Schon am Freitagabend demonstrierten in Berlin rund 1500 Menschen vor dem Brandenburger Tor. Am Samstag erwarten die Veranstalter 22.000 Teilnehmer.Bild: www.imago-images.de / stefan zeitz
Deutschland
29.08.2020, 08:2629.08.2020, 20:49
Jetzt also doch: Der umstrittene Demonstrationszug sowie die Kundgebung
gegen die Corona-Politik können am Samstag in Berlin stattfinden. Das
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte am frühen
Samstagmorgen in zweiter Instanz, dass das Verbot der Berliner
Polizei keinen Bestand hat. Diese Entscheidung ist nun rechtskräftig.
Nach seinem Beschluss teilte das Gericht mit, die von mehreren
Initiativen für den 29. August 2020 geplanten Versammlungen gegen die
Corona-Politik von Bund und Ländern könnten stattfinden. Das
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg habe zwei Eilbeschlüsse des
Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. August 2020 im Wesentlichen
bestätigt. "Damit sind die beiden Versammlungsverbote des
Polizeipräsidenten in Berlin für diesen Tag vorläufig außer Vollzug
gesetzt."
Tausende Polizisten im Einsatz, Veranstalter erwarten 22.000 Demonstranten
Die Polizei bereitete sich mit rund 3000 Kräften – unabhängig vom
konkreten Ausgang des Gerichtsstreits – auf einen großen Einsatz am
Wochenende vor. Die Veranstalter der Initiative Querdenken 711 hatten
zu der Kundgebung am Samstag aufgerufen und erwarteten rund 22.000
Teilnehmer auf der Straße des 17. Juni nahe dem Brandenburger Tor.
Zuvor war ein längerer Demonstrationszug durch Berlin-Mitte geplant.
Die Versammlungsbehörde der Polizei hatte diese größeren Aktionen und
mehrere kleinere Veranstaltungen verboten.
Als Grund für die Verbotsverfügung hatte sie angeführt, dass durch
die Ansammlung Zehntausender Menschen - oft ohne Maske und Abstand -
ein zu hohes Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung entstehe. Das habe
bereits die Demonstration gegen die Corona-Politik am 1. August in
Berlin gezeigt, bei der die meisten Demonstranten bewusst
Hygieneregeln ignoriert hätten.
Das Verwaltungsgericht Berlin hatte aber am Freitag entschieden, dass
die Versammlung stattfinden dürfe. Es stellte fest: Für ein Verbot
lägen keine Voraussetzungen vor. Eine unmittelbare Gefahr für die
öffentliche Sicherheit lasse sich weder aus dem Verlauf der Demo am
1. August noch aus der kritischen Haltung der Teilnehmer zur
Corona-Politik ableiten. Die Veranstalter hätten ein Hygienekonzept
vorgelegt und mit 900 Ordnern und 100 "Deeskalationsteams"
Vorkehrungen getroffen. Auflagen für die Demo seien vom Land nicht
hinreichend geprüft worden.
Erste Demonstrationen schon am Freitag vor dem Brandenburger Tor
Der Initiator der Kundgebung, Michael Ballweg, wertete bereits die
Entscheidung der ersten Instanz, des Berliner Verwaltungsgerichts, am
Freitagnachmittag als "vollen Erfolg". Er betonte, dass die
Demonstration friedlich ablaufen solle.
Bereits am Freitagabend versammelten sich 1.500 vor dem Brandenburger Tor – die meisten von ihnen trugen keinen Mundschutz. Vor den Botschaften Russlands und den USA forderten einige von ihnen die Unterzeichnung eines "Friedensvertrags" – ein klares Zeichen, dass es sich hierbei um Anhänger der Reichsbürgerbewegung handelt. Viele von ihnen glauben, dass die Bundesrepublik weiterhin ein besetztes Land sei.
Die Berliner Polizei zeigte sich über die im Internet formulierte
"offene Gewaltbereitschaft" besorgt, wie Vizepräsident Marco Langner
sagte. Es gebe auch viele Aufrufe von Rechtsextremisten zur Teilnahme
an den Versammlungen. 3000 Polizisten sollen in der Hauptstadt
bereitstehen, 1000 davon aus anderen Bundesländern und von der
Bundespolizei, hieß es am Freitagnachmittag von der Polizeibehörde.
Der rot-rot-grüne Berliner Senat und die Polizei mussten wegen der
Verbotsverfügung breite Kritik einstecken. Innensenator Andreas
Geisel (SPD) hatte zum Demonstrationsverbot auch gesagt, er wolle
nicht hinnehmen, dass Berlin erneut zur Bühne für "Corona-Leugner,
Reichsbürger und Rechtsextremisten" werde.
(hau/dpa)