Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender vor der Installation "Verschwindende Wand – mit Botschaften, die bleiben" in Weimar. Bild: dpa / Ronny Hartmann
Deutschland
Mehr als eine Viertelmillion Menschen aus aller Welt trieben die Nationalsozialisten im Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar zusammen. Zehntausende starben. Der Ort beunruhige und mahne bis heute, sagt Bundespräsident Steinmeier.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Thüringens
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) haben dazu aufgerufen, die
Erinnerung an die Verbrechen und die Barbarei der Nationalsozialisten
wachzuhalten. Das sei Aufgabe aller Demokraten, sagten sie am Sonntag
bei einer Gedenkfeier zum 76. Jahrestag der Befreiung des
Konzentrationslagers Buchenwald in Weimar. "Nicht, weil wir heute
Verantwortung dafür tragen, was damals geschehen ist, sondern weil
wir alle, die wir uns als Menschen begreifen, Verantwortung dafür
tragen, dass es nie wieder geschieht", erklärte der Bundespräsident.
"Buchenwald steht für Rassenwahn, Folter, Mord und Vernichtung."
Ramelow sagte: "Wir werden die Erinnerung nicht in ein Museum
überstellen können. Sie bleibt Tagesaufgabe." Thüringens
Landtagspräsidentin Birgit Keller äußerten sich beunruhigt angesichts
zunehmender rechter Tendenzen in Deutschland. "Wenn Menschen heute
ehemalige Häftlingsuniformen nutzen und damit ihre Wut und ihre
populistischen Zitate in die Welt schreien, da dürfen wir weder
zuschauen, noch dürfen wir das alles unwidersprochen lassen", sagte
Keller bei der Kranzniederlegung in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald.
Ramelow kritisierte, dass Impfgegner den Davidstern benutzten, den
Juden auf Geheiß der Nazis tragen mussten. Das sei der Anfang der
Vernichtung der Juden gewesen.
Buchenwald stehe für das Nebeneinander von Hochkultur und Barbarei in deutscher Geschichte
In das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar hatten die Nazis
zwischen 1937 und 1945 mehr als eine Viertelmillion Menschen aus
vielen Ländern verschleppt. 56.000 Menschen wurden ermordet oder
starben an Folter, Hunger, Kälte und Zwangsarbeit. Am 11. April 1945
wurde das Lager mit Hilfe amerikanischer Truppen befreit.
Beunruhigend bleibe dieser Ort ganz in der Nähe der Stadt von Goethe
und Schiller bis heute, sagte der Bundespräsident. Er stehe für das
Nebeneinander von Hochkultur und Barbarei in der deutschen
Geschichte. Es sei nicht allein die Zahl der Toten, "es sind die
Umstände, unter denen Menschen in Buchenwald entrechtet und
ausgebeutet, gequält und getötet worden sind, die den Schrecken
dieses Ortes ausmachen. Es ist die Umkehr aller Werte, die Perversion
des Rechts, der Moral und der Menschlichkeit." Und es sei die Auswahl
des Ortes, die Nachbarschaft zu Weimar, einer Stadt, die einen Namen
in der Welt habe und verbunden sei mit der ersten demokratischen
Verfassung in Deutschland.
Digitale Gedenkveranstaltung erinnert an Opfer des Nationalsozialismus
Bei der im Internet übertragenen Gedenkveranstaltungen kamen auch
Überlebende des Konzentrationslagers unter anderem aus den USA,
Italien oder Frankreich zu Wort. Sie konnten wegen der
Corona-Pandemie nicht wie in den Vorjahren eingeladen werden. Die
Überlebende Éva Fahidi-Pusztai wendete sich vor allem an die junge
Generation: "Das wichtigste, was man für die Gesellschaft tun kann,
ist, den Hass aus dem gesellschaftlichen Leben zu verbannen", sagte
Fahidi-Pusztai.
Erinnert wurde bei der Gedenkveranstaltung auch an die Opfer des KZ
Mittelbau-Dora bei Nordhausen. Dort hatten die Nazis etwa 60.000
Menschen dazu gezwungen, in unterirdischen Stollen Raketen zu bauen.
Mindestens 20 000 von ihnen starben.
Zur Kranzniederlegung auf dem Appellplatz der KZ-Gedenkstätte
Buchenwald fanden sich trotz strikter Corona-Regeln auch einzelne
Gäste zum stillen Gedenken ein. Sie legten Blumen nieder. Am
Theaterplatz in Weimar gab es eine Kunstinstallation.
(andi/dpa)