Neue Corona-Beschlüsse bei der Ministerpräsidenten-Konferenz am kommenden Montag sind unwahrscheinlich.Bild: dpa / Hendrik Schmidt
Deutschland
Mehrere Ministerpräsidenten haben Erwartungen
an neue Beschlüsse bei den Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Pandemie
am kommenden Montag gedämpft. Die Runde der Regierungschefs mit
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den seit dem 2. November
geltenden Teil-Lockdown beschlossen, der am Montag zwei Wochen anhält
und zunächst bis Ende November in Kraft bleiben soll. Lokale und
andere Freizeiteinrichtungen sind derzeit geschlossen, Hotels dürfen
keine Touristen beherbergen. Und die Corona-Lage bleibt ernst – für
Hoffnungen auf Lockerungen scheint es derzeit keinen Anlass zu geben.
Kanzlerin Merkel stimmte die Bevölkerung am vergangenen Donnerstag auf
"schwere Wintermonate" ein. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
sagte im rbb-Inforadio, Veranstaltungen mit mehr als 10 bis 15
Personen wie etwa Weihnachtsfeiern sehe er "in diesem Winter nicht
mehr" stattfinden. "Wir müssen noch ein paar Monate die Pobacken
zusammenkneifen", kündigte der Chef des Robert Koch-Instituts, Lothar
Wieler, an.
Neue Corona-Beschlüsse am kommenden Montag unwahrscheinlich
Die Beratungen in der kommenden Woche waren am Donnerstag auch
Thema bei der halbjährlichen Besprechung zwischen Kanzleramtsminister
Helga Braun und den Chefs der Staats- und Senatskanzleien.
Zugeschaltet waren auch RKI-Chef Wieler und der Immunologe Michael
Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in
Braunschweig.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Michael Kretschmer dämpfte die
Erwartung, dass es am Montag neue Beschlüsse geben wird. Es seien
seit der vergangenen Runde erst zwei Wochen vergangen, wahrscheinlich
müsse man noch etwas warten, sagte der CDU-Politiker am
Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". "Wir sehen eine
leichte Verbesserung, allerdings weniger, als wir erhofft haben",
sagte Kretschmer. Wenn man die momentanen Zahlen fortschreibe, sei
man erst Weihnachten dort, wo man hinwolle.
Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, sagte
in der gleichen Sendung, wenn man am Montag zu dem Ergebnis komme,
dass man noch nichts Aussichtsvolles sagen könne, dann treffe man
sich ein paar Tage später wieder. Ähnlich äußerte sich Kretschmer.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte in der ZDF-Sendung
"Markus Lanz", für Lockerungen gebe es jetzt überhaupt keinen Anlass.
Am Montag werde es um einen Zwischenstand gehen, es werde auch nicht
die letzte Runde mit der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten im
November sein. Sicherlich werde man über die Schulen reden müssen.
Bayern will bundesweite Schließung von Sporthallen
"Unser Ziel muss sein, unter die Sieben-Tage-Inzidenz von 50 zu
kommen", sagte der CSU-Politiker dem "Münchner Merkur" am Freitag. Im
ZDF bezeichnete Söder diesen Wert als "Mutter aller Zahlen", weil er
die Rückverfolgung von Infektionen durch die Gesundheitsämter
ermögliche. Bayern und bundesweit liegt der Wert derzeit um ein
Vielfaches höher. Er gibt an, wie viele Neuinfektionen es binnen der
vergangenen sieben Tage auf 100.000 Menschen gab.
Aus bayerischer Sicht sollte ein weiteres Thema am Montag auf die
Tagesordnung kommen. In dem Freistaat müssen ab diesem Freitag so gut
wie alle Sporthallen geschlossen bleiben – einzig Schul- und
Profisport bleiben im November in Innenräumen erlaubt. "Die
Staatsregierung zieht damit eine Entscheidung vor, die Bayern bei der
nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am kommenden Montag ohnehin
vorgeschlagen hätte", sagte Gesundheitsstaatssekretär Klaus
Holetschek (CSU) am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur in
München.
Mehrere Ministerpräsidenten betonten, am kommenden Montag müsse erneut über die Corona-Regeln an Schulen beraten werden.Bild: dpa / Daniel Bockwoldt
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sagte der
"Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag), man werde am Montag eine
"erste Bewertung vornehmen, wie die aktuellen Maßnahmen gewirkt
haben". Es sei noch zu früh, um darüber zu reden, wie es Ende
November weitergehe. Wie Söder betonte auch Günther, dass man über
die Schulen sprechen müsse. "So lange es verantwortbar ist, wollen
wir, dass Schulen auf jeden Fall Präsenzunterricht machen und Kitas
geöffnet bleiben", sagte Günther.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig
hatte sich bereits am Donnerstag gegen neue Maßnahmen ausgesprochen.
"Ich bin dafür, dass wir bei dem bleiben, was wir im letzten Gipfel
mit der Kanzlerin vereinbart haben", sagte die SPD-Politikerin. Am
Montag werde eine erste Auswertung der November-Schutzmaßnahmen
vorgenommen. "Und wir werden dann Ende November entscheiden, wie es
weitergeht."
Scholz stockt Corona-Hilfen auf
Um die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns abzufedern, hatte
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) eine Aufstockung der Novemberhilfen
angekündigt. Es würden sicherlich mehr als die bisher diskutierten
zehn Milliarden Euro verteilt, sagte der Vizekanzler.
Solo-Selbstständige sollen eine Abschlagszahlung von bis zu 5000 Euro
erhalten, Unternehmen bis zu 10.000 Euro. Die Bundesregierung hat
Zuschüsse etwa für Gastronomiebetriebe und Künstler zugesagt, die von
behördlich angeordneten Schließungen betroffen sind.
"Der Finanzminister kann aber nur dann erfolgreich sein, wenn
auch alle anderen Minister nicht nur öffentliche Ankündigungen
machen, sondern durch belastbare Maßnahmen die Hindernisse aus dem
Weg räumen, damit etwa die Novemberhilfen zügig bei den Betroffenen
ankommen", sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich der dpa.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt begrüßte Scholz'
Ankündigung. Seit Monaten habe die Regierung Kulturschaffende und
Selbstständige nur mit Versprechen und "Notgroschen" abgespeist,
sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" am Freitag. Der
parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, Marco
Buschmann, warnte in der Zeitung: "Wenn wir nicht mehr Tempo machen,
wird eine große Zahl von Menschen in der Ungewissheit Weihnachten
feiern müssen, ob sie die Unterstützung bekommen oder nicht."
Der Einzelhandelsverband HDE warnte eindringlich vor der
Schließung von Geschäften. Die Weihnachtszeit sei die mit Abstand
umsatzstärkste Phase des Jahres, sagte Hauptgeschäftsführer Stefan
Genth der dpa. "Sollten jetzt erneut Läden geschlossen werden, ist
das für die Innenstadthändler nicht mehr zu kompensieren." In der
Folge drohten ganze Innenstädte "zu kippen". Schon heute seien die
finanziellen Rücklagen der Läden in den meisten Fällen aufgebraucht.
Ohne massive Hilfen könnten bis zum Ende der Krise nach Einschätzung
des HDE 50.000 Geschäfte dichtmachen.
(mse/dpa)