Wie entscheidet die EMA über Astrazeneca? Nach heute herrscht Klarheit.Bild: dpa / María José López
Deutschland
18.03.2021, 06:3218.03.2021, 10:44
Corona-Entscheidungen Schlag auf Schlag: Am Donnerstag urteilt die
EMA über Astrazeneca, am Freitag und am Montag treffen sich Bund und
Länder. Die zentralen Fragen: Wann wird weiter geimpft und welche
Beschränkungen gelten an Ostern?
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA will an diesem
Donnerstag entscheiden, ob der Astrazeneca-Impfstoff gegen das
Coronavirus weiter verwendet werden soll. Sein Gebrauch war in
Deutschland und anderen Ländern nach einigen Fällen von
Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang
zu Impfungen ausgesetzt worden. Wie es nach der Bewertung durch die
EMA weiter geht, wollen Bund und Länder am Freitag bei einem
"Impfgipfel" beraten.
Im Fall der Aufhebung des Impfstopps für das Vakzin des
britisch-schwedischen Herstellers fordern Hausärzte, das Mittel rasch
in ihren Praxen zu verabreichen. "Auch wenn sich zeigt, dass der
Impfstoff für die meisten unbedenklich ist, wird es leider nicht
gerade leicht werden, das Vertrauen wieder aufzubauen", sagte der
Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). "Dies wird eines
enormen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient bedürfen."
Im Impfzentrum werde das nicht möglich sein.
Laschet springt Spahn zur Seite
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten sich darauf
geeinigt, Mitte April mit dem Impfen in Praxen zu starten. Endgültige
Beschlüsse sollen am Freitag gefasst werden.
Gesundheitsminister Jens Spahn war für seine Entscheidung, die
Impfung mit Astrazeneca auszusetzen, zunächst heftig kritisiert
worden. Zuletzt regte sich von vielen Seiten aber auch Unterstützung
für den CDU-Politiker. Spahn habe keine andere Möglichkeit gehabt,
als den Empfehlungen des Paul-Ehrlich-Instituts zu folgen, sagte
CDU-Chef Armin Laschet am Mittwochabend in der ARD. Das für die
Impfstoff-Sicherheit zuständige Institut hatte wegen möglicher
Gesundheitsrisiken dazu geraten, Impfungen mit dem Astrazeneca-Stoff
auszusetzen. Der Bundesvorsitzende des Virchowbundes der
niedergelassenen Ärzte, Dirk Heinrich, sagte der "Berliner Zeitung":
"Der Stopp zeigt, dass unser System funktioniert."
Kassenärzte-Chef: Eingeschränkte Astrazeneca-Zulassung möglich
Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann,
hält künftig auch eine eingeschränkte Zulassung für den
Astrazeneca-Impfstoff für möglich. "Die Experten prüfen, ob es einen
Zusammenhang zwischen Einnahme von Verhütungsmitteln, Rauchen und
Impfen gibt. Möglicherweise haben sich hier Risiken potenziert. Dann
könnte es vielleicht eine Zulassung mit Einschränkungen geben - etwa
nur für bestimmte Altersgruppen oder beispielsweise ohne
gleichzeitige Nutzung der Pille", sagte Bergmann der "Rheinischen
Post" (Donnerstag).
Vom "Impfgipfel" fordert er Klarheit: "Ich hoffe auf klare Ansagen,
wie es mit Astrazeneca weitergeht. Zudem hoffe ich auf klare Ansagen
der Politik zum Osterurlaub. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man
angesichts der steigenden Infektionszahlen in den Flieger nach
Mallorca steigen kann."
Wirbel um Reise-Hype nach Mallorca
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) reagierte
verärgert auf die Streichung Mallorcas von der Liste der
Corona-Risikogebiete. "Wir haben durch die Virusmutationen eine
richtig schwierige Situation. Da müssen wir doch nicht sehenden Auges
weitere Risiken eingehen", sagte der SPD-Politiker der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (NOZ). Die Streichung von der Risikoliste
erfolgt aktuell automatisch, wenn die Neuinfektionen pro 100 000
Einwohner innerhalb von sieben Tagen unter 50 sinken. "Liebe Leute,
bleibt zu Hause", lautet der Appell des Regierungschefs mit Blick auf
die nahenden Osterferien.
Ähnlich äußerte sich seine Amtskollegin aus Rheinland-Pfalz. Malu
Dreyer (SPD) sagte der "Welt": "Ich will lieber, dass die Menschen
bei uns Wandern und mit Abstand und Hygiene in ein Gartenlokal gehen
können, statt für die Osterferien nach Mallorca zu fliegen und uns
möglicherweise Infektionen einzuschleppen." Sie plädierte für
Modellregionen, in denen stärker ausprobiert werden solle, welche
Möglichkeiten es zusätzlich gibt. "Wir werden die Gesellschaft nicht
für weitere Monate in ihre vier Wände verbannen können."
Innenminister Horst Seehofer forderte eine Vereinfachung der
Maßnahmen. "Die Regelungen sind mittlerweile zum Teil recht
kompliziert geworden und nicht immer logisch", sagte der
CSU-Politiker dem "Münchner Merkur" (Donnerstag). "Die Leute
verstehen nicht, wenn der Blumenladen schließen muss, aber der
Supermarkt nebenan Blumen verkaufen darf."
Nach ihrem "Impfgipfel" am Freitag kommen die Spitzen von Bund und
Ländern am Montag wieder zusammen, um über das weitere Vorgehen in
der Pandemie zu beraten.
(hau/dpa)