Streit gehört zu den Antriebsfedern der Wissenschaft. Das wird besonders in diesen Tagen deutlich – und es gilt offensichtlich auch für die Virologie. Denn nur einen Tag, nachdem Virologe Alexander Kekulé die Studie seines Kollegen Christian Drosten in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" kritisiert hatte, hat sich nun auch der dritte deutsche Top-Virologe geäußert.
Der Streit um eine Studie des Berliner Charité-Virologen Christian Drosten geht also die nächste Runde. Nachdem Anfang der Woche die "Bild"-Zeitung Drosten fehlerhafte Arbeit unterstellte, legte der "Tagesspiegel" mit einem Gastbeitrag des Virologen Alexander Kekulé am Donnerstag nach.
Hendrik Streeck erklärt gegenüber dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", er könne die Kritik an Drostens Studie verstehen. "Die Methode ist von fünf Statistikern kritisiert worden, und diese Kritik kommt nicht von ungefähr", sagt er.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Klar, Drosten hatte vor einigen Wochen auch Kritik an Streecks Heinsberg-Studie verlauten lassen. Aber es ist dann doch ein bisschen komplizierter.
Es sei schwierig, zwischen berechtigter Kritik und dem, was dann medial daraus gemacht wird, zu trennen, sagte er mit Blick auf den umstrittenen "Bild"-Bericht.
Überhaupt sieht er sich und Drosten, ebenso wie die besagten Statistiker im selben Team, dem "Team Wissenschaft", wie er weiter sagt. Er fühle mit Drosten, denn aufgrund der massiven Kritik an seiner Heinsberg-Studie wisse er, wie sich das anfühle.
Allerdings merkt er etwas spitz an, dass es aus seiner Sicht einen entscheidenden Unterschied gebe: Er habe seinerzeit eine ähnliche Unterstützung von Kollegen und Öffentlichkeit vermisst, wie sie derzeit der Berliner Virologe Drosten erlebe. "Es ist eine Frage, die mich wirklich beschäftigt: Warum es auf der einen Seite trotz berechtigter Kritik viel Unterstützung von Medien und auch sonst gibt, während einem auf der anderen Seite niemand zur Seite springt."
Das klingt nun doch ein wenig beleidigt. Trotzdem sind Streecks Anmerkungen, anders als die von Kekulé, weitgehend sachlich und konstruktiv. Stellt sich nur noch die Frage, wie die Kritik an einer Kekulé-Studie aussehen könnte – dafür müsste der aber erstmal was publizieren, wie Drosten als Reaktion auf dessen Kritik trocken anmerkte.
(om)