Das Tragen von Atemschutzmasken gehört zu den vielen Themen im Zusammenhang mit dem Coronavirus, bei dem sich die Experten nicht einig sind. Der Virologe Christian Drosten hat dazu eine klare Meinung – eigentlich. Denn obwohl er betont, es gebe keinen wissenschaftlichen Beweis für die schützende Wirkung der Masken, gesteht er, selbst gelegentlich eine zu tragen.
In seinem täglichen Podcast beim NDR "Coronavirus-Update" wiederholt er am Dienstag zunächst, was er schon einige Male zuvor geduldig erklärt hat. Das Virus könne an den Seiten eindringen, wo Luft hereinkomme. Möglicherweise dringe es auch durch den Stoff, je nachdem, wie dicht dieser sei.
Und dennoch gibt er zu, er trage hin und wieder selbst eine Atemschutzmaske. "Ich trage eine Stoffmaske, die mir die Pfleger und Schwestern der Intensivstation der Pneumologie genäht haben." Diese hätten sie ihm kürzlich am Rande einer Fortbildungsveranstaltung geschenkt.
Vor allem beim Einkaufen komme sie nun zum Einsatz, so Drosten weiter. "Ich trage die wirklich nur, wenn ich in den Supermarkt gehe. Woanders geht man ja heute gar nicht mehr hin, wo man engen Kontakt mit Menschen hat."
Aber warum trägt der Wissenschaftler eine Maske, wo er doch keineswegs von ihrer Wirkung überzeugt ist? Auch er sei nur ein Mensch, gibt Drosten mit entwaffnender Offenheit zu.
Der Virologe erklärt anhand einer konkreten Situation, wie diese Unsicherheit auch ihn selbst betreffe. "Am Sonntagabend haben wir zu Hause gekocht und ich bin da zu einem Supermarkt am Bahnhof Friedrichstraße gegangen. Da war richtig viel los. Es waren auch viele junge Leute dort, die eindeutig im Partymodus waren. Und da denkt man sich dann schon auch mal, hm, wenn das mal alles gut geht."
Da könne eine Maske ein gutes Gefühl geben, auch wenn es keine wissenschaftlichen Daten gebe, die das bestätigten und es gewissermaßen ein Trugschluss sei, dass man dadurch geschützt wäre. Man müsse aber auch zugeben, dass es noch gar keine Zahlen geben könne, räumt er zudem ein. Dafür sei das Virus noch zu neu.
Es gebe außerdem neben den emotionalen auch durchaus rationale Gründe, eine Maske zu tragen. "Ich trage meine Maske, wenn ich in den Supermarkt gehe, um andere zu schützen." Denn man wisse, dass das Virus über den Rachen übertragen werde. Und dass es schon ansteckend sei, bevor man selbst Symptome aufweise.
"Unter diesem Eindruck mache ich mir selber den Reim, dass das Tragen einer Maske vom Infizierten zumindest der Umgebung etwas erspart. Ich kann zum Beispiel verhindern, dass meine feuchte Aussprache auf die Supermarktkassiererin fliegt." Deswegen sei das eine gute Geste. Zumal eine, die mit einer gewissen Anstrengung verbunden sei. Auch er merke nach 20 Minuten, wie ihm das Atmen schwerer falle, räumt Drosten ein. Dabei gehe er regelmäßig laufen und sei gut in Form.
Drosten erklärte außerdem in seinem Podcast, wie man sich trotz Abstand über die Luft mit dem Coronavirus anstecken könne. Aerosole, die unter anderem beim Sprechen entstehen, können eine Zeit lang in der Luft stehen bleiben. Erfolgt dann eine Luftbewegung, würden die an den Aerosolen hängenden Viren weitertransportiert.
Eine Atemschutzmaske könne in diesem Fall jedoch nur bedingt helfen: Die in der Raumluft stehenden Aerosole können auch seitlich über die Maske eingeatmet werden, erklärte der Virologe. Der Stoff eines einfachen oder selbstgenähten Mundschutzes sei außerdem nicht so dicht, dass die Luftpartikel ihn nicht durchdringen könnten.
(om)