Fordert, strikt auf Erstimpfungen zu gehen, um schwere Krankheitsverläufe zu verhindern: SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.Bild: dpa / Kay Nietfeld
Deutschland
05.04.2021, 12:0505.04.2021, 15:33
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert einen
Kurswechsel in der Corona-Impfstrategie hin zu möglichst vielen
kurzfristigen Erstimpfungen. Wenn der Abstand zur Zweitimpfung bei
den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna von sechs auf zwölf
Wochen verlängert würde, könnten bis Juli über 60 Millionen Menschen
in Deutschland erstgeimpft und so gegen schwere Krankheitsverläufe
geschützt sein, sagte er der "Augsburger Allgemeinen".
"Wenn wir jetzt unsere Strategie wechseln und auf möglichst viele
Erstimpfungen ausrichten, wird kein vierter Lockdown mehr nötig
sein."
Lauterbach verwies auf Erfahrungen aus Großbritannien sowie
Modellrechnungen unter seiner Beteiligung, wonach so "weit über 10
000" Todesfälle verhindert werden könnten. "Studienergebnisse aus
Australien weisen darauf hin, dass der Schutz der mRNA-Impfstoffe
auch zwischen der sechsten und der zwölften Woche nach der Impfung so
stark ausgeprägt ist, dass bei einer Corona-Infektion das Risiko
schwerer Verläufe mit Klinikaufenthalten oder tödlichem Ausgang
extrem gering ist."
Weiterer Experte unterstützt den Vorschlag
Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie,
Carsten Watzl, stützte den Vorschlag und forderte, keine Dosen für
Zweitimpfungen mehr zurückzulegen. "Wir haben derzeit über 1.2
Millionen Dosen Biontech und eine halbe Million von Moderna auf Lager
in den Gefrierschränken liegen", sagte Watzl der "Augsburger
Allgemeinen". "Wir müssen jetzt aber pragmatisch sein und alles
verimpfen, was geliefert wird." Möglich sei, dass der Schutz zwischen
Woche sechs und zwölf etwas nachlasse. Doch: "Selbst wenn der
Impfabstand etwas länger als sechs Wochen ist, retten wir dadurch
möglicherweise mehr Menschenleben als wir schwere Erkrankungen
riskieren."
Die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut hatte
zunächst für das Biontech/Pfizer-Mittel einen Abstand von drei bis
sechs Wochen empfohlen, für den Moderna-Impfstoff einen Abstand von
vier bis sechs Wochen. In einem Beschlussentwurf vom 1. April zu
einer Aktualisierung der Empfehlungen heißt es nun: "Die Gabe der
zweiten Impfstoffdosis soll für die mRNA-Impfstoffe nach sechs Wochen
und für den Astrazeneca-Impfstoff nach zwölf Wochen erfolgen, da
dadurch sowohl eine sehr gute individuelle Schutzwirkung als auch ein
größerer Effekt der Impfung auf Bevölkerungsebene zu erzielen ist."
(andi/dpa)