Ursprünglich hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) geraten, Obduktionen an Corona-Toten zu vermeiden, weil die Ansteckungsgefahr für Rechtsmediziner zu hoch sei. Eine Einschätzung, die das RKI mittlerweile zurückgezogen hat, nachdem die Deutsche Gesellschaft für Pathologie und der Bundesverband Deutscher Pathologen widersprochen hatten.
Diese hatten frühzeitig angeordnet, Obduktionen an Verstorbenen, die mit dem Virus infiziert waren, durchzuführen. Dabei sind nun Erkenntnisse zutage getreten, die den Medizinern helfen könnten, das Virus und seine Folgen besser zu verstehen.
Wie Alexandar Tzankov, Leiter des Fachbereichs Autopsie am Uni-Krankenhaus in Basel, der "Süddeutschen Zeitung" berichtete, seien bei den obduzierten Todesopfern bereits einige Muster zu erkennen.
Außerdem fiel auf, dass ein Großteil der Verstorbenen schwer adipös, also deutlich übergewichtig war. Bei mehr als zwei Drittel der Toten wurden vorgeschädigte Herzkranzgefäße festgestellt. Und es seien vorwiegend Männer gewesen, so der Mediziner.
Wer genau gehört also zur Risikogruppe? Das wollte watson von dem Lungenfacharzt Thomas Voshaar wissen.
Die Mediziner aus Basel berichteten zudem, dass eine Lungenentzündung bei den wenigsten Todesopfern vorlag. Jedoch wurde unter dem Mikroskop eine schwere Störung der Mikrozirkulation der Lunge sichtbar. Das heißt, der Sauerstoffaustausch konnte nicht mehr funktionieren, was die Schwierigkeiten der Beatmung bei Corona-Patienten erklärt.
Gegenüber watson sagte Lungenfacharzt Voshaar jedoch, eine Störung der Mikrozirkulation der Lunge komme bei vielen Virusinfektionen vor. Ob sie bei allen Covid-Lungenentzündungen in bedeutsamer Ausprägung auftritt, wisse man noch nicht.
Eine Auffälligkeit hat aber auch der Lungenfacharzt entdeckt: "Bei Covid-19 sind fast immer beide Lungenflügel entzündet, bei einer klassischen Lungenentzündung meist nur einer."
Außerdem liegt der Hamburger Gesundheitsbehörde mittlerweile ein Bericht zu Obduktionsergebnissen von mehr als 100 Corona-Verstorbenen vor. Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" bestätigte der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel, der selbst eine Vielzahl von Obduktionen vorgenommen hatte, diesen Bericht und stellte fest, dass kein Verstorbener ohne Vorerkrankungen war.
Die Erkenntnisse aus Basel, Hamburg und des Lungenfacharzts Voshaar decken sich also in dieser Hinsicht. Die meisten Toten hatten neben Bluthochdruck, einen Herzinfarkt, Arteriosklerose oder eine sonstige Herzschwäche. Vorerkrankung der Lunge oder Schäden an anderen Organen wie Nieren, Leber oder Transplantationsorgane konnten laut des Berichts ebenfalls festgestellt werden.
Insgesamt gibt es weltweit noch wenige Studien, die Corona-Verstorbene untersucht haben. Bereits zuvor hatte Püschel in der "FAZ" erklärt: "Festgestellt haben wir erst mal, dass die Todesursachen sehr unterschiedlich sind. Es gibt nicht 'den' Corona-Toten, wie es die Statistik suggeriert"
(lau)