
Für diese Schülerinnen und Schüler in Hessen geht am 22. Juni wieder der gemeinsame Präsenzunterricht los.Bild: dpa / Arne Dedert
Deutschland
Woche für Woche kehren mehr Schülerinnen und Schüler zurück in den Präsenzunterricht. Doch wie soll man sie und ihre Lehrer schützen? Um den richtigen Weg wird weiter gerungen.
14.06.2020, 18:5114.06.2020, 18:51
Wenn nach den Sommerferien die Schulen wie geplant
wieder komplett öffnen, sollten Lehrer aus Sicht des Deutschen
Lehrerverbandes einmal pro Woche auf das Coronavirus getestet werden.
"Wir setzen auf regelmäßige wöchentliche Tests von Lehrkräften, auch
wenn keine Krankheitssymptome vorliegen", sagte Verbandspräsident
Heinz-Peter Meidinger der Deutschen Presse-Agentur.
An diesem Montag gehen einige Bundesländer mit Blick auf die Schulen
einen großen Schritt in Richtung Normalität. In Niedersachsen etwa
haben zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Krise wieder alle Schüler
Präsenzunterricht. In Nordrhein-Westfalen sollen dann alle
Grundschüler täglich in die Schule gehen.
Unterschiedliche Pläne für Corona-Tests
Forderungen nach Tests für Lehrer und auch Schüler hatten
verschiedene Verbandsvertreter aus dem Bildungsbereich bereits
erhoben. In den Bundesländern gibt es unterschiedliche Pläne. So will
Brandenburg Lehrkräften und Kitapersonal anbieten, sich für zunächst
drei Monate alle zwei Wochen testen zu lassen. Dem dortigen
Linksfraktionschef Sebastian Walter reichen diese Kontrollen nicht.
"Da muss man mehr anbieten", sagte er der dpa.
Andere Länder planen stichprobenartige Tests. Ob Stichproben
genügten, hänge vom Infektionsgeschehen im jeweiligen Bundesland ab,
sagte Meidinger. Als "absolut wichtig und sinnvoll" bezeichnete er
Pläne Schleswig-Holsteins, spezielle Einsatzteams bereitzustellen,
die im Falle von Coronainfektionen an Schulen "ganz schnell alle
Kontaktpersonen testen".
In der "Welt am Sonntag" kritisierte Meidinger: "Die Politik gibt dem
gesellschaftlichen Druck nach Öffnungen nach, ohne zuvor ein neues
Gesundheitskonzeptvorzulegen." Es wüchsen die Zweifel, "ob die
Politik überhaupt noch die Kraft und den Willen hat, Lockerungen bei
künftigen Infektionswellen gegebenenfalls zurückzuschrauben".
Seit den schrittweisen Öffnungen sind einer Umfrage der "Welt am
Sonntag" unter den Kultusministerien zufolge bundesweit knapp 60 der
rund 33 000 allgemeinbildenden Schulen ganz oder teilweise für einen
gewissen Zeitraum geschlossen worden. 35 davon entfallen demnach auf
Göttingen, wo es einen großen Corona-Ausbruch wegen privater Feiern
gegeben hatte.
Mehrheit befürwortet regulären Unterricht
Die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK), die am Donnerstag (18.
Juni) turnusgemäß zu einer Videokonferenz zusammenkommt, forderte der
Präsident des Lehrerverbandes auf, ein neues, detailliertes
Hygienekonzept für die angestrebten vollständigen Schulöffnungen ohne
Abstandsregeln nach dem Sommer vorzulegen. Schulträger und Schulen
müssten genügend Vorlauf haben, um sich vorzubereiten.
Die Minister wollen bei ihrer Konferenz mit Experten darüber beraten,
wie der geplante Regelbetrieb nach den Sommerferien praktisch
aussehen könnte. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin und
amtierende KMK-Präsidentin Stefanie Hubig (SPD) hatte für ein Ende
der 1.5-Meter-Abstandsregel an den Schulen plädiert.

Unterricht mit Mindesabstand: Nicht in allen Schulen dürfte das umsetzbar sein.Bild: dpa / Arne Dedert
Die Mehrheit der Menschen in Nordrhein-Westfalen findet den Start des
regulären Unterrichts an Grundschulen am Montag richtig. Das ergab
eine repräsentative Umfrage, die von der FDP-Landtagsfraktion beim
Institut "Civey" in Auftrag gegeben wurde. Demnach stimmten 57,9
Prozent der Befragten der Entscheidung der Landesregierung zu, 30,5
Prozent beurteilten sie als falsch.
Fortbildungen in den Sommerferien?
Der Bundeselternrat fordert, dass sich Lehrerinnen und Lehrer
angesichts der Corona-Pandemie in den Sommerferien in digitalem
Unterrichten fortbilden. "Es gibt Wichtigeres als die Sommerferien",
sagte der Vorsitzende des Bundeselternrats, Stephan Wassmuth, dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). "Für uns Eltern ist es
keine Frage, dass es für Lehrer in den Sommerferien Fortbildungen in
Sachen digitales Unterrichten geben muss."
Der Deutsche Philologenverband lehnt es allerdings ab, Lehrer dazu zu
verpflichten. Die Verbandsvorsitzende Susanne Lin-Klitzing sagte dem
RND: "Das Problem ist nicht, dass Lehrer nicht bereit wären, sich
digital fortbilden zu lassen." Das Problem sei, dass es oft am
Fortbildungsangebot fehle. "Dieses sollte es über das ganz Jahr geben
- dann können Lehrer selbst entscheiden, wann sie teilnehmen wollen."
Kein Regelbetrieb ohne Mindestabstand
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft beklagt ein Schlechtreden
von Lehrern. "Offenbar geben einige Eltern den Druck, unter dem sie
selber wegen der objektiv sehr schwierigen Vereinbarkeit von Beruf
und Familie stehen, an die Lehrkräfte weiter", sagte GEW-Chefin
Marlis Tepe der "Welt". Eltern
sollten lieber Druck auf Schulträger, Kommunen, Länder und Bund
machen.
Die Rückkehr zum Regelbetrieb ohne Mindestabstand lehnt die
GEW-Chefin ab. "Solange die Gesellschaft entscheidet, dass in anderen
Bereichen des Lebens Sicherheitsabstände einzuhalten sind, kann es
keinen Regelbetrieb der Schulen geben", sagte sie der "Welt". "Ich
halte das für sehr gefährlich und fürchte, dass Schulen zu Hotspots
werden."
(lau/dpa)