"Das ist ganz schwer einzuordnen, immer noch", sagt Virologe Christian Drosten über die Virusmutation.Bild: dpa / Britta Pedersen
Deutschland
Der Virologe Christian Drosten sieht noch
viele offene Fragen rund um die neue, zuerst in Großbritannien
nachgewiesene Corona-Variante B.1.1.7. "Das ist ganz schwer
einzuordnen, immer noch", sagte der Leiter der Virologie an der
Berliner Charité im Podcast "Coronavirus-Update" vom Dienstag bei
NDR-Info. "Ich gehe davon aus, dass wir, sagen wir, vielleicht bis
Ostern oder bis Mai ganz klare experimentelle Evidenz haben, ob jetzt
dieses Virus übertragbarer und gefährlicher ist oder nicht. Aber das
wird einfach dauern."
Derzeit werde noch zusammengetragen, wie verbreitet die neue
Variante in Deutschland ist, schilderte der Virologe. Von einem
großen Problem damit gehe er momentan nicht aus. Nachdem er auch
Daten aus Dänemark zum Thema gesehen habe, sei er der Ansicht, dass
die Variante ernst genommen werden müsse, erläuterte Drosten.
Erste Erkenntnisse aus Dänemark zeigten demnach eine exponentielle Übertragung, die auf eine "erhöhte Fitness" des Virus hindeute.
Auch in
Deutschland müsse man verstärkt nach der Mutation schauen.
Hintergrund sind Befürchtungen, dass die Variante übertragbarer ist -
also dass ein Infizierter im Schnitt mehr Menschen ansteckt als
bisher, die Variante also mit einer höheren Reproduktionszahl
einhergeht.
Drosten fürchtet deutlich höheren R-Wert bei Mutation
In Hinblick auf die Wirksamkeit der Impfung bekräftigte Drosten:
"Da haben wir im Moment keine großen Sorgen." Die Sorge sei vielmehr,
dass die Variante im Vergleich zu früheren Formen einen deutlich
höheren R-Wert haben könnte, etwa von 1,5 statt von 1. Sollte sich
ein solches Szenario bestätigen, wäre es Drosten zufolge ein Problem.
"Das ist ja ein exponentielles Phänomen", betonte er. Der Virologe
äußerte aber auch schon wiederholt die Hoffnung, dass B.1.1.7 weniger
stark krank machen könnte.
Nach dem Nachweis in Großbritannien wurde die Variante auch in
anderen Ländern bestätigt. In Deutschland sind bislang nur vereinzelt
Fälle bekannt, etwa in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen.
Das Robert Koch-Institut erwartet aber, dass weitere Fälle
hinzukommen. Experten befürchten, dass die Ausbreitung die
Pandemiebekämpfung erschweren könnte.
Auch eine aus Südafrika bekannte Corona-Variante müsse man
"mindestens genauso beobachten" wie die englische, betonte Drosten.
Reiserückkehrer aus dem Land sollten nach seiner Einschätzung
getestet werden. Es gebe jetzt noch ein Zeitfenster, um der
Ausbreitung hierzulande vorzubeugen.
Bund und Länder beschlossen am Dienstag neben einer Verlängerung
und Verschärfung des Lockdowns bis Ende Januar, den Eintrag solcher
Mutationen aus dem Ausland möglichst stark eindämmen zu wollen. In
Deutschland sollten sie durch verstärkte Sequenzierung entdeckt
werden; dabei wird nach Gensequenzen gesucht. Die Ausbreitung soll
durch priorisierte Nachverfolgung und Quarantäne möglichst stark
begrenzt werden.
(hau/dpa)