen, Innenräume ab dem 25. Mai.
Bundesweiter Vorreiter war Mecklenburg-Vorpommern, wo die Restaurants
bereits am 9. Mai wieder öffnen durften.
Nach Restaurant-Öffnung: 50 Personen in Quarantäne
Laut Landkreis Leer führten die neuen Fälle dazu, dass bereits für
mindestens 50 Menschen "vorsorglich häusliche Quarantäne" angeordnet
wurde. Weitere Testergebnisse stünden noch aus. Laut Gesundheitsamt
handelt es sich nicht um einen Einzelfall mit nur wenigen Kontakten.
"Es ist ein Ausbruch mit gleichzeitig mehreren Infizierten und vielen
Kontakten." Entsprechend aufwendig sei nun die Nachverfolgung.
Die sieben positiven Befunde, die miteinander zusammenhingen, seien
dem Gesundheitsamt von Dienstag bis Freitag mitgeteilt worden, teilte
der Landkreis mit. Im Landkreis Leer war zuvor eigenen Angaben
zufolge mehr als eine Woche lang überhaupt keine bestätigte
Neuinfektion gemeldet worden. Laut NDR 1 Niedersachsen war noch
unklar, ob sich die Besucher oder das Personal nicht an die Regeln
gehalten hätten.
Eine Sprecherin des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga sagte NDR 1
Niedersachsen, durch das Hygiene- und Abstandskonzept, das der
Verband erarbeitet habe, seien Neuinfektionen in Restaurants
eigentlich nicht möglich. Der Landrat von Leer, Matthias Groote,
warnte die Bürger der Landkreis-Mitteilung zufolge:
"Dieser Ausbruch führt uns deutlich vor Augen: Corona ist nicht vorbei, das Virus kann sich jederzeit weiter verbreiten."
In einem auf der Twitterseite des
Landkreises veröffentlichten Video sagte Groote, die Zahl der
Quarantäne-Fälle werde weiter "extremst" ansteigen, da die aktuellen
Fälle "im Rahmen eines Zusammentreffens" entstanden seien.
Einige Experten hatten vor Restaurantbesuchen in geschlossenen Räumen
gewarnt. So sagte Andreas Podbielski, Direktor des Instituts für
Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene an der
Universitätsmedizin Rostock, der Deutschen Presse-Agentur, die Gäste
von Restaurants sollten möglichst draußen sitzen. "Da kommt es
praktisch nicht zu Infektionen. Das Coronavirus wird ganz maßgeblich
über die Luft übertragen." Dagegen schütze draußen der Luftzug. In
Innenräumen von Restaurants oder Cafés werde es allerdings
problematischer. Selbst bei ausreichendem Luftaustausch alle sechs
bis zehn Minuten gebe es keine hundertprozentige Garantie.
Vor Restaurantbesuch anmelden
Restaurants und auch Kneipen waren Mitte März geschlossen worden, um
eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Unter Einhaltung von
Abstandsregeln und Hygienevorschriften durfte die Gastronomie
schrittweise wieder öffnen, vor dem Hintergrund des jeweiligen
Infektionsgeschehens in den Ländern und landesspezifischer
Besonderheiten. So müssen sich Gäste mancherorts vorher mit Adresse
und Telefonnummer anmelden. In manchen Restaurants werden Gästen
Sitzplätze zugeteilt. Bedient werden darf häufig nur am Tisch. An
Theken darf vielerorts niemand Platz nehmen.
Die Dehoga hatte die Situation von Gastronomie und Tourismus Anfang
Mai als "dramatisch" bezeichnet. Eine Umfrage bei den Betrieben habe
ergeben, dass ein Drittel von der Insolvenz bedroht sei - 70 000 der
220 000 Unternehmen.
(lin/dpa)