Immer mehr Schwangere landen mit einer Corona-Infektion auf der Intensivstation.Bild: dpa / Annette Riedl
Deutschland
Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
versorgen Intensivmediziner zunehmend an Covid-19 erkrankte
Schwangere. Allein in den vergangenen zwei Wochen habe es fünf
solcher Fälle gegeben, sagte der Direktor der Klinik für
Intensivmedizin am UKE, Stefan Kluge, der Deutschen Presse-Agentur.
"Diese Fälle sind besonders dramatisch. Wir sollten in Deutschland
unbedingt auch Schwangere impfen." Das sei auch die Einschätzung im
Kollegenkreis. Schwangere hätten ein erhöhtes Risiko für einen
schweren Verlauf, wenn sie sich mit Sars-CoV-2 infizieren. Bei ihnen
sei das Immunsystem generell etwas herabgesetzt und die
Sauerstoffaufnahme reduziert.
Die aktuelle Häufung hat nach Einschätzung Kluges auch damit zu tun,
dass die Frauen wegen der UKE-Expertise aus anderen Häusern dorthin
verlegt werden. Allerdings habe es am UKE im gesamten Jahr 2020 nur
einen solchen Fall gegeben, in den ersten Monaten 2021 schon sieben.
"Wir sehen diese Fälle nun häufiger, das ist ein neues Phänomen",
sagte Kluge. Das liege auch an der Variante B.1.1.7, die deutlich
ansteckender ist und im Verdacht steht, schwerere Krankheitsverläufe
zu verursachen: "Deutschlandweit haben wir mittlerweile viel mehr
Infektionen bei Jüngeren unter 50 Jahren, auch bei Kindern." Frauen
im gebärfähigen Alter scheinen nun also eher vom Virus erreicht zu
werden. Kluge sagte, ein Teil der Frauen habe sich wahrscheinlich bei
den eigenen Kindern angesteckt. Meist sei die ganze Familie positiv.
Schwangere ohne Vorerkrankungen immer häufiger auf Intensivstationen
Die betroffenen Patientinnen seien Frauen um die 30, die im Regelfall
keinerlei Vorerkrankungen hätten. "Diese Frauen stehen mitten im
Leben. Für die behandelnden Teams sind diese Fälle sehr belastend",
sagte Kluge. Die Frauen seien meistens im dritten Trimester der
Schwangerschaft. Teils stünden Ärzte und Pflegekräfte vor der Frage,
ob und wann das Kind entbunden werden müsse. Auch die Gabe von
Medikamenten sei bei Schwangeren natürlich ein heikles Thema.
Eine Impfung gegen Covid-19 wird Schwangeren in Deutschland bislang
nicht generell empfohlen. Bei Vorerkrankungen etwa ist es aber
möglich, "nach Nutzen-Risiko-Abwägung und nach ausführlicher
Aufklärung", wie es in der Empfehlung der Ständigen Impfkommission
(Stiko) heißt. Nach Kluges Einschätzung werden Schwangere hierzulande
aber bisher kaum geimpft, auch aus Angst vor etwaigen Folgen.
"Risiko nicht Null, aber Nutzen größer"
Kluge betonte: "Das Risiko der Impfung ist nicht Null, aber der
Nutzen ist größer." Er appellierte an Schwangere, die
Verhaltensregeln zum Schutz vor einer Ansteckung besonders strikt
einzuhalten und eine Impfung gemeinsam mit dem Arzt in Erwägung zu
ziehen, der Partner solle möglichst ebenfalls geimpft sein. In
mehreren anderen Ländern werden mRNA-Impfstoffe bei Schwangeren
eingesetzt und die Impfung empfohlen. Beim Grippeschutz gehören
Schwangere zu den Gruppen, bei denen die Stiko die Impfung empfiehlt.
(jab/dpa)