
Sie soll Schauplatz des Konzertes werden: Die Merkur Spielarena in Düsseldorf.Bild: imago images / Beautiful Sports
Deutschland
08.08.2020, 12:4608.08.2020, 12:46
Viele Branchen leiden unter der Corona-Pandemie. Besonders hart hat
es die Konzertveranstalter getroffen. Nun will man zum
Befreiungsschlag ausholen – mit einer Show vor 13.000 Zuschauern
unter Masken. Das NRW-Gesundheitsministerium springt dazwischen.
Konzert mit 13.000 Zuschauern in Düsseldorf
Das Getöse ist schon ziemlich laut, bevor der
erste Ton gespielt wurde: Ein trotz Corona-Pandemie in Düsseldorf
geplantes Konzert mit 13.000 Zuschauern hat innerhalb von Stunden zu
massiven Verstimmungen zwischen Stadt und Land geführt.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zweifelte am Freitag
öffentlich an der rechtlichen Grundlage des Vorhabens. "Konzept und
Genehmigung sind jedenfalls nicht mit dem Land abgestimmt und ich
habe begründete Zweifel an der rechtlichen Grundlage", erklärte er
der Deutschen Presse-Agentur. Sein Ministerium habe das örtliche
Gesundheitsamt angewiesen, "unverzüglich die Rechtsgrundlage für
diese Genehmigungsentscheidung darzustellen".
Die Pläne für die rund 150-minütige Show mit dem Titel "Give Live A
Chance" im Düsseldorfer Fußballstadion ("Merkur Spielarena") waren am
Freitagmorgen bekannt geworden.
"Wir machen die Tür auf für die Renaissance der Live-Musik, der wir mit diesem Konzert endlich die verdiente Chance zum Neustart geben"
Veranstalter Marek Lieberberg
Man sei sicher, dass das Publikum "enthusiastisch,
tolerant und verantwortungsbewusst" damit umgehen werde. Auftreten
sollen unter anderem Rocker Bryan Adams (60), Sängerin Sarah Connor
(40) und die Western-Band The BossHoss.
Konzert in Corona-Zeiten: So soll es ablaufen
Dabei hieß es, das Konzert werde in enger Abstimmung mit den Behörden
geplant. Dem Infektionsschutz werde "in vollem Umfang Rechnung
getragen". Das Konzept sieht etwa vor, dass die Besucher dauerhaft
Masken tragen – auch auf den Sitzplätzen. Schals, Halstücher oder
"vorgehaltene Textilien" sollen nicht akzeptiert werden. Der Einlass
erfolge in verschiedenen Zeitfenstern, Sicherheitsabstand bleibe
gewahrt. Die Tickets seien zudem personalisiert, Alkohol verboten.
Besucher könnten alleine kommen, in Gruppen von bis zu zehn Leuten
oder mit "Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes".
Wer rein will, soll unter anderem bestätigen, dass er aus keiner
Region kommt, in der die "Corona Obergrenze" von 50 Neuinfektionen
pro 100.000 Einwohner überschritten wurde."
Gesundheitsministerium: "Verantwortungslos"
Das Gesundheitsministerium scheint das auf Anhieb nicht zu
überzeugen. Kurz vor Ende der Reisesaison gebe es eine komplexe
Infektionslage. "In dieser Situation Menschen aus ganz Deutschland zu
animieren, quer durch das Land nach Düsseldorf zu reisen und zu
Tausenden zusammen zu kommen, halte ich schlicht für
verantwortungslos", erklärte Laumann. Dass ein "lokales
Gesundheitsamt in dieser Lage eine Veranstaltung dieser Größenordnung
im Alleingang" genehmige, habe ihn "nachhaltig irritiert". "Dass die
Stadt selbst Mitveranstalter dieses Festival zu sein scheint und
keinerlei Abstimmung mit dem Land sucht, macht das Verhalten noch
unverständlicher."
Die Größenordnung wäre in der Corona-Pandemie auf jeden Fall
bemerkenswert. Im benachbarten Köln etwa ist es zwar gelungen, wieder
Konzerte in der dortigen Lanxess-Arena zu spielen – die Obergrenze
liegt aber bislang bei 2400 Zuschauern. Ein weiterer Vergleich: Am 4.
September – also genau am Tag der Düsseldorfer Show – will auch die
Berliner Waldbühne wieder öffnen. Dort dürfen 5000 Plätze besetzt
werden – also ebenfalls deutlich weniger. Die Düsseldorfer
Veranstalter verwiesen allerdings auf die Dimension: Auch bei 13.000
Zuschauern werde bei ihnen maximal ein Viertel der Kapazität genutzt.
Düsseldorf wundert sich über rechtliche Bedenken
Die Stadt Düsseldorf reagierte "verwundert" auf die Kritik des
Gesundheitsministers. Selbstverständlich sei ausführlich untersucht
worden, ob das Konzert mit den Regelungen der Corona-Schutzverordnung
vereinbar sei, erklärte Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD). Das
Ergebnis: positiv. "Ich wundere mich ein wenig darüber, dass der
Gesundheitsminister hier rechtliche Bedenken äußert." Aus seiner
Sicht gebe es keine Veranlassung, das Konzert zu untersagen.
Veranstalter Lieberberg betonte, dass von den Zuschauern auch ein
striktes Einhalten der Regeln erwartet werde. "Wer glaubt, dass er
das nicht tun muss, der soll besser gar nicht kommen." Mitsingen sei
erlaubt – unter der Maske. Das Dach der Stadions werde geöffnet
bleiben. "Ich habe immer gesagt, dass es wichtig ist, endlich ein
Wiedereinstiegsszenario zu finden", sagte Lieberberg. "Wir sind die
Branche, die zuerst von den Verboten betroffen wurde. Und wir werden
wahrscheinlich die letzten sein, wenn die Verbote wieder aufgehoben
werden." Von Seiten der beteiligten Künstler gab es Zuspruch. Alec
Völkel von The BossHosss sagte: "Man darf sicher sein, dass das
Konzept so ausgetüftelt wurde, dass es eben absolut bedenkenlos ist."
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte sich – allerdings moderater als Laumann. "Die bestmögliche Sicherheit muss
garantiert werden können. Wie beim Fußball kommt es auch hier
entscheidend auf ein gutes Konzept zum Infektionsschutz an", sagte er
der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Das ist eine sehr große
Verantwortung für die Veranstalter und die Behörden vor Ort."
(vdv/dpa)