Mit dem Impfen ist man in Deutschland noch nicht auf dem geplanten Tempo angekommen. Die ersten Impfungen könnten sich jedoch schon auszahlen.Bild: IMAGO / RHR-Foto
Deutschland
Diese Kurve macht Hoffnung: In Deutschland sterben gerade weniger
Menschen an und mit dem Coronavirus. Machen sich bereits die
Impfungen bemerkbar?
Zwei Drittel der Pflegeheimbewohner haben schon zweite Impfung
Zugegeben, im internationalen Vergleich gehört
Deutschland nicht zu den Musterschülern, was das Impfen gegen Corona
angeht. Israel, Großbritannien und die USA sind uns weit voraus. Doch
auch hierzulande geht es voran, vor allem bei den besonders
gefährdeten Senioren. Von den Pflegeheim-Bewohnern haben bereits rund
zwei Drittel die 2. Dosis erhalten. Bezogen auf alle Menschen in
Deutschland sind zwar erst einige Prozent geimpft, die hohen Raten
bei den Senioren könnten aber schon Wirkung zeigen – nicht nur bei
der Zahl der Todesfälle.
So fällt auf, dass die vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete
7-Tage-Inzidenz bei den Menschen ab 80 Jahren mittlerweile deutlich
niedriger ist als beim Durchschnitt der Bevölkerung. Trotz
stagnierender oder sogar steigender Fallzahlen in der
Gesamtbevölkerung steckten sich unter den Hochbetagten zuletzt immer
weniger nachweislich mit dem Virus an. RKI-Präsident Lothar Wieler
wertete diese Entwicklung kürzlich als wahrscheinliche Folge des
Impfens.
Lage entspannt sich auch auf den Intensivstationen
Eine weitere prägnante Entwicklung gibt es bei den Toten und
Schwerkranken. Auf den Intensivstationen hat sich die Lage etwas entspannt:
Hier werden aktuell 2786 Covid-19-Patienten (Stand 7.3.) behandelt – Höchststand waren 5700 im Januar 2021. Zudem sterben immer weniger
Menschen mit oder an Corona. So meldeten die Behörden in
den Bundesländern 34 Todesfälle binnen 24 Stunden, wie aus den
RKI-Zahlen von Montag hervorgeht. Das ist der niedrigste Wert seit 1.
November (29 Fälle), wobei die Montagswerte generell niedriger sind
als an anderen Wochentagen.
Mittlerweile sehe man den Effekt der Impfungen, ist Carsten Watzl,
Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie,
überzeugt. Er verweist auf die sinkenden Fallzahlen bei den über
80-Jährigen und die hohen Impfraten in Pflegeheimen. Senioren in
Gemeinschaftsunterkünften gelten als besonders gefährdet für schwere
und tödliche Verläufe.
Auch Uwe Janssens, Präsidiumsmitglied der Deutschen
Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
(DIVI), glaubt, dass die Impfungen Wirkung zeigen – allerdings nicht
so deutlich, wie die aktuell niedrigen Todeszahlen suggerieren
könnten. "Wir sind bei den Impfungen – vorsichtig gesagt – relativ
weit hinten", sagt Janssens. Da Deutschland erst vor etwa zwei
Monaten mit dem Impfen begonnen habe und die Zahl der verimpften
Dosen erst jüngst deutlich stieg, könne die Auswirkung auf die
Todeszahlen noch nicht so stark sein. Tatsächlich sind auch viele
Hochbetagte noch gar nicht geimpft. Bei Menschen ab 80 Jahren haben
erst etwas mehr als ein Drittel eine erste Impfdosis bekommen.
Todeszahlen bilden nicht das aktuelle Infektionsgeschehen ab
Der niedrige Wert bei den Corona-Toten ist laut Janssens eher auf den
Lockdown und die dadurch über Wochen gesunkenen Infektionszahlen
zurückzuführen. Wichtig zu wissen hierbei: Die Zahl der Toten hinkt
der Entwicklung bei den Fallzahlen stets erheblich hinterher.
Das RKI
zitiert Forschungsergebnisse, denen zufolge zwischen Symptombeginn
und Tod ungefähr zwei Wochen vergehen. Die Zahl der
Neuinfektionen hatte Anfang 2021 über mehrere Wochen abgenommen und
Mitte Februar die tiefsten Werte erreicht. Es war also zu erwarten,
dass auch die Todeszahlen fallen.
Auch wenn die Corona-Todeszahlen derzeit vergleichsweise niedrig
sind: Die Zahl gemeldeter Neu-Ansteckungen stagnierte zuletzt und
scheint nun wieder merklich zu steigen, was auch an der zunehmenden
Verbreitung der ansteckenderen britischen Variante liegen dürfte.
Watzl geht davon aus, dass die Fallzahlen bis zum Sommer weiter nach
oben gehen: "Wir werden uns aus dieser Welle nicht rausimpfen
können." Wichtig sei aber, nicht nur auf die Inzidenz zu schauen.
"Wir machen keinen Lockdown, weil die Inzidenz hoch ist, sondern weil
die Leute sterben und das Gesundheitssystem überlastet ist", erklärt
Watzl. Auf Sicht werde das mit dem Impfen unter Kontrolle zu bekommen
sein.
(vdv/dpa)