Ein Mann spaziert am Mittwochmorgen mit seinem Hund durch die leeren Straßen in Frankfurt. Bild: ap / Michael Probst
Deutschland
In Deutschland hat der harte Lockdown
begonnen. Im Kampf gegen das Coronavirus wird das öffentliche Leben
zum zweiten Mal in diesem Jahr heruntergefahren.
Abgesehen von
Lebensmittelläden und anderen Geschäften für den täglichen Bedarf ist
der Einzelhandel nun vorerst bis zum 10. Januar geschlossen, auch
Schulen und Kitas bleiben weitgehend zu.
Mit den nun geltenden harten Einschränkungen wollen Bund und
Länder erreichen, dass die starke Welle der Neuansteckungen gebrochen
wird. Ziel ist es, die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner
binnen einer Woche auf maximal 50 zu bringen, um die
Kontaktnachverfolgung wieder möglich zu machen. Damit soll auch
verhindert werden, dass die Kliniken überlastet werden, insbesondere
die Intensivstationen. Am Mittwoch lag die sogenannte
Sieben-Tages-Inzidenz laut RKI-Daten bei 179.8.
Private Treffen bleiben auf den eigenen und einen weiteren
Haushalt, in jedem Fall auf maximal fünf Personen beschränkt - Kinder
bis 14 Jahre ausgenommen. Nur zu Weihnachten vom 24. bis 26. Dezember
gibt es Lockerungen. Die Auflagen gelten vorerst bis 10. Januar. Am
5. Januar wollen Bund und Länder über die weitere Marschroute
beraten.
Spahn: Impfungen vielleicht schon nächste Woche
Mitten in der Krise gibt es
aber einen Lichtblick: Laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
könnte es auch in Deutschland nächste Woche mit den Impfungen
losgehen.
Spahn bezeichnete es als sehr gutes Signal, dass nach heutigem
Stand noch vor Heiligabend der erste Impfstoff in der EU zugelassen
werden dürfte. Danach könne man innerhalb von zwei bis vier Tagen mit
dem Impfen beginnen, sagte er am Dienstagabend in den
ARD-"Tagesthemen". In Deutschland seien die Impfzentren und
Impfstrukturen nun einsatzbereit. In einem ersten Schritt könnten
nach der Zulassung "um die 400.000 Dosen ausgeliefert werden". Pro
Person werden zwei Dosen benötigt. Geimpfte sollen laut Spahn die
Möglichkeit bekommen, Wirkungen und Nebenwirkungen per App zu melden.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte am Dienstag
angekündigt, dass sie schon am 21. Dezember ihr Gutachten über den
Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seines
US-Partners Pfizer vorlegen will - also acht Tage
früher als bisher in Aussicht gestellt. Formell muss dann noch die
EU-Kommission zustimmen. Das gilt als Formsache und könnte auch
innerhalb eines Tages erfolgen. Damit wäre der Weg frei für den
Beginn von Massen-Impfungen in allen EU-Mitgliedsstaaten.
Zunächst werde Deutschland den Impfstoff wie vereinbart aus den
europäischen Verträgen bekommen, sagte Spahn. Dies seien bis Ende des
ersten Quartals elf bis 13 Millionen Impfdosen. Später kämen dann die
Lieferungen hinzu, die man bilateral mit den Herstellern vereinbart
habe. Dies seien allein von Biontech 20 Millionen Dosen zusätzlich.
Spahn geht davon aus, dass bis Ende des nächsten Sommers rund 60
Prozent der Bürger in Deutschland geimpft sein könnten. Laut Experten
ist eine Rate von 60 bis 70 Prozent für eine wirkungsvolle Bekämpfung
der Pandemie nötig.
Merkel rechnet mit harten Monaten: "Da dürfen wir uns keine Illusionen machen"
Mit einer schnellen Entspannung der Lage rechnet die
Bundesregierung nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte am
Dienstag in einer Sitzung der Unionsfraktion, Januar und Februar
würden nochmals richtig harte pandemische Monate werden. "Da dürfen
wir uns keine Illusionen machen", wurde sie von Teilnehmern zitiert.
Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hält
die Lage für so ernst wie noch nie in dieser Pandemie.
Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery,
rechnet damit, dass Einschränkungen noch über Monate notwendig sein
werden. "Auch wenn die Impfungen jetzt früher beginnen als erwartet,
wird der Effekt nur allmählich zu einer Verbesserung der Lage
beitragen. Wir werden mindestens noch bis Ostern mit verschiedenen
Lockdown-Maßnahmen leben müssen", sagte er den Zeitungen der Funke
Mediengruppe.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) appellierte an
den Gemeinsinn. "Es geht jetzt nur in einer gemeinsamen
Kraftanstrengung", sagte sie dem dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
(RND). "Und ich hoffe, dass wir alle miteinander solidarisch und
verständnisvoll sind, um die Krise zu bewältigen."
(hau/dpa)