Die Kritik an der Bundesregierung wegen der Impfstoff-Politik wird lauter.Bild: imago images / Christoph Reichwein (crei)
Deutschland
02.01.2021, 14:1602.01.2021, 14:35
Die Neurologin Frauke Zipp, Mitglied der
Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, hat der
Bundesregierung schwere Versäumnisse bei der Beschaffung von
Impfstoffen in der Corona-Pandemie vorgeworfen. "Ich halte die
derzeitige Situation für grobes Versagen der Verantwortlichen", sagte
sie der "Welt". "Warum hat man im Sommer nicht viel mehr
Impfstoff auf Risiko bestellt?" Es habe diese Angebote gegeben, "wir
hätten sie jetzt zur Verfügung". Nach ihrem Kenntnisstand habe das
Unternehmen Biontech im Spätsommer wesentlich mehr
Impfdosen angeboten.
Die Leopoldina gehört zu den wichtigsten Beratern der Regierung
in der Pandemie. Leopoldina-Mitglied Zipp ist Direktorin der Klinik
für Neurologie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Sie
erforscht entzündliche neurologische Erkrankungen.
Kritik auch von FDP und Grünen
Biontech hatte am Freitag erklärt, mehr Corona-Impfstoff als
bisher geplant an die EU liefern zu wollen. Das Unternehmen befinde
sich "in fortgeschrittenen Diskussionen, ob und wie wir weitere
Impfstoffdosen aus Europa für Europa in diesem Jahr zur Verfügung
stellen können", teilte Unternehmenschef Ugur Sahin der Deutschen
Presse-Agentur mit. Hintergrund sind Klagen über die Knappheit von
Impfstoff in Deutschland und anderen EU-Staaten. Sowohl
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als auch die EU-Kommission
müssen sich Kritik anhören.
FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte der "Welt": "Die Kritik
an der Impfstoffbeschaffung ist sehr ernst zu nehmen." Am Beispiel
Israels und anderer Länder sehe man, dass es möglich sei, schneller
zu impfen. "Die Bundesregierung muss sehr gut erklären, warum das in
Deutschland so schleppend läuft." Die Gesundheitsexpertin der
Grünen-Bundestagsfraktion, Kordula Schulz-Asche, sagte, dass es "aus
heutiger Sicht sicher besser gewesen wäre, mehr und verschiedene
Impfstoffe bei den über hundert Entwicklern auf Risiko zu
bestellen"
(andi/dpa)