Nicht nur Donald Trump nahm bislang an: Die Ausbreitung des Coronavirus könnte sich abschwächen, wenn es wärmer wird. Auch der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité war dieser Meinung.
Das hat sich mittlerweile aber geändert. Warum Drosten mittlerweile nicht von einer Verlangsamung der Virus-Verbreitung bei wärmeren Temperaturen ausgeht, erklärt er in der Montagsausgabe des NDR-Podcasts "Coronavirus-Update".
Noch ist vieles unbekannt über das neuartige Coronavirus namens SARS-Cov-2. "Es ist ja so, dass wir immer dazulernen bei dieser Erkrankung", erklärt Drosten. Nun sei eine wichtige Studie erschienen, aufgrund derer Drosten nicht mehr von einer langsameren Verbreitung des Virus im Frühling und Sommer ausgeht.
Dabei handelt es sich um eine Modellierung von Forschern aus den USA. "Die sagt voraus, dass der Temperatureffekt auf dieses Virus relativ klein sein wird", erklärt Drosten.
Die Forscher simulierten mithilfe von Daten aus den Vereinigten Staaten die weitere Übertragung des Coronavirus bis zum Jahr 2025. Bei der Simulation stellten sie keine langsamere Ausbreitung bei steigenden Temperaturen fest. Drosten erklärt dazu:
Für den deutschen Virologen hat diese Erkenntnisse vor allem weitreichende Folgen. Bevor diese neue Studie bekannt geworden war, hatte Drosten dazu geraten, für den Sommer "Zeit zu kaufen". Also die Verbreitung so stark wie möglich zu verlangsamen, um Krankenhäuser und Kliniken im Sommer besonders gut für den Winter auszustatten.
Diese Überlegung ist jetzt aber hinfällig. Nun gehe es darum, welche Bevölkerungsgruppen besonders geschützt werden müssen. Das betrifft alle Menschen mit Vorerkrankungen, etwa an Herz oder Lunge, und ältere Menschen, meist im Rentenalter. Sie haben das höchste Gesundheitsrisiko bei einer Infektion.
Drosten gibt in dem Podcast auch einige praktische Vorschläge, um das Virus von den gefährdeten Gruppen "wegzuhalten":
Drosten warnt: "Das ist ein Dienst, den wir alle leisten müssen. Und das wird für alle schmerzhaft sein und unbequem."
Er plädiert in diesem Zusammenhang auch wieder dafür, Großveranstaltungen abzusagen. Oder auf solche Veranstaltungen als Bürgerin oder Bürger zu verzichten.
Drosten sieht aber auch etwas Positives daran, wenn die Infektionswelle in der jüngeren Bevölkerung "durchläuft. "Wir werden jetzt in der jüngeren Bevölkerung wohl vor dem Sommer und über den Sommer schon durchinfiziert und sind danach weitflächig immun", sagt Drosten. Gemeint ist: Wenn sich die jüngeren Menschen, die weniger gefährdet sind, infizieren und wenn sie dann genesen, sind sie immun gegen das Virus – und verbreiten es auch nicht weiter.
Der Virologe appelliert aber an alle, denn alle können helfen, indem sie sich an die bekannten Hygienevorschriften halten: "Wir wollen diese Sommerwelle von der älteren Bevölkerung weghalten."
(ll)